L’École buissonnière Paul und die Schule des Lebens
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Paul und die Schule des Lebens

Paul und die Schule des Lebens
„Paul und die Schule des Lebens“ // Deutschland-Start: 5. September 2019 (DVD)

Paul (Jean Scandel) ist Waise und lebt schon einige Zeit im Kinderheim. Zunächst eher widerwillig, nimmt Célestine (Valérie Karsenti) ihn schließlich mit zu sich und Borel (Eric Elmosnino). Borel ist gegenüber Paul äußerst skeptisch und traut dem Jungen auch wenig zu. Von Célestine jedoch bekommt er die Freiheit, sich im angrenzenden Wald und der Umgebung aufzuhalten, solange er verspricht sich zu benehmen. Und gleich auf seinem ersten Spaziergang trifft er auf Totoche (François Cluzet), der „Wilderer“, wie ihn Borel abschätzig nennt und vor dem er Paul gewarnt hat. Aber Paul stellt schnell fest, dass Totoche ein überaus liebenswürdiger Kerl ist, von dem er noch jede Menge lernen kann.

Paul und die Schule des Lebens zieht den Zuschauer ab der ersten Minute durch unglaublich schön komponierte Bilder in den Bann. Nachdem Paul aus dem Waisenhaus in seine neue Heimat auf dem Land kommt, entfaltet sich nicht nur vor seinen Augen die Schönheit der französischen Natur. Regisseur Nicolas Vanier, der hier seinen eigenen Roman adaptiert, fährt hier Bilder ähnlich einer Naturdokumentation auf, die mit sehr viel Glanz einem unausweichlich entgegen leuchten. Das macht den Film von Vanier visuell sehr ansprechend, aber irgendwie kommt man sich als Zuschauer doch fast zu verzaubert vor. Als würde der Regisseur von irgendetwas ablenken wollen.

Und wo ist die Geschichte?
Und tatsächlich festigt sich das Gefühl spätestens nach der ersten Hälfte des Films, wenn ein wenig entzaubert von den Bilder, die schwächelnde Geschichte um Paul in den Vordergrund tritt. Denn die wird leider im Verlauf zunehmend vorhersehbar. Im Grunde wäre das zunächst einmal für das Familiendrama nicht sonderlich schlimm, würde Vanier nicht letztendlich  auf eine sehr altbackene Story für den Film zurückgreifen, die ein für alle Beteiligte zufriedenstellendes Ende erzwingt. Paul und die Schule des Lebens kratzt dabei zudem nur an der Charakteroberfläche der beteiligten Figuren, jeder bedient nur einen bestimmten, altbekannten Typus: der gemeine Adoptivvater, der eigentlich liebenswerte Aussteiger, der reiche Onkel mit dem guten Herz oder auch der versnobte Sohn.

Dabei macht es sich Vanier relativ einfach, die Figuren miteinander agieren zu lassen. Die Beziehungen entwickeln sich ohne große Schwierigkeiten und in Folge dessen manchmal zu schnell. Gerade bei Paul und seiner Pflegemutter, sowie ihm und Totoche ist das auffällig und trägt nicht gerade dazu bei, mehr über die menschlichen Beziehungen erfahren zu wollen. Besonders bei der Darstellung von Paul hätte der Regisseur sehr viel mehr Möglichkeiten gehabt. Stattdessen hangelt man sich von einem Moment zum nächsten, während er sich mal das Spurenlesen im Wald, mal das Angeln beibringen lässt.

Dem Jungen kann man das aber tatsächlich am wenigsten Übel nehmen, wenn er wieder mit seinen fragenden Kulleraugen in die Kamera schaut. Auch da trickst der Regisseur mit der Schönheit des Bildes und überspielt seine oberflächlichen Figuren. Dementsprechend hat aber auch ein François Cluzet, bekannt durch Ziemlich beste Freunde, wenig zu tun in seiner Rolle als Totoche, der Paul sprichwörtlich das Leben erklärt. Er ist zwar wieder einmal ein Sympathieträger, aber gute Charakterentwicklung sieht dann doch anders aus.

Zu wenig für einen Film
Insgesamt ist Vaniers Werk daher lediglich ausreichend genug fürs Heimkino um sich ein wenig von Naturbildern berieseln zu lassen, ohne Gefahr zu laufen, sich mit einem schweren Drama auseinander setzten zu müssen. Und selbst das klappt nicht so ganz, wenn sich die erste Hälfte des Films lediglich mit den Ausflügen in den Wald abgibt um später die blassen Charaktere alle irgendwie in der zweite Hälfte unterbringen zu wollen. Schlussendlich hätte man sich dann gewünscht, Paul und Totoche einfach weiter bei den täglichen lehrreichen Streifzügen zugucken können, um selbst auch noch dazuzulernen.



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„Paul und die Schule des Lebens“ besticht vornehmlich durch zauberhafte Bilder. Dabei vergisst der Regisseur aber seine Charaktere, die für ein Familiendrama zu uninteressant, oberflächlich und vorhersehbar geschrieben sind. Für einen leichten Filmabend eignet sich der Film aber trotz alledem.
6
von 10