Stellet Licht Silent Light
© Coproduction Office
„Stellet Licht“ // Deutschland-Start: 2. April 2009 (Kino) // 21. September 2012 (DVD)

Inhalt / Kritik

Im Norden Mexikos lebt der Farmer Johan (Cornello Wall) mit seiner Frau Esther (Miriam Loews) und den gemeinsamen sechs Kindern. Sie sind Teil einer Mennonitengemeinde, die vor allem von der Landwirtschaft lebt und sehr traditionell sowie gläubig ist. Schon lange trägt Johan jedoch ein Geheimnis in sich, das seine Familie zerstören könnte sowie ihren Stand innerhalb der Gemeinde. Er liebt nämlich Marianne (Maria Pankratz) und all seine Versuche, ihr auszuweichen oder seine Gefühle für sie zu ignorieren, sind fehlgeschlagen. Von seinem Vater, der zugibt, in der Vergangenheit ebenfalls Gefühle für eine andere Frau empfunden zu haben, erhofft er sich Hilfe, doch er gibt ihm zu verstehen, dass Johan nur auf Gott vertrauen müsse. Da ihm sein Glaube jedoch nicht hilft, versucht Johan mit Esther und Marianne über seine Gefühle zu sprechen, aber dadurch verschlimmert sich die Situation zusehends. Johans Vater erklärt ihm dann, er sei im Bann des Teufels gefangen, was den Druck auf den gottesfürchtigen Johan noch verstärkt.

Das Werk des Feindes

Für viele Regisseure führt der Weg zum Film zunächst über Umwege, so auch im Fall des mexikanischen Filmemachers und Drehbuchautors Carlos Reygadas. In seiner Heimat hatte er sein Jurastudium abgeschlossen und Film eher als ein Hobby betrachtet, doch er fand schnell heraus, dass das Medium weitaus mehr kann, als nur das Publikum zu unterhalten. In seinen ersten beiden Filmen Japón und Battle in Heaven setzte er sich mit Themen auseinander wie Glauben, Tod oder der Bedeutung des Leidens in der Welt. In Silent Light geht es Reygadas um die Liebe oder genauer gesagt, was es heißt, wenn man aufhört, jemanden zu lieben, der einen aber nach wie vor liebt. In der Mennonitengemeinde Mexikos fand er eine egalitäre Gesellschaft – eine spannende Kulisse für seine Geschichte. Silent Light ist ein berührender, schöner und sehr melancholischer Film über die Themen, die Reygadas Werk ausmachen, doch vor allem über die Liebe als lebensstiftendes Element in unserer Welt.

Bei der Rezeption der Filme von Carlos Reygadas fällt auf, dass der Begriff „slow cinema“ oft fällt. Es ist richtig, dass Silent Light – wie auch die anderen Werke des Mexikaners – geprägt ist von langen, meist sehr statischen Einstellungen und nur wenigen Schnitten. Der Film beginnt und endet mit einem Bild, in dem ein Sonnenaufgang sowie am Schluss ein Sonnenuntergang gezeigt wird. In ebenso langen Einstellungen verfolgen wir, wie Esther und die Kinder in einem nahen See baden und miteinander spielen, während wir zuvor noch Johan alleine am Esstisch des Hauses sahen, wo er nach einer Weile begann zu weinen. Langsamkeit ist kein bloßes Stilmittel bei Reygadas, denn man beobachtet Aspekte der Figuren oder ihrer Welt, die weitaus aussagekräftiger sind als die oft sehr kurzen Dialoge, bei denen nicht selten verschwiegen wird, was die Sprecher wirklich fühlen.

Die Einheit der Familie – ihre Harmonie und gegenseitige Zuneigung – stehen im scharfen Kontrast zu Johans Glaubens- und Gewissenskonflikt, der ihn schließlich einsam am Tisch des Hauses zurücklässt. Die Zeit ist stehengeblieben für ihn wie auch die anderen Charaktere – die Momente des Glücks scheinen zerbrechlich oder nicht mehr von Dauer zu sein. Johans Vater spricht vom „Werk des Feindes“, was den Konflikt in den Kontext des Glaubens und dessen Prüfung einbettet, doch man fragt sich, ob diese Auskunft nicht doch nur ein Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit sein soll. Reygadas Film ist kein religiöser Film im dogmatischen Sinne, sondern nutzt den Glaubenskontext, um universelle menschliche Konflikte zu beleuchten. Dem Publikum wird Zeit und Raum gegeben, Antworten zu suchen oder sich ebenfalls diesen Fragen zu stellen, wie es in einer Parabel – was Silent Light letztlich ist – üblich ist.

Frieden und Liebe

Bei einem Film mit dem Titel Silent Light ist natürlich das Licht ein wichtiges Stilmittel. Ästhetisch wie erzählerisch inspiriert von Carl Theodor Dreyers Das Wort (OT: Ordet) erscheint die Lichtgebung mal als Reflexion des Glaubens der Charaktere und mal als ein Echo der Hoffnung und der Liebe, die sich über Worte nicht ausdrücken lassen können. In der restaurierten Version von Reygadas‘ Film, die aktuell auf dem Filmfestival Locarno zu sehen ist, kommen diese Aspekte der Kunstfertigkeit dieses Werkes besonders gut zum Ausdruck. Der Konflikt Johans ist nicht in Worte zu fassen – ihm gelingt es nicht, ihn treffend auszudrücken, sodass er mehr und mehr in die Isolation gerät. Ebenso wenig können die beiden Frauen, Esther und Marianne, ausdrücken, was sie bewegt.

Farben, Licht, Klänge und Stille nehmen den Raum ein, den in anderen Dramen die Worte haben, weshalb jede Einstellung von Kameramann Alexis Zabé wie ein gemaltes Tableau wirkt. Zentral wird dabei die Frage, ob man nun Liebe sucht oder eine Art Paradies und welcher Aspekt nun für einen selbst wichtiger ist. Es sind keine Glaubensfragen, die Reygadas seinem Zuschauer stellt, sondern Punkte der menschlichen Existenz, die bestimmen wie wir miteinander umgehen, ob wir das gemeinsame Glück suchen oder das Alleinsein.

Credits

OT: „Stellet Licht“
Land: Mexiko, Frankreich, Niederlande
Jahr: 2007
Regie: Carlos Reygadas
Drehbuch: Carlos Reygadas
Kamera: Alexis Zabé
Besetzung: Cornello Wall, Miriam Toews, Maria Pankratz

Bilder

Trailer

Filmfeste

Cannes 2027
Toronto International Film Festival 2007
International Film Festival Rotterdam 2008
Locarno 2025

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.




(Anzeige)

Stellet Licht
fazit
„Silent Light“ ist ein bewegendes, melancholisches und sehr kunstvolles Drama über Liebe und Glauben. Carlos Reygadas gelingt ein Film über Figuren, deren Konflikte den Zuschauer mit essentiellen Fragen über das eigene Leben, Beziehungen und Familien konfrontieren. Die schönen Bilder geben einem den nötigen Raum, um über diese Aspekte nachzudenken und ihre Relevanz für die Figuren zu verstehen.
Leserwertung0 Bewertungen
0
9
von 10