Die Haut des Wolfes
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Die Haut des Wolfes

„Bajo la piel de lobo“, Spanien, 2017
Regie: Samu Fuentes; Drehbuch: Samu Fuentes; Musik: Paloma Peñarrubia
DarstellerMario Casas, Ruth Díaz, Irene Escolar

Die Haut des Wolfes
„Die Haut des Wolfes“ ist seit 6. Juli 2018 auf Netflix verfügbar

Menschen? Die braucht Martin (Mario Casas), der Ende des 19. Jahrhunderts in den Bergwäldern Spaniens lebt, nicht unbedingt. Er lebt im Einklang mit der Natur, mit den Tieren, die er jagt. Und doch, so ganz alleine will auch er nicht sein. Also besucht er das nahegelegene Dorf, mit einem Bündel von Fellen, die er erlegt hat. Von diesen kauft er sich eine junge Frau, die fortan mit ihm in seiner abgelegenen Hütte leben soll. Doch das ist einfacher gesagt denn getan, nicht jeder ist für die Abgeschiedenheit gemacht – umso mehr, da Martin oft unterwegs ist und nicht allzu viel Wert auf Gemeinsamkeit legt.

Offensichtlich sind gerade bei Netflix Themenwochen Wald und Jagd angesagt. Nachdem letzte Woche Calibre – Weidmannsunheil die Vorhut übernahm, folgten diese Woche gleich zwei weitere Eigenproduktionen, in denen Männer in der Wildnis mit Gewehren bewaffnet auf die Jagd gehen. Bemerkenswert dabei ist, wie sehr sich die drei Filmen unterschieden: Während der obige Titel im Psyhothrillerbereich herumwildert, versuchte sich Das Vermächtnis des Weißwedelhirschjägers erfolglos an Komik. Die Haut des Wolfes wiederum ist ein Drama, das von Einsamkeit und Rauheit handelt.

Die Stille der Gewalt
Dabei ist der Film für eine Netflix-Produktion erstaunlich karg und schwer zugänglich. Wo die Amerikaner sonst ganz gern auf massentaugliche Berieselung setzen, die man ganz gut nebenher laufen lassen kann, ist Die Haut des Wolfes dafür denkbar schlecht geeignet. Die Handlung ist sehr spartanisch, die Dialoge ebenfalls. Gesprochen wird in der Einsamkeit des spanischen Bergwaldes kaum, selbst als Martin die gewünschte Begleiterin mit nach Hause bringt. Dafür gibt es jede Menge Grunzgeräusche, unterbrochen von einem gelegentlichen Stöhnen, wenn der Jäger mit dem Einfühlungsvermögen eines Steines in seine Frau eindringt. Was er recht oft macht, dafür hat er sie ja.

Es ist eindrucksvoll, was Mario Casas aus dieser doch eher limitierten Rolle herausholt. Der spanische Schauspieler bringt ja von Haus aus eher die Qualitäten für typische Mädchenschwarmfiguren mit, die er in Filmen wie Drei Meter über dem Himmel auch gewinnbringend einzusetzen wusste. Und doch findet er sich immer wieder in Genrebeiträgen wieder, geht in Meine große Nacht selbstironisch mit seinem Schönlingsimage um oder wagt sich in Kings of the City oder Der unsichtbare Gast auch an moralisch verkommene Protagonisten. In Die Haut des Wolfes setzt er dem noch eines drauf, wenn er seinen muskelgepackten Körper hinter dicken Fellen versteckt, das Gesicht hinter einem wenig attraktiven Zottelbart.

Langsam, unattraktiv und doch sehenswert
Anziehend ist der von ihm verkörperte Jäger dadurch nicht, gerade auch in Kombination mit seiner gewaltsamen Abfertigung seiner Frau, die für ihn nie zu einem Individuum wird. Von einem gleichberechtigten Individuum ganz zu schweigen. Aber es geht eben auch eine Faszination von ihm aus, wenn er ungeniert seinen animalischen Trieben nachgibt. Eine Urgewalt, die sich einfach nimmt, was sie will. Das ist oft abstoßend, gleichzeitig aber auch fesselnd, der intensive Auftritt von Casas lässt einen fast vergessen, dass in Die Haut des Wolfes nur sehr wenig geschieht, die ohnehin schon sparsame Geschichte mit dem Tempo der Jahreszeiten voranschleicht.

Glücklicherweise verzichtet der Film auch größtenteils auf Musik, was die raue Kraft und die Unmittelbarkeit der Ereignisse noch verstärkt. Die wenigen Momente, wenn im Hintergrund doch noch dramatischere Töne erklingen, sind eher selten und wenn auch ansprechend genug umgesetzt, dass sie nicht weiter stören. Das Augenmerk liegt aber ohnehin auf den Bildern. Denn die haben es in sich: Die Haut des Wolfes zeigt eine Natur, die idyllisch, aber nicht geschönt ist, die einen den Wind und die Sonne ebenso spüren lässt wie den Dreck. Als Urlaubsvideo ist das zwar weniger geeignet, so wie das Drama allgemein alles andere als gefällig ist. Aber die Arthouse-Anmutungen stehen ihm gut, die Geschichte um einen rücksichtslosen Jäger ist sehenswert, sofern man sich auf diese Art Nichtereignis einlassen kann.



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Ein Jäger in der Einöde eines spanischen Bergwaldes will Ende des 19. Jahrhunderts endlich eine Frau an seiner Seite haben, das verspricht eigentlich jede Menge Romantik. In „Die Haut des Wolfes“ ist davon aber nur wenig zu spüren. Tatsächlich zeichnet sich das sehr raue spanische Drama durch die grobe, auf faszinierende Weise abstoßende Art des Protagonisten aus, welche zusammen mit den erdigen Naturaufnahmen den Film sehenswert machen, auch wenn so gut wie nicht gehandelt oder gesprochen wird.
7
von 10