RBG

RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit

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„RBG“ // Deutschland-Start: 13. Dezember 2018 (Kino)

Es ist ja immer so eine Mischung aus Befremden und Amüsement, mit der man den US-amerikanischen Politzirkus so beobachtet. Während es hierzulande schon so etwas wie die Flüchtlingskrise braucht, damit Politik mal mit Emotionen verbunden ist, da gehört jenseits des großen Teiches die große Show zum Geschäft. Ob es nun Trump ist, der als ehemaliger Reality-TV-Star das ganze Leben als seine Bühne betrachtet, oder Obama und Beto als Publikumsmagneten auf der Gegenseite, der politische Auftritt wird oft auf Persönlichkeiten reduziert.

Und doch ist der Fall von Ruth Bader Ginsburg einzigartig. Anders als die obigen Galionsfiguren legte sie es gar nicht darauf an, von den Leuten bewundert zu werden. Als Richterin musste sie das auch nicht, ihr kam es darauf an, für Recht zu sorgen bzw. Minderheiten zu ihrem Recht zu verhelfen. Vor allem die Unterdrückung von Frauen war ihr immer eine Herzensangelegenheit. Da spielte es keine Rolle, ob die schlechte Bezahlung auf der Agenda stand oder die in den USA heftig umstrittene Frage zum Recht auf Abtreibung – siehe auch die Doku Selbstbestimmung ./. Politik – Abtreibung in den USA.

Gemeinsam stark
Dabei hatte es Ginsburg selbst noch vergleichsweise gut. Als Joan Ruth Bader geboren wurde sie schon früh von ihrer Mutter ermuntert, zu lernen und möglichst viel Wissen anzueignen. Das war in den 1940ern keine Selbstverständlichkeit, ebenso wenig dass sie von ihrem Mann Martin Ginsburg so unterstützt wurde, dass sie arbeiten konnte, während er seine eigenen Ambitionen hinten anstellte. Genauer war es sogar die große Intelligenz der kleingewachsenen Frau, ihr Scharfsinn, der ihn anzog und weswegen er bis zu seinem Tod 2010 bei ihr blieb.

Das sind auch die beiden Themen, welche die Regisseurinnen Betsy West und Julie Cohen in ihrem Dokumentarfilm in den Vordergrund stellen. RBG, das auf dem Sundance Film Festival 2018 Premiere feierte, verbindet Einblicke in das Privatleben von Ginsburg mit ihrem fortlaufenden Kampf gegen Unterdrückung. Letzterer ließ sie zu einem Idol für zahlreiche Menschen werden, gerade auch Junge. Sogar zu einer Kultfigur wurde sie mit der Zeit: The Notorious RBG lautet einer ihrer bekanntesten Spitznamen, angelehnt an den verstorbenen Rapper The Notorious BIG.

Ein Kult für alle Fälle
Inzwischen ziert ihr Konterfei T-Shirts und Buttons, manch ein Bewunderer soll sich sogar eine passende Tätowierung zugelegt haben. Beachtlich ist das auch deshalb, weil Ginsburg eben keine Selbstdarstellerin ist, das Scheinwerferlicht ihr immer fremd ist. Und das obwohl sie dieses mittlerweile gewohnt ist: 85 Jahre ist sie inzwischen und wird doch regelmäßig vor die Kamera gebeten, vielleicht auch auf das Podium, um mit den Leuten zu sprechen. Und das tat sie, mit fast allen, selbst dem politischen Gegner – eine größere Passage ist ihrer ungewöhnlichen Freundschaft zu Antonin Scalia gewidmet, einem erzkonservativen Richter, der wie sie am Obersten Gerichtshof der USA war.

Lediglich ihre offene Kritik an Donald Trump, noch vor dessen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2016, sorgte für Irritationen. Doch machte sie das auch menschlich, so wie RBG allgemein versucht, den Menschen hinter der Robe zu finden. Das gelingt dem Dokumentarfilm ganz gut, dank zahlreicher persönlicher Anekdoten, welche die Regisseurinnen einbauen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Richterin findet jedoch nicht statt: Der Film huldigt dieser zierlichen und doch sehr toughen Frau als Vorreiterin und Ikone, ist zu eindeutig Heldenverehrung. Andererseits ist es schwierig, angesichts der bedeutenden Leistungen und jahrzehntelangen Kämpfe nicht selbst Fahnen schwingend danebenzustehen und Ginsburg anzufeuern.



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„RBG“ zeichnet den Lebensweg von Ruth Bader Ginsburg nach, redet gleichermaßen über persönliche wie berufliche Elemente. Ein großer Teil der Dokumentation ist ihrem Kampf für Frauenrechte und Minderheiten gewidmet, was sie zu einem Idol und sogar einer Kultfigur machte. Der Film selbst befeuert diesen Mythos noch, huldigt der Frau und ihren Verdiensten, anstatt sich inhaltlich mit ihren Positionen auseinanderzusetzen.