Tea with the Dames
© Credit Mark Johnson

Tea with the Dames

Tea with the Dames
„Tea with the Dames“ // Deutschland-Start: 25. April 2019 (Kino)

Das Konzept klingt jetzt erst einmal nicht so wirklich spannend. Vier Damen im deutlich fortgeschrittenen Alter – die Jahrgänge liegen zwischen 1929 und 1934 – treffen sich zum Teetrinken und werden dabei von einem Kamerateam gefilmt. Warum sollte man so etwas sehen wollen? Als würden wir nicht durch soziale Medien ohnehin schon überflutet mit banalen Alltagsplaudereien, da braucht es nicht unbedingt auch noch Livestreams von Kaffeekränzchen aus dem Seniorenheim. Könnte man denken. Doch das wäre voreilig, denn die vier Damen in Tea with the Dames haben allerhand zu erzählen, weswegen es sich zuzuhören lohnt.

Dabei handelt es sich auch nicht um irgendwelche Rentnerinnen, die von der Straße aufgelesen wurden. Stattdessen stehen vier britische Schauspiellegenden vor der Kamera: Judi Dench (Philomena), Eileen Atkins, Joan Plowright und Maggie Smith (The Lady in the Van). Und wenn diese zum Tee bitten, dann hat man als Film- oder auch Theaterfan keine andere Wahl, als seine Aufwartung zu machen. Denn wie oft im Leben hat man schon die Gelegenheit einer von ihnen zuzuhören, wie sie aus ihrem reichen Leben erzählen? Geschweige denn alle vier?

Zwischen Beruf und Privatleben
Der Dokumentarfilm ist dann auch vollgestopft mit Erzählungen und Anekdoten aus Jahrzehnten auf der Bühne oder am Filmset. Manches davon wird von Archivaufnahmen begleitet oder Filmszenen, welche die Damen im Wandel der Zeit zeigen. Von Auftritten in den 50ern im Theater bis zu späteren Werken ist alles dabei, beispielsweise auch Ausschnitte von Tea with Mussolini, in dem gleich drei der vier Veteraninnen mitspielten. Anderes wird lediglich in Worten wiedergegeben. Zu sagen haben sie so oder jede Menge, das Private und das Berufliche werden hier unentwegt miteinander vermischt – auch weil die Ehen der vier gerne mal in ihrem beruflichen Umfeld geschlossen wurden.

Am spannendsten ist Tea with the Dames dann auch für Zuschauer, die sich in den Bereichen Theater und Kino auskennen, am besten sogar mit den vier Protagonistinnen bereits vertraut sind. Denn wenn das Quartett in Erinnerungen schwelgt, wird es für Außenstehende manchmal schwierig, ohne Vorkenntnisse zu folgen. Wer die vier sind, was sie erreicht und geleistet haben, das wird zu keiner Zeit gesagt. Auch wer mit wem verheiratet war, wird stillschweigend als bekannt vorausgesetzt, der Film gibt sich keine Mühe, erläuternde Informationen einzubauen.

Und wer genau seid ihr?
Wer mit dem Film liebäugelt, um auf diese Weise mehr über die Karrieren der schauspielerischen Urgesteine zu erfahren, der wird enttäuscht, muss das auf anderen Wegen nachholen. Wenn überhaupt bietet der Dokumentarfilm Einblicke hinter die Kulissen, spricht über das, was eben nicht in Wikipedia-Einträgen nachzulesen ist. Wie war das eigentlich vor ein paar Jahrzehnten, als Frau im Theaterbetrieb Fuß fassen zu wollen? Wie gestaltete sich das Leben an der Seite von Laurence Olivier, mit dem Joan Plowright verheiratet war? Und wie kamen sie dann zum Film?

Es sind dann auch diese persönlichen Momente, die Tea with the Dames auszeichnen – vor allem, weil die Runde untereinander sehr vertraut ist und kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie begegnen einander mit sehr viel Selbstironie, wenn über die Gebrechen des Alters gesprochen wird, über körperliche Attribute oder einen Konkurrenzkampf um die besten Rollen. Die vier mögen bereits in ihren 80ern sein und ohne Hörgerät wenig verstehen, selbst mit ist das manchmal schwierig. Doch hinter den vom Leben gezeichneten Gesichtern stecken vier Geister, die so wach sind wie eh und je, die mit viel Charme und Witz aus dem Nähkästchen plaudern, teilweise mit erstaunlich Biss auch, und die Zeitreisen wie im Flug vergehen lassen.



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Wenn in „Tea with the Dames“ vier britische Schauspiellegenden aus ihrem Leben erzählen, dann setzt das zwar einiges an Vorkenntnissen voraus, wer das Quartett nicht kennt, wird vieles nicht einordnen können. Doch der Witz und Charme der betagten Künstlerinnen machen das an und für sich banale Kaffeekränzchen zu einer spannenden Zeitreise.