Morgen wird es schöner sein Ming tian hui geng hao
© W-film / Hu Xiaojun

Morgen wird es schöner sein

Inhalt / Kritik

Morgen wird es schöner sein Ming tian hui geng hao
„Morgen wird es schöner sein“ // Deutschland-Start: Frühjahr 2021 (Video on Demand)

Wenn wir an Attribute wie „rückschrittlich“ denken, kommen oft Bilder auf von einem Ort fernab von dem, was wir als Zivilisation bezeichnen. Dieser Orte sind nicht nur von diesem Konzept abgeschnitten, wir vermissen auch Aspekte, die unser modernes Leben bestimmen, angefangen von Strom oder einer Internetverbindung bis hin zu fließendem Wasser. Die Idee von diesen Orten mag uns sehr präsent sein und es ist meist eine Art Leben, die wir nicht nur versuchen zu vermeiden, sondern vor der wir uns bisweilen sogar aktiv schützen wollen, auch wenn manche Verhaltensweise, die der „moderne“ Mensch an den Tag legt eher mit dem Attribut zu versehen sind, wenn man alleine schon die Art und Weise denkt, wie wir unseren Planeten behandeln oder unsere Mitmenschen. Interessant wird es, wenn wir uns trauen, diese Sichtweise zu hinterfragen und diese Dystopie des Rückschritts vielleicht in einem positiveren Blickwinkel aus betrachten. Gerade vor dem Hintergrund, dass das moderne Leben viele Kehrseiten hat, mag uns der Verzicht auf eben jene Dinge, die wir damit assoziieren, vielleicht sogar als willkommen erscheinen.

Es ist ein Gedankenexperiment, was von einem verlangt wird und eines, das viel darüber sagen kann, was wir überhaupt als modern, rückschrittlich oder progressiv betrachten. Diese Frage steht letztlich auch im Zentrum von Morgen wird es schöner sein, einem Dokumentarfilm der chinesischen Regisseurin Xu Hongjie, für den sie die Bewohner und die Geografie des abgelegenen Dorfes Gulu mitten in der Provinz Sichuan aufsuchte. Aufmerksam wurde sie auf das Dorf durch einen Zeitungsbericht über die dortige Grundschule, welche auch wegen ihrer Lage die „Schule der Wolken“ genannt wird. Shen Qijun und der Freiwillige Bao Tangtao wurden in diesem Zusammenhang vorgestellt, denn beide unterrichten schon seit vielen Jahren an der Grundschule, versuchen die Lebensumstände der Bewohner zu verbessern, gehen aber von sehr unterschiedlichen Ansätzen aus, was ihre Arbeit angeht. Herausgekommen ist dabei ein Dokumentarfilm, in dem es um Themen wie Fortschritt und die Sehnsucht nach diesem geht, aber auch darum, ob ein solcher tatsächlich der Schlüssel zu einer besseren Zukunft sein kann.

Eine kleine, graziöse Utopie

Spätestens seit dem großen Erdbeben im Jahre 2008 ist das Dorf Gulu ein Ort, der nicht nur vielen Chinesen bekannt ist, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus vielen Menschen ein Begriff geworden ist. Die sogenannten Himmelsleitern, welche die sechs Terrassen des Bergdorfes miteinander verbinden, haben viele Schaulustige angezogen, auch wenn der Blick auf diese am Bergmassiv befestigten Metallleitern eher enttäuschend ist und so rein gar nichts mit der blumigen Metapher zu tun hat, wie selbst Bao Tangtao zugeben muss, als er Hongjie diese zum ersten Mal zeigt. Für die Dokumentation wie auch den Freiwilligen selbst scheint dies ein Sinnbild für einen Perspektivwechsel zu sein, der damit einhergeht, dass man sich von der Romantik eines Bergdorfes lösen muss und sich mit den oftmals harten Realitäten befassen muss, die das Leben dort bestimmen. Für Tangtao wie auch Shen, der in Gulu aufwuchs und selbst Schüler in besagter Grundschule war, ist die Veränderung des Blickwinkels zu einem Aspekt ihres Lebens geworden, auch wenn die Konsequenz eine ganz andere ist.

Über ihre beiden Protagonisten, wenn man sie so nennen will, erforscht Hongjie, wie das Dorf auf der einen Seite seine Zukunft im Fortschritt sucht, doch auf der anderen Seite viele eher den privaten Rückzug suchen oder sich auf Traditionen besinnen. Auch ästhetisch vollzieht Morgen wird es schöner werden diese Veränderung des Blickes, wenn von den prächtigen Bildern des Dorfes und des mächtigen Bergmassivs gewechselt wird zu den rudimentären Mitteln, mit denen sowohl Tangtao wie auch Shen unterrichten müssen. Die „kleine graziöse Utopie“, wie Bao sie nennt, wird auf den Prüfstand gestellt, wie auch die Prinzipien der beiden Protagonisten, die zwischen Idealismus und Pragmatismus wechseln.

Credits

OT: „Ming tian hui geng hao“
Land: China
Jahr: 2014
Regie: Hongjie Xu
Drehbuch: Hongjie Xu
Musik: Frank Schreiber
Kamera: Wongjie Xu , Mincheol Wang, Cheng Jingbo, Cheng Bin

Bilder

Trailer

Filmfeste

Locarno 2014

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„Morgen wird es schöner sein“ ist eine Dokumentation über ein Dorf in China, in der Themen wie Fortschritt und Zukunft verhandelt werden. Neben wunderschöner Bilder des Dorfes und der es umgebenden Natur zeigt Xu Wongjie auch die Herausforderungen, die das Leben dort den Menschen abverlangt und wie eine mögliche Zukunft Gulus aussehen könnte.