Shibatarian – Band 1

Eigentlich wollte der Mittelschüler Hajime Sato nur seine Ruhe haben, weit weg von dem Rest der Schule, als er den Hügel hinaufgeht. Zu seiner großen Überraschung entdeckt er dort seinen Mitschüler Hajime Shibata, der offensichtlich Zielscheibe von Mobbing wurde und deshalb unter einem Kirschbaum eingegraben wurde. Sato befreit ihn aus dieser misslichen Lage und geht anschließend mit ihm nach Hause, wo sie sich gemeinsam zwei Filme anschauen. Immer wieder verbringen die beiden Zeit miteinander, planen auch, einen Film zu drehen. Nach einer Meinungsverschiedenheit verschwindet Shibata jedoch plötzlich, mehrere Jahre sucht Sato vergeblich nach ihm. Die Freude ist groß, als er eines Tages wieder vor ihm steht. Doch dieses Mal ist etwas anders …

Surreal und sprunghaft

Es ist schon ein eigenartiges Bild, mit dem Shibatarian beginnt. Man sieht darin den Kopf von Shibata aus dem Boden ragen, als sei er ein Pilz. Zu dem Zeitpunkt ist noch offen, worum es da jetzt geht. Man weiß da auch gar nicht, dass da ein Körper unter der Erde steckt, was dem Ganzen eine surreale Atmosphäre verleiht. Danach geht es umso realer weiter, als sich herausstellt, dass dies das Ergebnis von Mobbing ist, man den Jungen quälen wollte, was dieser aber gar nicht so genau zu verstehen scheint. Zumindest anfangs hat man daher den Eindruck, dass Katsuya Iwamuro da die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählt zwischen zwei Jungen, die jeweils auf ihre Weise Außenseiter sind – Sato, weil er es will, Shibata, weil er nicht anders kann.

Doch schon bald kommt das Gefühl zurück, dass da etwas nicht ganz stimmt. Dass etwas mit Shibata nicht stimmt. Die Leser und Leserinnen dürfen an der Stelle noch fleißig spekulieren, worum es eigentlich in dieser Geschichte gehen soll. Vergleichbar zu The Ichinose Family’s Deadly Sins werden dann persönliche Schicksale mit seltsamen Vorkommnissen kombiniert. Während der genannte Manga sich kontinuierlich weiterentwickelt und man nach und nach mehr erfährt, da ist Shibatarian jedoch sehr viel sprunghafter. Das betrifft nicht nur den Zeitsprung, der früh erfolgt. Auch inhaltlich kann man kaum mithalten, wenn es zu einer besonders bizarren Wendung kommt, von der man am besten nichts vorher weiß.

Eine Reise mit unabsehbarem Ausgang

Damit geht auch ein Genrewechsel einher. Das anfängliche Drama wird zur Seite geschoben. Auch der Mystery-Faktor nimmt ab. Das heißt nicht, dass das Rätseln aufhört. So wird es schon derart eigenartig, dass man sich fragt, wie das alles überhaupt sein kann. Dennoch überwiegt bei Shibatarian der Horrorteil, wenn es auf einmal richtig zur Sache geht. Da steht dann ein Kampf um Leben und Tod an, den man so kaum vorhersehen wird. Spannend ist das schon, wenngleich man natürlich weiß, dass der Protagonist da erst einmal nicht in Gefahr ist. Sonst wäre die Geschichte ja gleich vorbei. Iwamuro zeigt dennoch Mut zur Grausamkeit, der Manga wird erstaunlich brutal und perfide. Aber auch so übertrieben, dass man sich nach wie vor nicht sicher sein kann, ob das jetzt wirklich geschieht oder nicht.

Die Zeichnungen sind dabei ganz atmosphärisch geworden. Sowohl bei den anfänglichen Szenen am Baum, aber auch später, wenn der Alptraum beginnt, findet man gelungene Einzelbilder. Die Figurendesigns sind eher unauffällig, haben dabei aber einen westlichen Einschlag. Man würde nicht unbedingt auf Anhieb erkennen, dass es sich um ein japanisches Werk handelt. Auch das trägt dazu bei, dass Shibatarian aus der Masse an Mangas hervorsticht. Ganz abzusehen ist es nach einem Band noch nicht, in welche Richtung das alles gehen wird und ob hier im Laufe der fünf Bände eine lesenswerte Geschichte herauskommt. Zumindest aber macht das neugierig auf den weiteren Verlauf, Fans morbid-mysteriöser Werke schauen einmal rein.