Open Your Eyes Netflix
© Netflix / Krzysztof Wiktor

Open Your Eyes – Staffel 1

Inhalt / Kritik

Open Your Eyes Netflix
„Open Your Eyes – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 25. Oktober 2021 (Netflix)

Als Julia (Maria Wawreniuk) zu sich kommt, kann sie sich an nichts erinnern. Sie weiß nicht, wer sie ist, woher sie kommt oder auch was sie an diesem seltsamen Ort zu suchen hat. Erst mit der Zeit erfährt sie die schreckliche Wahrheit: Ihre Eltern sind bei einem Feuer ums Leben gekommen, Julia selbst hat bei dem Vorfall ihr Gedächtnis verloren. Aus diesem Grund verlegte man sie in ein spezielles Behandlungszentrum, in dem auch andere junge Menschen mit solchen Traumata versorgt werden. Dort soll sie zu Kräften kommen und das Erlebte verarbeiten. Tatsächlich macht sie Fortschritte und schließt mit anderen Freundschaft, etwa mit Szymon (Wojciech Dolatowski), Pawel (Michal Sikorski) und Iza (Klaudia Koscista). Aber auch Adam (Ignacy Liss) ist Teil dieser Einrichtung. Während Julia versucht, die Situation irgendwie unter Kontrolle zu bringen, wird sie zunehmend von seltsamen Visionen verfolgt, die sie immer wieder hat und die sie allmählich alles hinterfragen lassen …

Gedächtnisverlust als Spannungsmittel

Im Bereich des Mysterythrillers gehört es zu den beliebtesten inhaltlichen Elementen: der Gedächtnisverlust. Wenn zu Beginn einer Geschichte der Protagonist oder die Protagonistin sich an nichts erinnern kann, oft nicht einmal genau weiß, wer sie selbst sind, dann ist das ein immer wieder dankbares Ausgangsszenario für eine ausgiebige Schnitzeljagd. Filme wie Ich. Darf. Nicht. Schlafen. oder Alive – Gib nicht auf! basieren maßgeblich darauf, dass das Publikum gemeinsam mit den Betroffenen nach Anhaltspunkten suchen darf. Da gilt es nicht nur die Puzzleteile zusammenzusetzen, dass man weiß, mit wem man da seine Zeit verbringt. Wichtiger noch ist die Frage: Was ist zuvor eigentlich geschehen, das zu dieser Amnesie geführt hat? Denn irgendwas Schreckliches oder Gefährliches muss da ja gewesen sein.

Die Netflix-Serie Open Your Eyes verwendet da ein sehr ähnliches Szenario, liefert die Erklärung aber gleich zu Beginn: Eine familiäre Tragödie hat den Gedächtnisverlust ausgelöst. Das klingt plausibel und würde sich prinzipiell für ein Drama anbieten. Wie lässt sich ein verlorenes Gedächtnis wieder aufbauen, ohne die Person damit zu überfordern? Nur hat die polnische Produktion daran kein Interesse. Stattdessen wird hier von Anfang an doch ziemlich deutlich gemacht, dass diese Klinik selbst ein wenig dubios ist. Die leitende Dr. Zofia Morulska (Marta Nieradkiewicz) rückt beispielsweise nie so wirklich mit der Wahrheit heraus. Es scheint an dem Ort weniger um eine Heilung als vielmehr Kontrolle zu gehen. Und dann wären da noch einige Patienten und Patientinnen, die sich gegen alles sträuben und allein dadurch bereits Misstrauen provozieren.

Die gemächliche Suche nach Antworten

Sonderlich subtil ist das dann alles nicht umgesetzt. Normalerweise spielen solche Geschichten mit der zwangsläufigen Unzuverlässigkeit der Hauptfigur, bei der man nie sagen kann, ob ihre Erlebnisse wirklich so stimmen oder nicht. Bei Open Your Eyes weiß man hingegen von Anfang an, dass mehr hinter allem stecken muss. Die Frage ist nur: was? Während diese Frage recht früh feststeht, hatte man es bei der Antworten nicht sonderlich eilig. Tatsächlich ist ein erhebliches Manko der Serie, dass sie sich für alles ewig Zeit lässt. Anstatt diesen Mystery-Aspekt konsequent weiter zu verfolgen, wird viel über die jungen Menschen in der Einrichtung sowie ihr Verhältnis untereinander gesprochen.

Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, selbst bei einer Geschichte, in der ein Identitätsverlust zentraler Bestandteil ist, an der Figurenzeichnung zu arbeiten. Nur weil wir nicht wissen, wer jemand ist, müssen wir nicht ganz auf eine Charakterisierung verzichten. In einem solchen Fall sollten die Figuren dann aber schon auch interessant sein. An der Stelle hapert es bei Open Your Eyes jedoch: Die Serie ist zu oft mit Nebensächlichkeiten beschäftigt, welche weder die Handlung vorantreiben noch für sich genommen spannend sind. Obwohl die erste Staffel mit sechs Folgen eigentlich recht kurz ist, zieht sie sich im Mittelteil schon beträchtlich.

Eine unerwartete Auflösung

Dabei ist es nicht so, dass Katarzyna Berenika Miszczuk, auf deren Roman die Serie basiert, keine Ideen hatte. So kommt es im weiteren Verlauf zu spannenden Hypothesen, was tatsächlich während des Brandes vorgefallen ist. An Wendungen mangelt es auch nicht. Die Auflösung zum Ende der Staffel ist sogar selbst für erfahrene Fans solcher Geschichten verblüffend und führt zu einer interessanten Genre-Verschiebung. Ein bisschen an den Haaren herbeigezogen ist Open Your Eyes da zwar schon. Glaubwürdigkeit sollte einem da nicht zu wichtig sein. Gelungen ist der Einfall dennoch. Nur: So ganz reicht das am Ende dann doch nicht aus. Eine ganze Staffel darauf aufzubauen und sonst viel generische Mystery-Momente zu bieten, ist zu wenig. Vor allem bleibt im Anschluss nicht genügend zurück, um eine weitere Staffel zu rechtfertigen, die zum Schluss nahegelegt wird. Wenn der größte Reiz ein Rätsel ist, fehlt die Motivation, im Anschluss an die Auflösung weiter am Ball zu bleiben.

Credits

OT: „Otwórz oczy“
Land: Polen
Jahr: 2021
Regie: Anna Jadowska, Adrian Panek
Drehbuch: Igor Brejdygant, Milena Dutkowska, Kasper Bajon, Klara Kochańska
Vorlage: Katarzyna Berenika Miszczuk
Kamera: Rafał Paradowski
Besetzung: Maria Wawreniuk, Ignacy Liss, Michal Sikorski, Wojciech Dolatowski, Klaudia Koscista, Zuzanna Galewicz, Marta Nieradkiewicz, Sara Celler-Jezierska

Bilder

Trailer

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„Open Your Eyes“ erzählt von einer Jugendlichen, die mit Amnesie in einer etwas dubiosen Einrichtung zu sich kommt. Die Serie spielt dabei mit den üblichen Mystery-Elementen und hat es bei der Suche nach Antworten nicht sonderlich eilig. Die Auflösung an sich ist schon interessant und unerwartet, entschädigt aber nicht so ganz dafür, dass vorher lange auf der Stelle getreten wird.
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