Ostwind Aufbrauch nach Ora
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Ostwind – Aufbruch nach Ora

(OT: „Ostwind – Aufbruch nach Ora“, Regie: Katja von Garnier, Deutschland, 2017)

Ostwind Aufbruch nach Ora DVD
„Ostwind – Aufbruch nach Ora“ ist seit 7. Dezember 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Es ist eine ebenso einmalige wie begehrte Fähigkeit, die Mika (Hanna Binke) da hat: Sie spürt instinktiv, was Pferde wollen. Dummerweise hören ihr die Menschen im Therapiezentrum Kaltenbach aber nicht wirklich zu. Immer wird die Schuld auf die Pferde geschoben, wenn etwas nicht klappt. Dabei sind es die Zweibeiner, die immer wieder Mist bauen. Als Mika erfährt, dass ihr Pferd Ostwind vermutlich aus Andalusien stammt, steht für sie der Entschluss fest: Sie sagt ihrem alten Leben auf Wiedersehen und geht nach Spanien! Dort angekommen, kommt sie auch gleich auf der Hacienda von Pedro (Thomas Sarbacher) und dessen Tochter Samantha (Lea van Acken) unter. Doch die Zeit drängt, wie sie von Tara (Nicolette Krebitz) erfährt, die mit den Wildpferden lebt. Denn das Land soll verkauft werden, was das sichere Ende für die Tiere bedeuten würde.

Wenn Filmfortsetzungen die Heimat aufgeben, um in einem fernen Land zu spielen, dann heißt es immer Vorsicht. Selbst bei sehr erfolgreichen Beispielen wie Fack ju Göhte 2 oder Hangover 2 ist es recht offensichtlich, dass das exotische Ambiente in erster Linie dazu dient, Altbekanntes unbemerkt noch mal aufzuwärmen. Nun ist Spanien natürlich nicht Thailand, im Fall von Ostwind – Aufbruch nach Ora war zudem ein Buch die Grundlage. Ansonsten aber gilt auch hier, dass der im Titel angesprochene Aufbruch in erster Linie das Setting betrifft. Inhaltlich dreht sich der Film um die bewährten Themen.

Eine Natur zum Verlieben
Das bedeutet zum einen das Streben nach Freiheit, welches gerade der jüngeren weiblichen Zielgruppe sehr entgegenkommt. Es bedeutet aber auch eine Liebeserklärung an die Natur. Letzterer ist natürlich erst einmal nichts entgegenzusetzen, umso mehr wenn sie so schön wie hier dargestellt ist. Die karge Landschaft Spaniens übt ihren ganz eigenen Reiz aus. Wenn Mika eine geheime Quelle entdeckt, wird es schon geradezu märchenhaft idyllisch. So wie die Pferdenärrin in ihrer neuen Umgebung aufblüht, so macht es auch Spaß dabei zuzusehen und zumindest vom heimischen Sofa aus bei ihren Ausflügen teilzunehmen.

Nun ist Ostwind – Aufbruch nach Ora aber keine Naturdoku und auch kein Reisebericht, sondern will auch eine Geschichte erzählen. Und da wird es schon sehr viel weniger schön. So sympathisch der Einsatz für die Umwelt auch ist, so holprig ist die Umsetzung. Neben den üblichen nicht einmal versuchsweise versteckten Zufälligkeiten, welche die Geschichte bestimmen, sind es vor allem die Dialoge, welche dem Film schaden. Sie sind oft ungelenk und unnatürlich, teilweise auch sehr nahe am Kitsch gebaut. Dass nicht jede Performance vonseiten der Schauspieler dazu geeignet ist, die Wörter glaubwürdig erscheinen zu lassen, kommt erschwerend hinzu.

Oberflächliches zum Träumen
Nicht so wirklich geglückt ist auch das Thema des Loslassens bzw. des Neuanfangs. Da wird an der einen Stelle betont, dass Mika fort muss, um sich selbst zu finden. An anderen Stellen zeigt sich Ostwind – Aufbruch nach Ora dafür umso konservativer: Die Natur kann nur geschützt werden, wenn sie zu einem Kulturdenkmal ernannt wird. Mikas Oma, die vor langer Zeit das Reiten aufgegeben hat, soll dazu gebracht werden, ihre Vergangenheit aufleben zu lassen. Dass sich der Film dieser widersprüchlichen Tendenzen nicht bewusst ist oder diese ihm vielleicht auch egal sind, zeigt die mangelnde Liebe zum Detail und die Oberflächlichkeit: Das Mädchenabenteuer ist dann doch eher Postkartenschönheit statt Erlebniswelt. Der Zielgruppe war dies jedoch offensichtlich egal, mehr als eine Millionen Besucher konnte der Streifen mit seiner Mischung aus Eskapismus und Alltagsbewältigung in die Kinos locken. Der Ausflug in ein fernes Land, er hat sich also auch dieses Mal bezahlt gemacht.



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„Ostwind – Aufbruch nach Ora“ verlegt die Geschichte dieses Mal zwar nach Spanien, an den üblichen Themen von Freiheit, Selbstfindung und Liebe zur Natur hat sich jedoch wenig geändert. Die schönen Landschaftsaufnahmen lassen einen schnell den Alltag vergessen und von einem naturverbundenen Leben träumen. Über die inhaltlichen Schwächen können aber auch sie nicht wirklich hinwegtäuschen.
5
von 10