
So richtig glücklich ist die Zimmerin Maria Abeler (Ronja Rath) ja nicht, als ihr langjähriger Freund Steffen Hegel (Silas Breiding) ihr das Haus präsentiert, in dem sie leben werden und auch endlich eine Familie gründen können. Zumindest wäre sie gern vorher gefragt worden. Auch beruflich ist der weitere Lebensweg bereits fest verplant: Sie soll die Schreinerei ihres Vaters Volker (Oliver Stokowski) übernehmen. Aber kann das wirklich schon alles sein? Will sie ihr Leben jetzt schon so verplanen, mit nicht einmal 30 Jahren? Als eines Tages der Wandergeselle Cem Karateç (Sohel Altan Gol) auftaucht, der schon seit Jahren umherzieht, ohne feste Bleibe und ohne Verpflichtungen, sieht Maria darin die Chance gekommen, einmal alles hinter sich zu lassen. Und so schließt sie sich dem Fremden an, ohne zu ahnen, worauf sie sich da einlässt …
Existenzkrise zum Mitnehmen
Das Fernseh-Sommerloch ist dieses Jahr überraschend früh bereits vorbei gewesen. Das ZDF strahlt zu diesem Zweck am Donnerstagabend Komödien aus, zuletzt Für immer Freibad über einen Jugendlichen, der einen Sommer lang in einem Freibad arbeitet, um seinem Schwarm nahe zu sein und sich selbst zu finden. Bei der ARD setzt man offensichtlich stärker auf besinnliche Stoffe. So wurde letzte Woche die Programmschiene „Endlich Freitag im Ersten“ mit Trapps Sommer wiederaufgenommen. Darin lernt ein ehemaliger Philosophieprofessor eine junge Haushaltsgehilfin kennen, die ihm dabei hilft, sein eigenes Leben zu überdenken. Und auch bei Auf der Walz – Drei Jahre und ein Tag treffen wir jemanden, der noch einmal alles auf den Prüfstand stellt, inspiriert durch eine Zufallsbegegnung. In der Hinsicht sind sich die beiden Filme also schon recht ähnlich.
Es gibt aber auch größere Unterschiede. Da ist zum einen das Alter. Während Trapp da sehr fortgeschritten ist, eigentlich schon auf das Ende zugeht, da ist Maria noch relativ jung. Zumindest ist sie jung genug, um noch maßgeblich auf ihren Lebensweg Einfluss nehmen zu können. Wer will sie eigentlich sein? Was erwartet sie von sich und der Welt? Der zweite Unterschied ist, dass Auf der Walz – Drei Jahre und ein Tag weniger statisch ist. Die Hauptfigur ist ständig unterwegs, um sich als Wandergesellin zu versuchen. Solche Wanderjahre waren früher in den handwerklichen Berufen Pflicht. Inzwischen handelt es sich um eine eher in Vergessenheit geratene Tradition. So richtig viel hat der Film zu dem Thema nicht zu sagen, man erfährt kaum etwas zu dem Brauch und der Geschichte. Das Ganze ist ja nur ein Mittel zum Zweck.
Schön, aber ohne viel Substanz
Wobei der Zweck sich schon ein wenig unterscheidet bei den beiden Hauptfiguren. Zwar gibt es jeweils ein Element des Eskapismus, wenn die zwei vor ihrem alten Leben davonlaufen. Zumindest bei Maria ist das aber auch mit einem Blick in die Zukunft verbunden, so zaghaft der auch ausfallen mag. Ein bisschen wie in einem Coming-of-Age-Film, nur dass die Protagonistin erwachsen ist. Grundsätzlich funktioniert bei Auf der Walz – Drei Jahre und ein Tag dieser Mix aus Vor- und Rückschau, wenn wir erst spät erfahren, was eigentlich Cems Problem ist. Nur, so richtig interessant ist das alles nicht. Die Figuren sind ein wenig langweilig. Es ist auch nicht so, als würde diese Besinnlichkeit unterwegs zu nennenswerten Erkenntnissen führen, zu spannenden Gedanken, die das Publikum fortsetzen kann.
Dafür gibt es einiges zu sehen. Die historische Kleidung, in der die unterwegs sind, wirken völlig aus der Zeit gefallen. Und man ließ die beiden Figuren durch schöne, idyllische Gegenden laufen, wo die Welt noch in Ordnung ist. Auf der Walz – Drei Jahre und ein Tag hat da schon auch etwas von einem Roadmovie, arbeitet auch mit den üblichen Zufallsbegegnungen. Aus Letzteren hätte man aber sicherlich noch mehr herausholen können. Es gibt eine schöne Szene um eine Frau, bei der sie kurz Rast machen und die ihre komplizierte Lebensgeschichte teil. Ansonsten bleibt da wenig in Erinnerung. Das gilt auch für die eher zaghaften Versuche von Komik. Das muss einen nicht stören, der Film lässt sich entspannt und ein bisschen nebenher anschauen. Für mehr fehlt, trotz der existenziellen Erfahrung von Maria, letztendlich die Substanz.
OT: „Auf der Walz – Drei Jahre und ein Tag“
Land: Deutschland
Jahr: 2025
Regie: Sibylle Tafel
Drehbuch: Michael Kenda
Musik: Martin Probst
Kamera: Florian Schilling
Besetzung: Ronja Rath, Sohel Altan Gol, Oliver Stokowski, Silas Breiding
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