Spell
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Spell (2018)

Spell
„Spell“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Urlaube sind ein schöner Anlass, mal etwas Neues zu sehen und den Alltag hinter sich zu lassen. Das normale Leben zu vergessen. Benny (Barak Hardley) hat gerade einiges auf der Seele, das er gern vergessen würde, und sei es nur für einen Moment: Seine Verlobte Jess (Jackie Tohn) ist tot, ertrunken im Swimming Pool. Und so macht sich der US-amerikanische Comic Illustrator auf den Weg ins ferne Island, um auf andere Gedanken zu kommen. Das klappt anfangs ganz gut, die Leute sind freundlich, er lernt in einer Bar sogar eine hübsche Frau kennen. Schwierig wird es jedoch, als Benny die Medikamente ausgehen und er beim Herumwandern auf der Insel zunehmend seltsame Visionen hat.

Island erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit, die Zahl der Touristen, die der nordischen Insel einen Besuch abstatten, hat in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. Kein Wunder: Die Landschaft ist einmalig, die raue Natur des Vulkangesteins wirkt wie eine andere Welt – zumal trotz der Touristenströme weite Teile der Insel kaum besiedelt sind. Das ist ideal, um der Hektik zu entkommen, mal eine Weile wieder für sich zu sein. Natürlich muss man diese Einsamkeit auch mögen, zumal immer auch die Gefahr herrscht, in diesem abgeschiedenen Niemandsland verloren zu gehen.

Das Rätsel der Einsamkeit
Das machen sich auch Filmemacher zunutze, Island ist immer wieder Schauplatz von Thrillern, bei denen offen bleibt, was nun real, was eingebildet ist. In Rift beispielsweise verbringen zwei Ex-Freunde ihre Zeit in einer Sommerhütte, wo sich eigenartige Dinge zutragen. Und auch I Remember You nutzt eine karge, abgelegene Natur, um Protagonisten wie Publikum mit mysteriösen Vorfällen auf die Folter zu spannen. Das tut Spell auch, das den magischen Aspekt bereits im Titel trägt. Und doch lässt sich der Film deutlich schwieriger einfangen als die obigen Kollegen.

Schon das Genre ist hier ein Fall für sich. Benny arbeitet nicht nur an Comics, er ist auch selbst eine komische Figur. Auch wenn es natürlich nicht besonders nett ist, sich über Menschen lustig zu machen, die unter Zwangsstörungen leiden, der Anblick ist schon sehr grotesk: Der kräftig gebaute Kerl mit dem dicken Bart läuft durch die Gegend und leckt unentwegt irgendwelche Gegenstände an. Weil er es muss. Nach welchen Kriterien er sich die Objekte seiner Schleckerangriffe aussucht, ist hier kaum zu durchschauen. Das macht die Szenen aber umso lustiger, vor allem wenn er dabei von anderen beobachtet wird, die ebenso irritiert sind wie das Publikum vor der Leinwand.

Zwischen allen Genres
Was anfangs nach einer Komödie aussieht mit kleinen Culture-Clash-Elementen – wenn US-Amis reisen und fremde Kulturen kennenlernen, bleibt sowas selten aus –, wird mit der Zeit jedoch immer düsterer. Die Hintergrundgeschichte um seine ertrunkene Verlobte nimmt einen größeren Platz ein, auch in Form von Flashbacks. Und dann wären da noch die eigenartigen Visionen, bei denen nie ganz klar wird, wodurch sie ausgelöst werden. Die fehlenden Medikamente? Die Einsamkeit der Natur? Der nicht verarbeitete Schmerz? Oder ist es doch die eigenartige Tätowierung, die Benny kurz nach seiner Ankunft in Island bekommen hat? Denn irgendwie hängt die ja mit alten Sagen oder so zusammen, genau weiß Benny das selbst nicht.

Der Beitrag vom Filmfest München 2019 verrät das auch nicht wirklich. Mystery darf hier noch Mystery bleiben. Der Thrillerpart, mit dem Spell verkauft wird, hängt dabei stärker mit der unheilvollen Atmosphäre zusammen als mit der Handlung. So richtig viel passiert hier nämlich nicht, über weite Strecken wandert Benny einfach durch die Gegend. Langweilig ist der Film jedoch nicht. Hauptdarsteller Barak Hardley, der auch das Drehbuch schrieb, zeigt in seiner Rolle komödiantisches Talent und macht sich gerne zum Affen. Genauso fühlt er sich aber auch den dramatischeren und dunklen Momenten zu Hause, der Film ist gleichzeitig das Porträt eines trauernden Mannes auf der Suche nach Heilung. Das ist als Mischung vielleicht nicht immer ganz befriedigend, interessant ist dieser etwas andere Trip aber schon. Wer etwas andere Genrebeiträge schätzt, sollte sich das hier bei Gelegenheit einmal anschauen.



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„Spell“ erzählt die Geschichte eines US-Amerikaners, der nach Island fährt, um den Tod seiner Verlobten zu vergessen. Das beginnt als Komödie mit Culture-Clash-Elementen, wird später zu einem Drama, aber auch einem Psychothriller. Die Mischung geht nicht immer ganz auf, trotz fehlender Ereignisse herrscht eine wohlige Spannung – auch dank eines wandlungsfähigen Hauptdarstellers.
6
von 10