
Die Kulturszene der 1990er-Jahre ist eine Übergangsphase zu unserem heutigen Verständnis von Ruhm und Erfolg. In den Köpfen vieler erleben die 1980er-Jahre eine deutliche Aufwertung – nicht zuletzt wegen ihrer Omnipräsenz in unserer Popkultur. Dabei wird oft vergessen, dass nur ein Jahrzehnt später Andy Warhols Idee der sprichwörtlichen 15 Minuten Ruhm, die jedem zustehen, viel greifbarer wurde. Gerade im Bereich der Popmusik erlebten wir eine Flut an sehr unterschiedlichen Bands und Künstlern, die sich ästhetisch an den 80ern orientierten, aber dennoch ganz eigene Wege gingen. Darüber hinaus etablierten sich Musikrichtungen wie House und Techno im Mainstream, und DJs wurden auf einmal zu Berühmtheiten. In den Charts dominierten Bands wie Twenty 4 Seven, Haddaway, 2 Unlimited, Dr. Alban oder Culture Beat, die heute zum festen Bestandteil jeder 90er-Jahre-Party gehören. Trotz der Nostalgie, die viele Menschen für ihre Musik empfinden, sind sie ästhetisch so eingängig, dass sie für die Musikgeschichte als solche nur Randphänomene bleiben. Dennoch gibt es Ausnahmen von der Regel.
Eine solche Ausnahme bildet die schwedische Band Ace of Base. 1990 gründete sich die Band um Jonas Berggren, Jenny Berggren, Malin Berggren und Ulf Ekberg und eroberte mit ihrer Mischung aus Pop und Reggae die Charts weltweit. Während viele die Texte von Hits wie All That She Wants oder Wheel of Fortune bald auswendig konnten, häuften sich die Gerüchte über angebliche Spannungen innerhalb der Band. Einer der Wegbegleiter der Band ist der schwedische Regisseur, Autor und Produzent Jens von Reis, der in der Vergangenheit bereits bei Dokumentationen zu Bands wie ABBA Regie führte. In der dreiteiligen Doku-Reihe Ace of Base: All That She Wants erzählt er vom Aufstieg der Band, den Skandalen sowie der Trennung der Musiker, die teils noch heute sehr wenig Kontakt miteinander haben. Die für Nexiko und Viaplay produzierte Serie soll „den Menschen hinter dem Pop-Phänomen“ zeigen, wie es von Reis in Interviews betont. Interessant ist die Doku-Reihe aber nicht zuletzt wegen des Blicks auf die Musikszene der 1990er und wie sich Künstler in einer Zeit zurechtfanden, in der neben der CD als Medium auch Raubkopien und Napster Ruhm und Erfolg beeinflussten.
Perfekte Pop-Kreation
„Ace of Base waren die perfekte Pop-Kreation“ („the perfect pop creation“) – so fasst US-Musikproduzent und Manager Clive Davis das zusammen, was die schwedische Band ausmachte und weshalb sie binnen weniger Jahre zu einem weltweiten Phänomen wurde. Musiker wie Wyclef Jean (Fugees) beschreiben, wie einzigartig die musikalische Mischung von Songs wie The Sign oder All That She Wants war und weshalb diese Ästhetik noch heute viele Nachahmer findet. Neben den Einblicken, die Ulf Ekberg und Jenny Berggren geben, sind die verschiedenen Perspektiven auf Ace of Base, ihre Musik und die Musikszene der 1990er im Allgemeinen Aspekte, die den Reiz von Ace of Base: All That She Wants ausmachen. Im Kontext einer Zeit, in der es gefühlt jede Woche ein neues One-Hit-Wonder gab und die Schnelllebigkeit der Kultur noch viel größer war, erscheint die Musik einer Band wie Ace of Base als Ausnahme – und das nicht nur wegen des kommerziellen Erfolgs. Die vier Schweden waren die perfekte Pop-Band und wurden als solche vermarktet, was ihnen nicht nur hohe Plattenverkäufe einbrachte.
Jens von Reis zeigt in seiner Dokumentation natürlich auch die Schattenseiten des schnellen Ruhms. Neben Stationen wie Ekbergs Vergangenheit in der schwedischen Nazi-Szene wird auch das Trauma Jenny Berggrens genannt, als sie und ihre Eltern von einem verwirrten Fan bedroht wurden. Immer mehr zeigen sich auch Risse in der „perfekten Pop-Kreation“, besonders bei Malin Berggren, die immer mehr in den Hintergrund rückt und am liebsten gar nicht mehr berühmt sein will. Im Grunde ist es eine ähnliche Geschichte, wie man sie aus vielen Musiker-Biopics kennt, wenn es um den schnellen Erfolg geht und die desaströsen Folgen, die dieser für die eigene Person haben kann – körperlich wie auch moralisch. Ace of Base: All That She Wants berührt viele interessante Aspekte, die nicht nur für Fans der Band spannend sind, doch die Quintessenz bleibt leider recht überschaubar.
OT: „Ace of Base: All That She Wants“
Land: Schweden
Jahr: 2025
Regie: Jens von Reis
Musik: Erik Althoff, Isak Söderberg
Ihr wollt mehr über die Serie erfahren? Wir hatten die Chance, uns mit Band-Gründungsmitglied Ulf Ekberg über Ace of Base: All That She Wants und seine Erfahrungen in den 1990ern zu unterhalten.
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