
Als die Chorleiterin Johanna Bischoff (Julia Koschitz) in ihre Heimatstadt Hameln zurückkehrt, um dort ein Konzert zu geben, ahnt sie noch nicht, was das bedeuten wird. So verschwinden vier der Jugendlichen bei einer gemeinsamen Wanderung der Gruppe spurlos. Auch der junge Organist David Fernandez (Hannes Wegener), mit dem Johanna eine Liebesbeziehung hat und der die Mädchen sucht, ist seither vermisst. In ihrer Not bittet Johanna ihren ehemaligen Freund Jan Faber (Bjarne Mädel) um Hilfe, der inzwischen Leiter des ortsansässigen Polizeireviers ist. Doch die Suchaktionen bleiben ohne Ergebnis. Während die labile Musikerin immer mehr die Kontrolle zu verlieren droht, muss sie sich mit ihrem Vater Georg Bischoff (Matthias Habich) und dessen Schwester Charlotte (Ruth Reinecke) der eigenen Vergangenheit stellen …
Die bekannte Sage mal anders
Sie gehört zu den bekanntesten Sagen Deutschland: die Geschichte um den Rattenfänger, der die Stadt Hameln von einer Plage befreit, sich aber um seinen Lohn betrogen sieht und deshalb die Kinder der Bevölkerung entführte. Die meisten dürften hierzulande von ihr schonmal gehört haben, zumal sie trotz ihres historischen Kontexts zeitlos ist. Kein Wunder also, wenn immer mal wieder Filme und Serien produziert werden, die irgendwie Bezug auf die Sage nehmen. So kam Ende 2024 die Serie Hameln heraus, welche die Sage als Horror neu interpretierte. Zehn Jahre zuvor gab es mit Die Toten von Hameln bereits einen Fernsehfilm, der sich daran versuchte, die etablierte Vorlage anderweitig zu nutzen. Die ZDF-Produktion nahm den Stoff und verband ihn mit einer Reihe von anderen Themen zu einem eigenwilligen Werk.
Im Mittelpunkt steht natürlich die Suche nach den vier Mädchen, die genau dort verschwunden sind, wo der Sage nach die Kinder Jahrhunderte zuvor von dem Rattenfänger gebracht wurden. Während die obige Serie tatsächlich mit Fantasy-Elementen arbeitete, zeigt sich Die Toten von Hameln aber zurückhaltend. Bis auf eine späte Anspielung ist da wenig zu holen. Dafür wird ausgiebig mit Visionen gearbeitet, unter denen die Protagonistin leidet. Ob das tatsächlich mit einem übersinnlichen Aspekt verbunden wird, bleibt dabei offen. Wie so oft bei Mystery-Geschichten geht es prinzipiell darum, dass die Hauptfigur unzuverlässig ist und das Publikum nicht genau sagen kann, was nun real ist und was nicht. Wenn sich die anderen irgendwie seltsam verhalten, ist daher nicht klar, ob sie etwas zu verbergen haben oder ob das nur an der verkorksten Wahrnehmung von Johanna liegt.
Wirr und ohne Spannung
Theoretisch. Praktisch weiß man natürlich, dass da wirklich etwas im Argen liegt, das tut es bei solchen Geschichten ja immer. Es gilt dann nur noch herauszufinden, was genau vorgefallen ist und wie dieses Rätsel mit der Protagonistin zusammenhängt. Und an der Stelle fängt es eben auch an problematisch zu werden: Es gibt keinen Zusammenhang. Genauer wirft Die Toten von Hameln mehrere Themen und Ereignisse zusammen, die gar nichts miteinander zu tun haben. Tatsächlich hätte man sich die gesamte Hamel-Sage sparen können, sie ist für den Fall völlig irrelevant. Es ist nicht einmal so, dass das Verschwinden der Mädchen unbedingt notwendig gewesen wäre, das ist mehr der Anlass, um zum eigentlichen Kern vorzudringen. Die Suche nach den Mädchen führt zu einer Suche nach der Wahrheit.
Das Ergebnis ist recht willkürlich und wirr, der Film ist ein sonderbarer Mischmasch ohne klares Konzept, bei dem die einzelnen Bestandteile nicht wirklich zusammenpassen. Dafür wird ziemlich dick aufgetragen, gerade auch inszenatorisch. Das Publikum soll in jeder Sekunde daran erinnert werden, dass das hier alles ganz mysteriös ist. Wie beim Inhalt wäre weniger mehr gewesen. Das ist schon schade, gerade auch, weil Die Toten von Hameln ein prominentes Ensemble versammeln konnte. Dieses bekommt aber nicht die Gelegenheit, die schauspielerische Klasse zu demonstrieren. Am Ende bleiben Verwunderung, aber auch etwas Ärger, wie hier reale Historie mit Fantasy und Familiendrama miteinander verknüpft werden sollen. Tatsächliche Spannung kommt aber nicht auf, die Kategorisierung Thriller darf man getrost ignorieren.
OT: „Die Toten von Hameln“
Land: Deutschland
Jahr: 2014
Regie: Christian von Castelberg
Drehbuch: Annette Hess, Christiane Hess
Musik: Ralf Wienrich
Kamera: Eeva Fleig
Besetzung: Julia Koschitz, Bjarne Mädel, Matthias Habich, Ruth Reinecke, Hannes Wegener
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