Okkos Inn
© Hiroko Reijo, Asami, KODANSHA / WAKAOKAMI Project

Okko und ihre Geisterfreunde

Okkos Inn
„Okko und ihre Geisterfreunde“ // Deutschland-Start: 27. August 2019 (Kino) // 6. Februar 2020 (DVD/Blu-ray)

Der kleinen Okko geht es im Moment gar nicht gut. Zwar hat sie selbst den Autounfall unbeschadet überstanden. Doch dabei hat sie ihre beiden Eltern verloren. Nun soll sie bei ihrer Großmutter auf dem Land leben, die eine kleine traditionelle Herberge führt. Aber vielleicht fällt diese Ausgabe ja bald Okko zu? Denn als ihr im Gespräch mit dem besonders nervigen Geisterjungen Uribo das rausrutscht, wird sie gleich beim Wort genommen. Dabei hat sie doch so überhaupt keine Ahnung davon, wie man das macht! Und das ist nur der Anfang einer aufregenden Zeit, ist Uribo doch nicht die einzige seltsame Bekanntschaft, die sie dort macht.

Seit Jahren schon diskutieren Anime-Fans immer mal wieder darüber, wer denn eigentlich das legendäre Studio Ghibli fortführen soll, wenn die beiden Granden Hayao Miyazaki und Isao Takahata nicht mehr sind – umso mehr nach dem Tod des Letzteren. Der naheliegendste Name war hier immer Hiromasa Yonebayashi, der immerhin zwei Filme für das Studio inszeniert hat (Arrietty – Die wundersame Welt der Borger, Erinnerungen an Marnie), bevor er vor zwei Jahren mit Mary und die Blume der Hexen seine erste Regiearbeit abseits des Traditionsstudios umgesetzt hat. Ein eher wenig geläufiger Name ist Kitaro Kosaka. Der hat zwar an einer Reihe von Ghibli-Filmen mitgewirkt, jedoch immer nur im Bereich Animation. Ein eigener Film war ihm nie vergönnt, dafür musste er schon zur Studio-Konkurrenz gehen.

Das Leben nach dem Tod
Nach seinem sehr schönen, wenn auch weniger bekannten Debüt Nasu – Sommer in Andalusien (2003) und der hierzulande unveröffentlichten Fortsetzung des Radrenn-Films folgte letztes Jahr sein drittes längeres Werk. Bei Okko und ihre Geisterfreunde bzw. Okko’s Inn nahm er sich die Kinderbuchreihe von Hiroko Reijo zur Vorlage, die nahezu zeitgleich als Animeserie umgesetzt wurde. Doppelt hält bekanntlich besser. Wobei das Serienformat sicherlich das naheliegender ist, angesichts des Inhalts. Yoshida erzählt in ihren Büchern von einem Mädchen, das sich nach dem Tod der Eltern wieder fangen muss, das auch mit Hilfe von Geistern schafft, irgendwann jedoch ebenfalls zu lernen hat, auf eigenen Beinen zu stehen.

Eine fortlaufende Handlung hat das dann nicht. Zwar kommen immer mehr Figuren hinzu, auch das Verhältnis zwischen den Figuren wird sich entwickeln. So wird der anfangs eher nervige Uribo mit der Zeit zu einem Freund. Ansonsten ist Okko’s Inn aber klassisches Slice of Life. Wir leisten der kleinen Okko, eigentlich Oriko, dabei Gesellschaft, wenn sie ihre ersten Erfahrungen als Gastwirtin sammelt, aber auch während der persönlicheren Momente. Ein wenig gibt der Film dabei auch Einblicke in die japanische Kultur und deren Traditionen. So muss das Mädchen lernen, sich absolut den Wünschen der Gäste zu unterwerfen, selbst wenn diese sich unmöglich aufführen.

Überall ein wenig
Die übernatürlichen Elemente bleiben hingegen harmlos. Dann und wann spielen die Geister ein paar Streiche, ein anderes Fabelwesen neigt dazu, sich kräftig an den Vorräten und Leckereien der Herberge zu bedienen. Unheimlich wird es dabei jedoch nie. Anders als etwa Chihiros Reise ins Zauberland, wo diese Wesen einer anderen Welt durchaus bedrohlich sein können und diverse Abenteuer durchgestanden werden müssen, bleibt Okko’s Inn immer ein freundlicher Film, der das Publikum an die Hand nehmen will. Das ist teils sehr warmherzig, oft eher humorvoll ausgestaltet, manchmal aber auch traurig. Sowohl Okko wie auch die anderen haben ihre Vorgeschichten, die noch nicht wirklich verarbeitet sind.

Das ist alles schön umgesetzt und sehr nett anzusehen: Die Zusammenarbeit der zwei Studios DLE und Madhouse gefällt durch schöne Hintergründe der japanischen Provinz und kindgerechte, komische Designs. Große Spezialeffekte gibt es nicht, dafür ist der Film aber auch zu ruhig: Okko’s Inn, das auf dem Annecy Animationsfilmfest Premiere hatte und anschließend auf diversen anderen Festivals lief, ist ein entspannter Genre-Mix. Mit den großen Ghibli-Vorbildern kann es der Film dabei zwar nicht aufnehmen, dafür ist die Entwicklung formatbedingt zu sprunghaft. Er lässt aber doch darauf hoffen, dass Kosaka in Zukunft noch häufiger Filme drehen wird und sich nicht wieder Jahre Zeit lässt, um sich zurückzumelden. Außerdem macht er Lust auf die Serie, die zwar bislang bei Anime on Demand verfügbar ist, jedoch noch nicht auf Disc erschienen.



(Anzeige)

In „Okko’s Inn“ lernen wir ein kleines Mädchen kennen, das nach dem Tod der Eltern in der alten Herberge der Großmutter anfängt und dabei Unterstützung von Geistern erhält. Trotz der übernatürlichen Komponente ist der Anime stärker am irdischen Alltag ausgerichtet, schwankt dabei zwischen warmherzig, witzig und traurig und ist zudem visuell auch ansprechend umgesetzt. Die Kinderbuchadaption ist jedoch formatbedingt etwas sprunghaft, wenn für die Entwicklung nicht viel Zeit bleibt.
7
von 10