© Carole Bethuel

Alice Douard [Interview]

15 Liebesbeweise (Kinostart: 4. Dezember 2025) erzählt die Geschichte von Céline Steyer (Ella Rumpf) und Nadia Hamadi (Monia Chokri), die 2013 in Frankreich zu den ersten Frauen gehören, die heiraten durften. Doch während der Part noch relativ leicht war, ist das mit dem gemeinsamen Kind mit deutlichen Schwierigkeiten verbunden. So brauchen sie 15 schriftliche Erfahrungsberichte von Freunden, Bekannten und Verwandten, die das Leben des Paares beschreiben und damit beweisen sollen, dass sie in der Lage sind, ein Kind aufzuziehen. Wir haben Regisseurin und Drehbuchautorin Alice Douard während der Französischen Filmwoche 2025 gesprochen. Im Interview erzählt sie von der Arbeit an der Tragikomödie, ihren eigenen Erfahrungen als Mutter und wie sich die Situation für homosexuelle Paare gewandelt hat.

Könnten Sie uns etwas über die Entstehungsgeschichte von 15 Liebesbeweise erzählen? Wie kam es zu dem Film?

Ich wurde durch meine eigene Geschichte inspiriert. Ich habe eine Tochter, die ich nicht selber geboren habe, und habe deshalb eine Situation wie in dem Film selbst erlebt. Mit 15 Liebesbeweise wollte ich diese juristische Unsicherheit aufzeigen und wie es war, diese Prozedur durchmachen zu müssen.

Gab es abgesehen von den eigenen Erfahrungen noch Recherchearbeiten?

Ich habe viel mit anderen Frauen gesprochen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Auch solchen, die schon vor der Gesetzesänderung 2013 versucht haben, Mütter zu werden, ohne das Kind ausgetragen zu haben. Ich habe also schon viel in diese Richtung recherchiert, weshalb das irgendwann gar nicht mehr meine eigene Geschichte war. Wenn ich den Film sehe, sehe ich mich selbst nicht mehr darin. Es ging mir auch nicht allein um die juristische Frage, sondern auch die Mutterschaft an sich. Was bedeutet es, Mutter zu werden? Wie fühlt sich das an?

Seit der Zeit, in der der Film spielt, sind mehr als zehn Jahre vergangen. Was hat sich seither juristisch getan?

Mit dem Gesetz 2013 wurden Eheschließungen und Adoptionen möglich, wie wir das in dem Film gezeigt haben. 2021 gab es ein weiteres Gesetz, welches es homosexuellen Paaren ermöglichte, durch künstliche Befruchtung Kinder zu kriegen. Jetzt ist es auch möglich, schon vor der Geburt die Elternschaft des Kindes des Partners bzw. der Partnerin eintragen zu lassen. Das ist immer noch mit einem juristischen Prozedere verbunden und komplizierter, als es bei heterosexuellen Paaren der Fall ist. Aber es gibt nicht mehr diesen langen Parcours. Bei mir hat es 14 Monate gedauert, bis ich die Mutterschaft eintragen lassen konnte. 14 Monate, in denen ich keine Sicherheit und keine Rechte hatte. Insofern ist die aktuelle Situation schon deutlich besser.

Ihr Film heißt in Deutschland 15 Liebesbeweise und handelt davon, dass man beweisen muss, gute Eltern zu sein bzw. werden zu können. Kann man das aber überhaupt beweisen?

Das Zusammenstellen dieser Beweise war ein bisschen wie das Verfassen eines Drehbuchs. Da war schon viel Wunschvorstellung dabei, wenn der Blick von außen auf eine intime Beziehung erfolgt. Das ist auch schon eine Zurschaustellung einer jungen Familie. Dabei ist es richtig schwierig, gute Eltern zu sein, wie man an der Geschichte der Mutter sieht, die als Pianistin arbeitet und oft nicht die Zeit für ihre Tochter hatte.

Und kann man von sich selbst wissen, ob man gute Eltern sein wird?

Nein. Das wollte ich auch mit dem Film zeigen: Du kannst ganz viele Pläne haben, wie du als Eltern agieren wirst. Aber letztendlich machst du immer, was du kannst, und lernst erst durch deine Erfahrungen, was es heißt, Eltern zu sein.

Was haben Sie selbst gelernt, seitdem Sie Mutter geworden sind?

