Electric Child
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Electric Child
„Electric Child“ // Deutschland-Start: 21. August 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

Für Sonny (Elliot Crosset Hove) könnte es kaum besser laufen. Privat haben er und seine Frau Akiko (Rila Fukushima) gerade einen kleinen Sohn bekommen, beruflich entwickelt sich sein KI-Projekt schneller und besser als ursprünglich geplant. Als ihr Sohn jedoch mit einer neurologischen, unheilbaren und letztlich tödlichen Krankheit diagnostiziert wird, entschließt sich Sonny zu verzweifelten Maßnahmen, um sein Leben doch noch retten zu können.

Neue Technik, alte Konzepte

ChatGTP, Gronk, Google Gemini, allem Anschein nach ist der Siegeszug der künstlichen Intelligenz kaum aufzuhalten. Während KI-Assistenten aber erst seit vergleichsweise kurzer Zeit im Alltag des Normalbürgers etabliert sind, war KI bereits weit vor den ersten Möglichkeiten praktikabler Anwendung ein häufiger Gast auf den Kinoleinwänden dieser Welt. Mit Electric Child versucht sich Regisseur und Autor Simon Jaquemet (Der Unschuldige, Chrieg) nun an einem Thema, das fast als übersättigt bezeichnet werden kann.

Ein Film im Stand-by

Electric Child beginnt schleichend, Jaquemet verrät gleichzeitig aber zu schnell seine Intentionen. Die Analogie zwischen Sonnys Vaterschaft und der jugendlichen Erscheinung der von ihm geschaffenen künstlichen Intelligenz lässt die Handlung des Films bereits in den ersten Minuten erahnen. Trotz allem nutzt Electric Child über die Hälfte seiner zweistündigen Laufzeit, um Sonny und seinen Mikrokosmos zwischen Familie und Arbeit zu etablieren, ohne dabei echten Handlungsfortschritt mit sich zu bringen.

Genretypische Themen und Fragen wie Emergenz und Autonomie, moralische Ambiguität und die Frage nach Kontrollierbarkeit künstlicher Intelligenz wirft der Film zwar auf, bleibt dabei aber meist zu oberflächlich. Umso mehr konzentriert sich Jaquemet auf das Thema Vaterschaft. Über die Parallelen zwischen Sonnys Sohn und seiner Arbeit wird nicht nur das Thema Menschlichkeit bei künstlicher Intelligenz aufgegriffen, sondern auch der sogenannte Creator-Conflict thematisiert. Dabei findet Electric Child neue, interessante Ansätze wie die innere Zerrissenheit Sonnys zwischen seinen beiden „Kindern“, Hilflosigkeit und letztlich Unsicherheit über die Richtigkeit des eigenen Handelns.

In der Kontinenz und Unentscheidbarkeit dieser Fragen hat der Film seine stärksten Momente, bevor er seine Zuschauer erneut in extensiver Exposition verliert. In den ersten beiden Dritteln ist der erzählerische Rhythmus Electric Childs zu ungleichmäßig, um Spannung und Interesse effektiv aufrechtzuerhalten. Während des Finales tritt der Film dann aber nicht nur inszenatorisch aufs Gas, sondern eskaliert auch handlungstechnisch drastisch.

Rettung durch Ästhetik

Electric Child besticht vor allem technisch über seine gesamte Lauflänge. Für seine fantastische Arbeit wurde Kameramann Gabriel Sandru im Rahmen des Schweizer Filmpreises geehrt. Durch ihn und die insgesamt ambitionierte Sound- und Schnittarbeit, besonders während des Finales, empfiehlt sich Electric Child für einen Kinobesuch.

Abseits der Inszenierung fehlt es dem Finale vor allem an Fallhöhe. Trotz der teils exzessiven Charakteretablierung Sonnys und seiner Frau Akiko kommt nie eine emotionale Bindung zu beiden Figuren auf. Letzteres ist vor allem dessen geschuldet, dass Elliot Crosset Hove und Rila Fukushima keinerlei Chemie miteinander haben. Elliots Schauspiel vermittelt durchgehend emotionale Diskonnektivität und steht damit in direkter Diskrepanz zu Sonnys Entscheidungen auf der Leinwand. Lediglich João Nunes Monteiro als Sonnys Kollege Raul versprüht Authentizität und Spielfreude, kann den Film aber keineswegs allein tragen.

Credits

OT: „Electric Child“
Land: Schweiz, Deutschland, Philippinen
Jahr: 2024
Regie: Simon Jaquemet
Drehbuch: Simon Jaquemet
Musik: Wiwek Mahabali
Kamera: Gabriel Sandru
Besetzung: Elliot Crosset Hove, Rila Fukushima, Sandra Guldberg Kampp, João Nunes Monteiro, Helen Schneider, Greg Orvis, Lotte Milder

Bilder

Trailer

Filmfeste

Locarno 2024
Sitges 2024
International Film Festival Rotterdam 2025
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Electric Child
fazit
Mit seinem neuesten Film „Electric Child“ versucht sich Regisseur Simon Jaquemet an seiner eigenen Idee eines Sci-Fi Dramas über künstliche Intelligenz. Echte inhaltliche Tiefe bleibt aber hinter den meist nur im Ansatz aufgeworfenen Fragen zurück und eine emotionale Bindung zu den Figuren will nie aufkommen. Trotz erzählerischer Schwächen rettet sich der Film durch ein ambitioniertes und exzellent inszeniertes Finale.
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