Hail Satan

Hail Satan?

Hail Satan
„Hail Satan?“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Satanisten? Doch, die kennen wir. Das sind die, die in Filmen immer so unheimliche Rituale abhalten und irgendwelche Dämonen beschwören, dafür gern auch mal Kinder oder nackte Frauen opfern. Hauptsache, es gefällt den dunklen Mächten. Aber es gibt tatsächlich Satanisten, die auch außerhalb von Filmen existieren. Echte Satanisten, die sich gegen das wenden, was die Bibel lehrt. Oder zumindest gegen die Kirche ankämpft, ablehnt, was dort gepredigt oder auch getan wird.

Lucien Greaves ist einer dieser Menschen. Anders als man es vielleicht erwarten könnte, geht er seinem Glauben aber nicht im stillen Kämmerlein nach, im Schutze der Dunkelheit. Er geht damit an die Öffentlichkeit, um möglichst viele für die von ihm 2013 mitgegründete Organisation des Satanic Temple zu gewinnen. Dabei scheinen sie auch durchaus erfolgreich zu sein, wie eine Karte nahelegt, die an einer Stelle eingeblendet wird. Darauf zu sehen ist, wie aus einer kleinen lokalen Vereinigung eine erstaunlich große Sache wurde, deren Mitglieder von überall her stammen, mit einem starken Fokus jedoch auf den USA und Europa.

Ist das euer Ernst?
Aber was genau zieht die Leute so an, dass sie einer naturgemäß eher kontroversen Vereinigung beitreten? Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Am Anfang der begleitenden Dokumentation Hail Satan? meint man noch, die Mitglieder würden sich einfach nur über andere lustig machen wollen. Wie eine dieser satirischen politischen Parteien, deren Inhalte sich meistens darauf beschränken, den Politzirkus ad absurdum zu treiben. Denn es fällt schon ein wenig schwer, jemanden ernst zu nehmen, der mit Teufelshörnern durch die Gegend läuft, mit der offensichtlichen Absicht, andere Leute zur Weißglut zu treiben. Zumal man nicht unbedingt den Eindruck hat, dass hier an etwas geglaubt wird.

Selbst wer nicht aus Prinzip schon wutschäumend das Zimmer verlässt, wenn jemand mit satanischen Symbolen hantiert, wird da so seine Probleme haben, etwas von Wert im Satanic Temple zu entdecken. Vom Unterhaltungswert vielleicht einmal abgesehen, schließlich können auch Trolle Spaß machen, vor allem wenn sie gegen die eigenen Feinde vorgehen. Doch Greaves will mehr als nur das Spießbürgertum piesacken, hat weitergehende Ziele, als mit fragwürdigen Aktionen auf dem Friedhof Leute zu schockieren und konservative Moderatoren zu irritieren.

Aus Protest gegen die Unterdrückung
In der zweiten Hälfte hat Hail Satan?, das auf dem Sundance Film Festival 2019 Premiere feierte, sogar ein paar Denkanstöße zu liefern. Die eher provozierend-ulkigen Momente nehmen ab, die Bewegung setzt sich für mehr Diversität und freien Glauben ein. Punkte also, die man auf Anhieb so gar nicht in diesem Bereich vermuten sollte. Die Überzeugung des Satanic Temple besteht darin, zu keiner Überzeugung gezwungen werden zu wollen. Ein fortlaufendes Thema hier sind die Versuche, eine Baphomet-Statue zu errichten, als Gegenstück zu den Zehn Geboten, welche auf Schulgelände errichtet werden sollen und damit – so der Vorwurf von Greaves und Co. – gegen die Trennung von Religion und Staat verstößt.

Regisseurin Penny Lane begegnet diesen Anarchisten mit sichtlicher Neugierde und genügend Sympathie, ihr Dokumentarfilm setzt sich inhaltlich nicht sonderlich kritisch mit dem Gesagten auseinander. Auch lässt sie keine Gegner zu Wort kommen, von kleinen Schnipseln einmal ausgenommen, die kaum als Diskussionsgrundlage durchgehen. Das weckt manchmal den Eindruck, als wolle sie mit ihrem Film selbst neue Jünger für die Sache gewinnen. Und tatsächlich trat die Filmemacherin später selbst dem Satanic Temple bei. Das darf man dann ein wenig fragwürdig finden, zumindest wer hier eine journalistische Arbeit erwartet. Aber Hail Satan? ist ein kurzweiliger wie spannender Einblick in eine Bewegung, die vieles in Frage stellt, was als gegeben angenommen wird und dadurch gesellschaftlich relevanter ist, als es der Einstieg vermuten lässt.



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Der Dokumentarfilm „Hail Satan?“ befasst sich mit einer Gruppierung namens Satanic Temple, die bewusst provozierend die mangelnde Trennung von Kirche und Staat, aber auch Unterdrückung im allgemeinen anprangert. Das ist anfangs unterhaltsam, regt später zudem zum Denken an, auch wenn insgesamt die kritische Distanz zum Thema fehlt.