I Can Only Imagine
© KSM

I Can Only Imagine

I Can Only Imagine
„I Can Only Imagine“ // Deutschland-Start: 27. September 2018 (Kino)

So richtig toll ist das Leben von Bart Millard (Brody Rose) ja nicht. Zumindest nicht sein Leben zu Hause. Immer wieder gerät er mit seinem gewalttätigen Vater (Dennis Quaid) aneinander, der ihm und seiner Mutter schwer zusetzt. Als die es nicht länger aushält und davonläuft, hat sich die Sache mit dem Familienfrieden ohnehin erledigt. Halt findet Bart in seinem Glauben zu Gott, aber auch in der Musik. Dabei war das gar nicht so geplant. Erst als ein Unfall den inzwischen zum jungen Mann herangereiften Bart (J. Michael Finley) zwingt, den Sport aufzugeben und sich an der Musik zu versuchen, findet er seine neue Berufung. Sein Vater ist von diesem Sinneswandel jedoch wenig angetan, hält so gar nichts von den Träumereien seines Sohnes.

Auch wenn das hiesige Kino stark von dem aus Hollywood beeinflusst wird, die Kinocharts oft von dessen Importen dominiert sind, ein paar Unterschiede in den jeweiligen nationalen Geschmäckern gibt es dann schon. Einer davon betrifft die christlich motivierten Filme. Während in den USA immer mal wieder welche ihren Weg in die Top 10 finden, tut man sich im deutlich säkularisierteren Europa doch schwer mit Werken, die offensichtlich Propaganda für den Glauben betreiben. Die wenigsten der Filme kommen dann auch hierzulande auf den Markt, ganz zu schweigen in die Kinos.

Ein sicherer Hit?
I Can Only Imagine ist eine dieser seltenen Ausnahmen. Dass es ausgerechnet diesem Film vergönnt ist, über große Leinwände zu laufen, ist einerseits verständlich, gleichzeitig aber auch ziemlich verwunderlich. Verständlich deshalb, weil das Drama in den USA ein echter Hit war. 85 Millionen Dollar hat das Werk bislang eingespielt, was bei einem Budget von gerade mal 7 Millionen Dollar jede Menge Kohle in die Kirchenkasse spülte. Oder wohin auch immer die Einnahmen so gewandert sind. Zudem erzählen die Regie-Brüder Andrew und Jon Erwin hier keine fantastisch angehauchte Story, sondern liefern ein Biopic ab – das ist einem Nicht-Zielpublikum leichter zu verkaufen.

Problematisch bei dem Gedanken ist jedoch eins: Während Bart Miller und seine Band MercyMe in den USA echte Stars sind, das titelgebende Lied dort 2,5 Millionen Mal verkauft wurde, dürften nur wenige hierzulande die Christen-Rocker kennen oder mögen. Kann ein Künstlerporträt funktionieren, dessen Vorlage man nicht kennt? Gibt es dafür wirklich einen Markt? Das wird sich erst noch herausstellen, denn der Zweifel zum Trotz ist das in I Can Only Imagine vorgestellte Schicksal eines, das auch völlig losgelöst vom christlichen Glauben oder der Musik Identifikationsfläche bietet.

Universelle Geschichte, wenig subtiler Film
Man muss dafür nicht aus einem kaputten Familienhaushalt kommen, muss nicht als Kind grün und blau geprügelt worden sein. Es reicht, dass es die üblichen Konflikte gab zwischen Eltern und Kind. Zwischen Erwachsenen, die ihren Nachwuchs in eine bestimmte Richtung drängen wollten, die dieser gar nicht wollte. Die typischen Konflikte also auf dem Weg zur Selbstfindung. Zudem darf hier auch noch ein bisschen Erlösungsthematik eingespielt werden: Ein Mann, verbittert von eigenen Fehlschlägen erkennt auf den letzten Metern seine Missetaten, bereut, am Ende sind alle glücklich. Also wie in Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte. Nur eben ohne Weihnachten.

Das ist schön und gut, dürfte den einen oder anderen auch rühren. Schließlich tun die Erwins alles dafür, was nötig ist. Und sie tun noch sehr viel mehr. Ob sie nun furchtbar dramatische Musik einspielen, damit das Publikum auf keinen Fall verpasst, was Sache ist, oder Bilder zweimal, dreimal, fünfmal verwendet werden, um sich ins Gedächtnis zu brennen – I Can Only Imagine ist so heillos übertrieben und dick aufgetragen, dass es einem den Atem verschlägt. Und auch Dennis Quaid trägt maßgeblich dazu bei, wenn man sich zuweilen fragt: Ist das hier noch ernst gemeint oder schon eine Parodie darauf? Wie zuletzt in Kin zeigt er in seiner Rolle als griesgrämiger Tyrann kein Gespür für Verhältnismäßigkeit oder vielleicht auch schlicht kein Interesse, sein Overacting macht die letzte Chance zunichte, tatsächlich etwas zu empfinden. Auch dafür gibt es natürlich ein Publikum, in den USA mag man es zuweilen ja etwas gröber. Das hiesige Kino wäre ohne den Film aber sich nicht ärmer gewesen.



(Anzeige)

Musik von und für Gottes Kinder: „I Can Only Imagine“ erzählt den Hintergrund eines der in den USA erfolgreichsten christlichen Lieder aller Zeiten. Die Geschichte ist dabei jedoch so universell gehalten, dass auch Nicht-Kenner und Nicht-Gläubige etwas damit anfangen können. Ein tatsächliches Manko ist, dass das Biopic aber dermaßen dick aufgetragen ist, dass man es kaum mehr ernst nehmen kann.
3
von 10