QRT: Zeichen, Zombie, Teqno – ein Nekrolog
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QRT: Zeichen, Zombie, Teqno – ein Nekrolog

QRT: Zeichen, Zombie, Teqno – ein Nekrolog
„QRT: Zeichen, Zombies, Teqno: Ein Nekrolog“ // Deutschland-Start: 12. Juni 2025 (Kino)

Inhalt / Kritik

In seiner Hommage an das Berlin der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre zeichnet Manuel Stettner in seinem Dokumentarfilm QRT: Zeichen, Zombies, Teqno – Ein Nekrolog ein vielschichtiges, aber zugleich fragmentarisches Bild des jungen Denkers und Lebenskünstlers Markus Konradin Leiner, der sich QRT nannte, und dessen Leben und Werk eng mit der Berliner Subkultur der Wendezeit verflochten sind. Stettner nähert sich QRTs Leben anekdotisch. In Interviews äußern sich sechs Wegbegleiter wie Regisseur Oskar Roehler und Merve-Verleger Tom Lamberty über ihre Erfahrungen mit ihm, in denen zwar nicht direkt etwas verklärt wird, die jedoch nicht frei von Pathos sind. Doch vor allem ist der Film eine konsequente Inszenierung von QRT selbst als Zombie-Mythos: Einerseits als Toter, der posthum durch die filmische Beschäftigung mit ihm wiederkehrt, andererseits als radikaler Proband seines eigenen Denkens. Das ist zwar ein interessanter Ansatz, eröffnet aber zugleich eine Distanz, die den Zugang zu seiner Person nicht unbedingt erleichtert.

KI-Stimme und reale Gesichter

Visuell baut Stettner eine dichte Collage: Die Texte QRTs („Teqste“ – wie er sie selbst nannte) werden von der KI-generierten Stimme Leiners vorgetragen. Das erzeugt eine beunruhigende Verzerrung – der Verstorbene spricht aus dem Jenseits, während experimental anmutende Bilder, oft abstrakt und durch Montage verfremdet, über den Bildschirm flimmern. Dem gegenüber stehen intime Interviewsituationen mit sechs Zeitgenossen QRTs, gefilmt in extremen Nahaufnahmen. Die Mischung aus KI-generierter Stimme und unmittelbarem menschlichem Antlitz erzeugt einen starken Kontrast, doch der dokumentarische Zugang bleibt dadurch weitgehend fragmentarisch: Die Bilder und Töne versprechen viel, richten sich aber eher an Kenner:innen der damaligen Subkultur als an Neulinge, die QRT nur über diesen Film kennenlernen.

Inhaltlich widmet sich der Film in großer Breite dem theoretischen Kosmos QRTs: Seine Zombologie, die er als postanthropologische Gegenwissenschaft zur klassischen Anthropologie verstand, wird durch Auszüge seiner Texte greifbar. Zu sehen ist, wie er in einem Interview dem französischen Philosophen Jean Baudrillard mit seinen eigenen Standpunkten überfällt, statt ein wirkliches Gespräch mit ihm zu führen. Doch der Fokus des Films verschiebt sich zum Ende hin. Dann rückt Stettner zunehmend QRTs Drogensucht in den Mittelpunkt. Das kulminiert in seiner Überdosis 1996 und der anschließenden Beerdigung in seiner Heimatstadt Konstanz, wo er seine Kindheit in einer gut situierten Familie verbrachte. Besonders überraschend war der plötzliche Verweis auf seine zum Todeszeitpunkt getrennt lebende Ehefrau – ein Aspekt, den der Film bis dahin komplett ausgeklammert hatte und der erst hier Erwähnung findet.

Frauen und andere Leerstellen

Überhaupt spielen Frauen praktisch keine Rolle in diesem Narrativ: Bis auf Barbara Gütinger, die aus Konstanzer Zeiten mit QRT verbandelt war, sind die Interviewpartner ausschließlich männlich. Auch andere Tätigkeitsfelder QRTs werden bestenfalls am Rande gestreift. So entsteht der Eindruck, hier werde weniger eine umfassende Biografie erzählt als vielmehr ein Theorienkabinett kuratiert, angereichert mit Anekdoten, die nostalgisch auf heroische Zeiten verweisen. Eine breitere Perspektive, gerade in Bezug auf weibliche Stimmen und einen konsequenteren Blick auf seine künstlerischen Arbeiten neben der Theorie, wäre wünschenswert gewesen.

So bleibt QRT: Zeichen, Zombies, Teqno – Ein Nekrolog ein in Teilen faszinierendes, aber in sich widersprüchliches Porträt. Die experimentelle Ästhetik und die dichte Montage sind mutig, doch die erzählerische Fragmentierung erschwert den Zugang zu QRT als Mensch. Seine Zombologie und medientheoretischen Exkurse überzeugen in ihrer pointierten Darstellung, das Plädoyer für den Zombie als Metapher einer posthumanen Existenz liefert Stoff zur weiteren Beschäftigung. Doch insgesamt ist der Film in sich nicht stimmig genug. Denn der elitäre Blickwinkel, der sich durch Beschäftigung mit QRTs Theorien ergibt, wird durch die effektheischende Betrachtung seines Drogenkonsums und den viel zu frühen Drogentod konterkariert.



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QRT: Zeichen, Zombie, Teqno – ein Nekrolog
fazit
“QRT: Zeichen, Zombies, Teqno: Ein Nekrolog” ist ein widersprüchliches Porträt: Spannend in seiner Ästhetik und QRTs radikaler Theorie, aber zu fragmentiert in seiner Erzählung. Weibliche Stimmen und Teile von QRTs Werk werden nicht ausreichend beleuchtet, was einen umfassenderen Blick auf sein Leben verhindert.
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