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Die Spaghettibande

„Die Spaghettibande“ // Deutschland-Start: 23. Oktober 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Anfang der 1980er-Jahre fällt in einer Schule der DDR Carsten durch besonders dumme Streiche auf. Als ihn Lehrer Sigmund zu Rede stellt, kontert der Junge, dass er gehört hat, dass Sigmund früher auch nicht gerade ohne gewesen soll – man munkelt, dass der heutige Pädagoge einst sogar ein Bandenchef war. Sigmund bestätigt das, doch erwidert, dass das in der Nachkriegszeit der Fall war und er aus einem anderen Antrieb gehandelt hatte. Seine Geschwister und er litten unter Hunger und haben aus diesem Grund geklaut. In einer langen Rückblende erfährt man von den dramatischen, aber ebenso herzerwärmenden Jugendjahren des Lehrers: Vom Leben zu viert in einem Kellerverlies in einer Stadt in der Sowjetischen Besatzungszone, ohne Vater und mit einer im Sterben liegenden Mutter. Vom Hunger und von Einbrüchen ins Lebensmitteldepots, von jeder Menge geklauter Spaghetti, von Schwarzmärkten und von einem sowjetischen Offizier, der einen wesentlichen Einfluss auf das Leben von Siggi und seinen Geschwistern haben wird…

Andere Zeiten, andere Kinderfilme

Ein Film wie Die Spaghettibande macht deutlich, wie sehr sich die Zeiten in Hinblick auf Kino für Kinder geändert haben. Während heute unbeschwerte Feel-Good-Stoffe vorherrschen, schien man damals – die Bande war erstmals 1982 im DDR-Fernsehen zu sehen – konzeptuell deutlich freier gewesen zu sein, was oft zu konfrontativeren Inhalten führte.

Der Titel klingt zwar nach zwar nach einem TKKG-mäßigen Abenteuerspaß, aber im Mittelpunkt von Die Spaghettibande steht das Thema Hunger. Der zwischen sanftem Coming-of-Age-Drama und Abenteuerfilm pendelnde Kinderfilm basiert auf Erinnerungen von Drehbuchautor Gert Billing, der den Fokus der gerade etwas über eine Stunde dauernden Produktion eng auf seine Protagonisten legt und das schwere Thema mit einer kindgerechten Leichtigkeit vermittelt. Der zweite Weltkrieg wird eher am Rande, in der Figur des knurrigen Depotwächters Bobach, der sich der deutschen Schuld an den katastrophalen Umständen bewusst ist und in den wenigen, kulissenartig wirkenden Außenaufnahmen des fast kammerspielartig inszenierten Films angedeutet. Der Nationalsozialismus als solcher kommt nicht vor.

Tolle Kinderdarsteller

Ein wichtiges Thema ist dagegen Zusammenhalt. So ist Anführer Siggi zwar ein impulsiver Teenager, aber er ist eben auch ein Kümmerer, so wie die Kinder überhaupt, trotz geschwistertypischer Foppereien oder Rivalitäten, für einander da sind. Die Interaktion zwischen den jungen Protagonisten wirkt dank dem sehr natürlichen, überzeugenden Spiel der Kinder, ein Kennzeichen des DDR-Kinderkinos, das fast immer mit guten Darstellerleistungen zu begeistern weiß, jederzeit glaubwürdig und gelegentlich rührend. So sehr die Kids mit der Not und mit der Angst zu kämpfen haben, sie sind trotz allem immer noch Kinder und zeigen das – zum Beispiel beim Rumblödeln während dem Spaghettiessen – eben auch unverblümt.

…und dann wäre da noch die ideologische Seite

Natürlich schwingt hier, wie bei allen DDR-Produktionen, Ideologie mit, was zum einen in der Person von Siggi zum Ausdruck kommt, dem am Ende klar gemacht wird, dass das, was er klaut und auf dem Schwarzmarkt verhökert, anderen Kindern, die ebenso hungern müssen, fehlt. Zum anderen ist da die Figur des sowjetischen Offiziers, der sich als freundlicher, wohlwollender Sozialist entpuppt, dessen eigentlicher Beruf Mathematiklehrer ist und der Siggis Begabung im Umgang mit Zahlen entdeckt.

Aber das muss man bei Filmen dieser Herkunft einfach in Kauf nehmen und ist in diesem Fall kein großes Drama, da die ideologische Einflugschneise erst gegen Ende geöffnet wird und relativ schmal ausfällt. In allererster Linie werden schlicht Brücken gebaut und so schimmert selbst aus dem erst empathielos erscheinenden Bobach gegen Ende eine sanfte Seite hervor und in der Rahmenerzählung zeigt Rotzlöffel Carsten Einsicht und versteht die Welt nun etwas besser. Annäherung – auf welche Art auch immer – ist eben grundsätzlich erstmal nicht das Schlechteste.

Credits

OT: „Die Spaghettibande“
Land: DDR
Jahr: 1982
Regie: Dieter Wien
Drehbuch: Gert Billing, Anne Goßens
Musik: Lother Kehr
Kamera: Horst Netzband
Besetzung: Alexej Resnik, Erich Mirek, Ostara Körner, Ekkehard Hahn, Rolf-Martin Kruckenberg

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Die Spaghettibande
fazit
Ein weiterer, netter, kleiner Film aus dem unerschöpflichen Fundus des DDR-Kinderkinos mit tollen Darstellerleistungen und ein paar wunderbaren Momenten, der ein schwieriges Thema kindgerecht erzählt. Die DDR-typische, ideologische Grundierung fällt eher mild aus – in erster Linie setzt der Film auf Annäherung und Verständnis.
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