High Seas Alta Mar Netflix
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High Seas – Staffel 1

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High Seas Alta Mar Netflix
„High Seas – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 24. Mai 2019 (Netflix)

Es hätte eine schöne ruhige Kreuzfahrt für die beiden Schwestern Carolina (Alejandra Onieva) und Eva (Ivana Baquero) werden sollen, als sie sich auf den Weg von Spanien nach Brasilien machen. Aber noch bevor das Schiff ablegt, kommt es anders: Eine junge Frau (Manuela Vellés) spricht sie an und bittet sie, sie vor ihrem gewalttätigen Mann zu verstecken, der ihr auf den Fersen wäre. Dem können die zwei natürlich nicht tatenlos zusehen und helfen ihr dabei, sich ungesehen an Bord zu schmuggeln. Offensichtlich war dies jedoch nicht genug, denn schon wenig später stürzt der blinde Passagier ins Meer. Ist sie selbst gesprungen? Oder hat doch jemand dabei nachgeholfen? So oder so, die Schwestern sind fest entschlossen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Klassische Krimis sind heutzutage ja eher selten geworden. Da braucht es schon große Explosionen, minutenlange Verfolgungsjagden oder Schusswechsel, um das Publikum ruhigzustellen. Herumlaufen, Leute befragen, Spuren suchen? Das war einmal. Wenn in der neuen Netflix-Serie High Seas nun genau das aber geschieht, dann wirkt das natürlich ein klein wenig altmodisch. Aber das muss ja nicht verkehrt sein, zumal die Geschichte auch in den 1940ern geschieht. Da passen Genre und Dekor doch gut zusammen.

Gefangen mit einem Mörder
Zumindest anfangs sieht es auch so aus, als dürften sich Freunde des gepflegten Schnüffelns auf eine ausgedehnten Trip freuen. Das Szenario erinnert nicht ganz zufällig an die großen Agatha Christie-Klassiker Mord im Orient-Express oder Tod auf dem Nil. Ein luxuriöses Fahrzeug, aus dem es kein Entkommen gibt und wo der Täter zu jeder Zeit wieder zuschlagen kann, dazu unzählige potenzielle Verdächtige: Mehrere tausend Menschen finden auf dem Kreuzfahrtschiff Platz. Das sollte reichen, um acht Folgen lang auf falsche Fährten gelockt zu werden, nur damit am Ende derjenige der Mörder ist, von dem man es nie erwartet hätte.

Nun sind Ramón Campos und Gema R. Neira, die beiden Kreativköpfe hinter High Seas, nicht Agatha Christie. Sie haben auch gar nicht vor, der Queen of Crime Konkurrenz zu machen. Und so schrumpft das potenziell gigantische Verdächtigen-Karussell in Windeseile auf einen ganz kleinen Haufen zusammen. Figuren gibt es natürlich trotz allem einige. Die meisten entstammen aber dem Personal, das man ohnehin kaum auseinanderhalten kann, weil in sie nicht allzu viel Arbeit investiert wurde. Wo in Whodunnits normalerweise mehrere Leute aufeinandertreffen, die alle irgendwie ein Motiv gehabt hätten, da fehlt hier das irgendwie.

Oh nein, ist das schlimm!
Stattdessen setzen Campos und Neira auf zwei andere Elemente, um das Publikum an sich zu binden: überraschende Wendungen und zwischenmenschliches Drama. Leute, die nicht das sind, was sie vorgeben zu sein. Leute, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Dazu dunkle Vorgeschichten, die nach und nach enthüllt werden. Spannend ist das weniger. Weder muss man hier um das Leben der Figuren fürchten, dafür gibt es einfach zu wenige, die wirklich eine Rolle spielen würden. Noch wird der Kriminalfall so sehr am Köcheln gehalten, dass man unbedingt wissen muss, wie es weitergeht. Denn trotz der Wendungen, die wichtigen Punkte werden so früh geklärt, dass High Seas ein bisschen das Ziel verliert. Oder einen Sinn.

Nicht dass das Ganze überhaupt so wahnsinnig viel Sinn ergeben würde. Die Serie macht im Gegenteil vor allem deswegen überhaupt Spaß, weil das alles ein wenig over the top ist. Anders als etwa der zeitgleich gestartete Netflix-Kollege What/If überhebt sich die spanische Produktion dabei aber nicht an den eigenen Ambitionen. Hier wird nichts Relevantes gesagt, soll auch nicht. Stattdessen gibt es edel gekleidete Menschen vor luxuriöser Kulisse, die sich übertrieben verhalten und ein bisschen Seifenoper in das Murder Mystery bringen. Als Krimi ist das weniger befriedigend, zwischenzeitlich langweilt die Geschichte sogar – obwohl sie so übertrieben ist. Aber es hat einen gewissen Glamour-Trash-Charme, dieser etwas billige Schick auf hoher See, wo Realität Sendepause, alles künstlich wirkt hat und man sich für keinen Blödsinn zu schade ist.



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Ein Mord auf hoher See, ein ganzes Kreuzfahrtschiff voller potenzieller Täter: Das verspricht schöne Krimiunterhaltung. Spürnasen haben dennoch wenig zu tun, da das Szenario wenig genutzt wird, für ein klassisches Whodunnit zu wenig mit den Figuren gemacht wird und Lösungen zu früh verraten werden. Stattdessen gibt es übertriebene Wendungen und viel zwischenmenschliches Drama, was immerhin für ein bisschen Glamour-Trash-Charme reicht.
5
von 10