
Der Junge Lev (Finn Vogels) hinkt hinterher – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn. Seit er beim Spielen vom Garagendach stürzte, zieht Lev das rechte Bein nach. Und was den Coolnessfaktor in seiner Schulklasse anbelangt, gehören er und sein bester Freund Ravi (Mex Vrolijks) zu den Hinterbänklern. Die zwei interessieren sich zwar schon für Mädchen, zocken in ihrer Freizeit aber vor allem ein Computerspiel online. Darin schlüpft Lev am liebsten in die Rolle des Superhelden Healix, der andere Menschen heilen kann. Als eine Comic Convention vor der Tür steht, zu der auch der leibhaftige Healix (Jeroen Spitzenberger) und sein Erzfeind Schnoddermann (Dylan Haegens) erwartet werden, setzt Lev alle Hebel in Bewegung, um dorthin zu kommen. Zum einen möchte er vor Ort ein geheimnisvolles Mädchen treffen, das seit Kurzem ins Onlinegame eingestiegen ist. Zum anderen winkt dem Gewinner eines Kostümwettbewerbs ein Treffen mit Healix, von dem sich Lev die Heilung seines kaputten Beins erhofft. Doch Levs überbesorgte Eltern (Elise Schaap, Bas Hoeflaak) halten den Besuch der Messe für viel zu gefährlich. Doch zum Glück schneit Levs Großmutter Lydia (Joke Tjalsma) genau im richtigen Moment rein. Die ist nicht nur viel lockerer als seine Eltern, sie kennt auch einen verrückten Erfinder (Willie Wartaal), der das perfekte Kostüm für den Wettbewerb entwerfen soll.
Besiege deine Angst!
Was wäre, wenn Kinder sich ihre Eltern in einem Laden aussuchen könnten? Wenn die Erwachsenen dort hübsch verpackt wie Barbie-Puppen oder Actionfiguren herumstünden und man zwischen verschiedenen Typen auswählen könnte? Dann hätte sich der kleine Lev garantiert nicht für seine peinliche Mutter Lidewij und seinen dauerbesorgten Vater Govert entschieden. Für coolere Eltern hat sein Geld aber leider nicht gereicht. Dieses hypothetische Szenario, das sich der Protagonist dieses Kinderfilms ausmalt, ist eine von vielen tollen Ideen, die der Regisseur Dylan Haegens in Superkräfte mit Köpfchen witzig und farbenfroh in Szene setzt.
Der Film, der beim Internationalen Filmfestival Schlingel im Herbst 2024 den Sonderpreis des MDR erhielt, ist vom Kinderbuch Mein Kopf, der Superheld inspiriert. Dessen Autor Wouter de Jong ist als Drehbuchautor an der Adaption beteiligt. Gemeinsam mit Co-Drehbuchautorin Marit Haegens-Brugman, der Ehefrau des Regisseurs, hat er eine stringente Story aus seiner Vorlag gemacht. Bei der handelt es sich nämlich gar nicht um eine fiktionale Erzählung, sondern um ein faktenbasiertes Aktivbuch, mit dem Kinder spielerisch ihre mentalen Fähigkeiten trainieren können.
Hirnschmalz und Herz statt Muskelkraft
Dementsprechend stehen auch im fertigen Film, wie bereits dessen Titel erahnen lässt, die grauen Zellen im Mittelpunkt. Der vom Superheld Healix faszinierte Lev muss lernen, dass Superkräfte nur in der Fantasie existieren und es im echten Leben auf andere Eigenschaften ankommt; etwa darauf, seine Ängste zu überwinden und all seinen Mut zusammenzunehmen, um zu sich selbst zu stehen und sich weder zu verstellen noch zu verstecken. Levs Eltern müssen lernen, ihren überbehüteten Sohn endlich loszulassen. Und Levs in allen Lebenslagen lockere Großmutter Lydia, die zwar nicht im Hühnerstall Motorrad fährt, mit ihrem Motorrad aber den Vorgarten vor Levs Haus zerstört, muss lernen, dass ihr allzu laxer Umgang mit allem und jedem auch Grenzen hat.
Mancher Handlungsstrang mag überflüssig sein und die Geschichte unnötig in die Länge ziehen. Trotzdem bleibt das Publikum in den eineinhalb kurzweiligen Stunden jede Minute gern an Levs Seite. Dylan Haegens, der seine Karriere als YouTuber begann, später auch einen Gaming-Kanal betrieb und in einem Gastauftritt in die Rolle des fiesen Schnoddermanns schlüpft, ist nah dran an der Materie und setzt sie mit viel Liebe zum Detail und einem Gespür für komödiantisches Timing um. Die kunterbunten, farblich perfekt durchkomponierten Sets tragen zur locker-leichten Grundstimmung bei. Was nicht heißt, dass der Film keine tiefgründigen Themen anschneidet. Ganz im Gegenteil! Doch weil er nicht nur Köpfchen, sondern auch sehr viel Herz hat, vor allem aber, weil er seinen jungen Protagonisten ernst nimmt, glückt dieser Balanceakt mühelos.
OT: „Superkrachten voor je hoofd“
Land: Niederlande
Jahr: 2024
Regie: Dylan Haegens
Drehbuch: Marit Haegens-Brugman, Wouter de Jong
Vorlage: Wouter de Jong
Musik: Rangel Silaev
Kamera: Jorrit Garretsen
Besetzung: Finn Vogels, Elise Schaap, Bas Hoeflaak, Joke Tjalsma, Mex Vrolijks, Jeroen Spitzenberger, Dylan Haegens, Jadore Felter
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)





