Super Dark Times
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Super Dark Times

(„Super Dark Times“, Regie: Kevin Phillips, USA, 2017)

Super Dark Times
„Super Dark Times“ läuft im Rahmen des 31. Fantasy Filmfests (6. September bis 1. Oktober 2017) und erscheint am 17. November 2017 auf DVD und Blu-ray

Beste Freunde sind sie, geradezu unzertrennlich. Wo auch immer Zach (Owen Campbell) auftaucht, da ist auch Josh (Charlie Tahan) – und umgekehrt. Sie gehen zusammen zur Schule, verbringen ihre langweiligen Nachmittage in dem New Yorker Vorort damit, nicht wirklich etwas zu tun, und träumen davon, der süßen Allison (Elizabeth Cappuccino) irgendwie näherzukommen. Stattdessen sind es aber zwei Jungs, die sich ihnen an die Fersen heften: Daryl (Max Talisman) und Charlie (Sawyer Barth). Die gemeinsame Zeit ist tatsächlich aufregend, wenn auch auf eine weniger schöne Weise: Die vier bekommen sich mächtig in die Haare, als sie den Kram von Joshs älterem Bruder durchwühlen. Als dieser Streit eskaliert, ändert sich für die vier alles, selbst die Freundschaft zwischen Zach und Josh wird auf eine harte Probe gestellt.

Die Zeit als Jugendlicher kann ein absoluter Alptraum sein: Ständig muss man sich in der Schule mit Dingen befassen, die kein Mensch interessiert, alles ist irgendwie doof, schwierig, der Körper bekommt seinen eigenen Kopf, von dem aufregenden Mist, der die erste große Liebe ist, ganz zu schweigen. Aber selten war der Alptraum wohl derart wörtlich zu verstehen wie bei Super Dark Times. Ein Hirsch, der aus unbekannten Gründen durch das Fenster einer Schule brach, eröffnet den Film und gibt damit die düstere Stimmung vor, die uns hundert Minuten lang begleiten wird. Gesprochen wird nicht während der ersten Momente, keiner weiß so recht, wie er mit der Situation umzugehen hat.

Zwei Jungs wie aus dem Schulbuch
Das wird später ganz ähnlich sein, auch wenn der Film erst einmal sehr harmlos tut. Zach und Josh stellen sich dem Publikum vor, indem sie durchs Jahrbuch der Schule blättern, überlegen, wer von den Mädels am hübschesten ist und wer an welchem Ort es wem besorgen würde. Peinlich? Oh ja. Aber eben auch typisch für Jungs in dem Alter, die das erste Mal so richtig in den Hormonstrudel eintauchen dürfen.

Allgemein zeigen Kevin Phillips, der hier sein Spielfilmdebüt als Regisseur gibt, sowie seine beiden Drehbuchautoren ein geradezu unheimliches Gespür für die authentische Darstellung von Jugendlichen. Auch wenn die Rollen eher klar verteilt sind – Zach ist der nette Junge, Josh der Nerd – hat man bei den beiden nie den Eindruck, eine bloße Drehbuchkreation vor sich zu haben. Die Art und Weise, wie sie miteinander reden, gern cooler wären, als sie sind, im entscheidenden Moment dann aber doch versagen, das macht sie auf eine sehr sympathische Weise menschlich. Auf den Punkt gespielt von den Nachwuchsdarstellern, absolut authentisch, ist Super Dark Times über weite Strecken ein Musterbeispiel für einen Coming-of-Age-Film.

Alles schön … außer wenn es das nicht ist
Wäre da nur nicht die Anfangssequenz. Wäre da nicht der tragische Zwischenfall, der für die Jungs alles auf den Kopf stellen soll. Den Vergleich mit Stand by Me wird der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2017 kaum vermeiden können. Er muss ihn aber auch nicht fürchten: Wo die Verfilmung der Stephen-King-Geschichte auch mit der nostalgischen Erinnerung an die 50er spielte, sind es hier die 90er, die den Background der Geschichte liefern. Passender Soundtrack inklusive: Die alternativ angehauchte Musik, welche damals den Mainstream erreichte, unterstreicht das Gefühl, es hier mit Jungs zu tun zu haben, die nicht so ganz in das alles hineinpassen. Keine Außenseiter, nicht wirklich. Aber eben auch niemand, der die Welt im Sturm erobert.

Es ist dann fast schon schade, wenn Super Dark Times sich später von den Coming-of-Age-Elementen löst, um stärker in den Genrebereich hinüberzuschreiten. Das latente Gefühl der Bedrohung intensiviert sich, die karg-frostige Landschaft wird zunehmend Austragungsort surreal angehauchter Paranoia. Streckenweise ist das spannend, zumal auch da die Figuren im Mittelpunkt bleiben. Die Geschichte einer auseinanderbrechenden Freundschaft, sie hätte die Horroranleihen aber gar nicht gebraucht. Denn auch das gehört zum Aufwachsen dazu, das Verändern, das Auseinanderdriften, die Erkenntnis, dass nicht auf dieser Welt tatsächlich Bestand hat. So sehr man das auch als junger Mensch noch glauben mag. Aber auch wenn die zweite Hälfte des Films nicht an die erste heranreicht, sie ein wenig unkonzentriert umherirrt, so ist das Werk insgesamt doch ein schöner Indie-Tipp, den sich Freunde von Dark Dramas nicht entgehen lassen sollten.



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„Super Dark Times“ ist eine seltsame, aber sehr empfehlenswerte Mischung aus einem Coming-of-Age-Drama und einem Paranoiathriller. Die talentierten Jungschauspieler, die starke Atmosphäre und die bemerkenswert sichere Inszenierung machen aus dem düsteren 90er-Jahre-Film einen echten Geheimtipp.
8
von 10