Les derniers jours du monde Happy End Die letzten Tage der Menschheit
© Teresa Isasi 2008

Die letzten Tage der Menschheit

Inhalt / Kritik

Les derniers jours du monde Happy End Die letzten Tage der Menschheit
„Die letzten Tage der Menschheit“ // Deutschland-Start: 25. August 2021 (Arte)

Vor einem Jahr noch war Robinson Laborde (Mathieu Amalric) glücklich verheiratet. Doch von seinem alten Leben ist nicht mehr viel übrig geblieben. Seine Ehefrau Chloé (Karin Viard) hat er verlassen, seine Geliebte Laetitia (Omahyra Mota) ist verschwunden. Nicht einmal seine rechte Hand hat er noch, stattdessen muss er sich mit einer Prothese begnügen. Andererseits hat er ohnehin andere Probleme, steht doch das Ende der Welt kurz bevor, zumindest aber das Ende Frankreichs. Ein Virus breitet sich aus, Asche regnet vom Himmel, das Wasser ist verschmutzt. Da lernt er die Verkäuferin Ombeline (Catherine Frot) kennen, auf der Suche nach einem Notizbuch, in dem er seine Gedanken und seine Geschichte festhalten kann. Immer wieder werden sich seine Wege mit ihren kreuzen, während sie auf der Flucht vor dem letzten Tag sind …

Das Ende der Welt ist nah!

Seit es die Menschen gibt, denken diese über das Ende nach – ihr eigenes wie auch das der gesamten Welt. Apokalyptische Vorstellungen davon, wie alles zugrunde geht, gehören fest zu unserer Kulturgeschichte dazu. Und natürlich auch zu unserer Filmgeschichte: Ob nun angreifende Aliens, ein Kometeneinschlag oder eine verwüstete Umwelt als Folge menschlichen Raubbaus, an möglichen Gründen mangelt es in den Geschichten nicht. Gemein ist diesen Endzeitvisionen meistens nur, dass sie sehr düster sind, zum Zwecke des Spannungsaufbaus. Aber es gibt sie, die Ausnahmen von dieser Regel. Das ist das Ende machte aus dem Weltuntergang eine Aneinanderreihung derber Späße, das skurrile How It Ends wurde zu einer Begegnung mit sich selbst.

Und dann gibt es noch Die letzten Tage der Menschheit. Auch hier spielt Humor mit hinein, ohne aber ähnlich stark ausgeprägt zu sein wie bei den genannten Kollegen. Die Bezeichnung Komödie passt nicht so ganz. Allerdings trifft das auch auf die diversen anderen Genres zu, die herangezogen werden, um den Film zu beschreiben. Je nachdem, wen man fragt, handelt es sich um ein Drama, einen Roadmovie oder Science-Fiction. Man könnte sogar noch Liebesfilm dazu sagen, da es die rund zwei Stunden lang überwiegend um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Und doch, keine dieser Kategorien passt wirklich. Die meisten dürften im Anschluss an den Film kaum erklären können, was genau sie da eigentlich gesehen haben.

Aus dem willkürlichen Alltag

Es geht sogar schon verwirrend los, wenn wir zu Beginn von Die letzten Tage der Menschheit ständig zwischen der Gegenwart und einem Jahr zuvor hin und her springen, ohne dass diese Sprünge kenntlich gemacht werden. Die Folge ist, dass Robinson mal mit, mal ohne Prothese zu sehen ist, mal mit seiner Frau, mal mit der Geliebten, mal mit Ombeline. Später werden diese ständigen Flashbacks seltener. Die Brüder Arnaud und Jean-Marie Larrieu (Liebe ist das perfekte Verbrechen, Malen oder lieben), welche zusammen Regie führten und das Drehbuch schrieben, behalten das Episodenhafte jedoch bei. Ist Robinson erst einmal unterwegs, nachdem seine Heimatstadt Biarritz evakuiert wird, begegnet er den unterschiedlichsten Leuten, wie es sich für einen Roadmovie eben gehört. Wobei er schon ein Talent hat, immer wieder denselben Leuten zu begegnen, wo auch immer er sich gerade aufhält.

Es gibt auch weitere wiederkehrende Elemente. So will irgendwie jeder, der Robinson trifft, gleich mit ihm ins Bett. Ob das nun auf sein Charisma zurückzuführen ist oder eine einsetzende Torschlusspanik vor dem Weltuntergang, wird dabei nicht verraten. Allgemein hält man sich bei Die letzten Tage der Menschheit, inspiriert von dem gleichnamigen Roman von Dominique Noguez, nicht lange mit Erklärungen auf. Was es mit dem Virus auf sich hat, wird nie klar. Auch der Krieg und die Attentate finden nur am Rande statt. In dem Zusammenhang ist zudem bemerkenswert, wie wenig sich die Menschen dafür zu interessieren scheinen. Wo andere Endzeitfilme das Mittel der Panik sehr ausführlich einsetzen, nimmt man das hier mit einem Schulterzucken in Kauf. Nur weil die Welt untergeht, heißt das schließlich nicht, dass man nicht noch schön essen gehen oder eine Oper besuchen könnte!

Surreal, satirisch, schön

Auch das trägt dazu beim dass Die letzten Tage der Menschheit kein typischer Vertreter seines Genres ist, sofern man den Film überhaupt dazu zählen mag. Hier ist alles anders, ein wenig seltsam. Streckenweise wird es sogar richtig surreal. Für das typische Publikum solcher apokalyptischen Geschichten ist der Genremix, der auf dem Locarno Film Festival 2009 Weltpremiere hatte, daher kaum geeignet. Es gibt kaum Actionszenen und noch weniger Spannung. Eine Atmosphäre der Bedrohung entsteht nun einmal nicht, wenn sich die Figuren nicht daran beteiligen. Doch eben das macht diesen Sonderling auch so interessant. Hier werden unentwegt Erwartungen unterwandert, es kommt zu einem Wechsel von ganz banalen, dann wieder völlig überzogenen Szenen, die sich nie zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Das muss man natürlich nicht mögen. Im Meer ewiger gleicher Endzeitperspektiven ist diese zum Teil auch satirische Fassung aber so eigenwillig, dass sich das Einschalten lohnt, zumal das Publikum mit zum Teil wunderbaren Bildern belohnt wird, für die man gern noch ein bisschen weiterlebt.

Credits

OT: „Les derniers jours du monde“
IT: „Happy End“
Land: Frankreich, Spanien
Jahr: 2009
Regie: Arnaud Larrieu, Jean-Marie Larrieu
Drehbuch: Arnaud Larrieu, Jean-Marie Larrieu
Vorlage: Dominique Noguez
Musik: Léo Ferré
Kamera: Thierry Arbogast
Besetzung: Mathieu Amalric, Catherine Frot, Karin Viard, Sergi Lopez, Clotilde Hesme, Omahyra Mota, Manon Beaudoin

Bilder

Trailer

Filmfeste

Locarno Film Festival 2009
Toronto International Film Festival 2009
Sitges 2009

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„Die letzten Tage der Menschheit“ erzählt von einem Endzeitszenario, hält sich aber nicht an die üblichen Vorgaben solcher Filme. Anstatt konsequent Panik zu verbreiten, gibt es hier eine achselzuckende Mischung aus Komödie, Drama, Roadmovie, Liebesfilm und Science-Fiction, bei der vieles nicht erklärt wird. Das schwankt zwischen skurril und surreal, ist dabei für ein offenes Publikum durchaus sehenswert, selbst wenn die eigentliche Zielgruppe leer ausgeht.
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