Ich hatte wie alle ganz viele Fragen. Wird das Kind mich lieben? Werde ich das Kind lieben? Heute stelle ich mir diese Fragen nicht mehr. Sie ist einfach meine Tochter, um die ich mich kümmere. Das Kümmern steht an erster Stelle.

Und was haben Sie durch die Arbeit an dem Thema bzw. an dem Film gelernt?

Mir war es wichtig, dass das nicht einfach nur ein Themenfilm ist, sondern ein wirklicher Kinofilm. Deswegen habe ich viel Zeit in die Figuren investiert. Und auch Musik spielt eine große Rolle. Ich habe viel Zeit in Clubs und Konzerthallen verbracht. Der Film sollte bewegend, aber auch lustig sein. 15 Liebesbeweise war auch mein erster Langfilm, was natürlich mit einem großen Lernprozess verbunden war. Ich hatte zum Glück ein tolles Team gefunden, das mir dabei sehr geholfen hat.

Sie haben schon die Mutter der Protagonistin angesprochen. Céline wirft ihr vor, keine gute Mutter gewesen zu sein. Kann man denn gute Eltern sein, wenn man selbst keine guten Eltern hatte?

Ich wollte auch einen Film drehen, der von der Versöhnung spricht, gerade vor dem Hintergrund, dass es damals viel Gegenwehr gegen das Gesetz gab. Deswegen habe ich der Beziehung von Mutter und Tochter so viel Raum gegeben. Die Mutter schreibt am Ende: „Ich weiß nicht, ob du als Mutter besser oder schlechter als ich sein wirst. Ein Kind zu haben, ist immer etwas Außergewöhnliches.“ Die Philosophin Élisabeth Badinter hat damals geschrieben, dass es die Homosexuellen nicht besser oder schlechter machen werden als die Heterosexuellen. Und das passt für mich sehr gut.

Wird dieses Thema in Frankreich gesellschaftlich noch debattiert? In Deutschland hat die Homophobie wieder zugenommen.

Du hast auf der einen Seite den Fortschritt. Aber es gibt auch Rückschritte, beispielsweise die gewaltbesetzte Debatte um ein Leihmutterschaft bei homosexuellen Paaren oder auch die Angriffe auf Homosexuelle und Transsexuelle wie bei Trump. Es gibt also beides. Ich versuche, mich ein wenig davon abzuschotten und nicht zu stark beeinflussen zu lassen, um mir meine Liebe in der Beziehung und der Familie zu bewahren.

Sie haben bereits erwähnt, dass es Ihr erster Langfilm war. Wie war die Erfahrung für Sie?

Da ich schon vier Kurzfilme und einen langen Fernsehfilm gedreht hatte, war das keine wirklich neue Erfahrung für mich. Das war eher eine Fortsetzung von dem, was ich vorher gemacht hatte. Ich hatte auch versucht, mit demselben Team zu arbeiten, um mehr Kontinuität zu haben. Deswegen war das eine sehr schöne und bereichernde Erfahrung.

Kommen wir kurz zur Besetzung. Wonach haben Sie gesucht, als Sie die Figuren besetzt haben?

Mir war es wichtig, dass wir ein Paar haben, das als Paar wirklich funktioniert. Die Figuren sollten daher unterschiedlich sein, aber gleichzeitig als Paar glaubwürdig sein. Ein echtes Kino-Paar. Die erste, die ich besetzt hatte, war Ella Rumpf für die Rolle der Céline. Tatsächlich habe ich beim Schreiben schon an sie gedacht. Schwieriger war es dann, jemanden zu finden für die Rolle der Partnerin. Ansonsten habe ich bei der Besetzung auf eine Mischung aus Schauspielern und Laien Wert gelegt. Die Hebammen und Musiker sind beispielsweise auch im wahren Leben Hebammen und Musiker und eben keine Schauspieler. Dadurch ist eine Art hybrider Film entstanden.

Jetzt, da Ihr Film draußen ist, wie wird es weitergehen? Haben Sie schon eine Idee für einen zweiten Film?

Es wird wieder um eine Mutter-Tochter-Beziehung gehen, diesmal aber nicht in einem queeren Umfeld. Ansonsten ist es aber noch etwas zu früh, um darüber zu sprechen.

Vielen Dank für das Interview!



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