Herberge zum Drachentor Dragon Inn
© Taiwan Film Institut/ Rapid Eye Movies

Die Herberge zum Drachentor

(OT: „Lóng Mén Kè Zhàn“, Regie: King Hu, Taiwan, 1967)

Dragon Inn
„Dragon Inn“ läuft ab 17. August 2017 im Kino

Mit der Ermordung seines Widersachers General Yu ist Zhao (Ying Bai) ein echter Coup gelungen. Doch der Obereunuch am Hofe des Kaisers will noch mehr als das: Auch die beiden Kinder Yus sollen aus dem Weg geräumt werden. Denn während diese offiziell nur verbannt sind, plant Zhao im Geheimen die Ermordung der zwei in einer abgelegenen Herberge. Eine einfache Aufgabe für die Geheimpolizei, hat diese doch dafür gesorgt, dass außer ihr niemand in der Herberge ist. Was Zhao dabei nicht ahnt: Der Wirt Wu Ning (Chien Tsao) war selbst ein Gefolgsmann von Yu. Und auch die drei so harmlos wirkenden Reisenden (Chun Shih, Han Hsieh, Lingfeng Shangguan) haben ihre Gründe, warum sie plötzlich dort auftauchen.

In den letzten Jahren hat der Nachschub an Martial-Arts-Filmen bedauerlicherweise stark nachgelassen. Vor allem der Wuxia-Bereich, oftmals fantastisch angehauchte Abenteuer vor historischer Kulisse, ist inzwischen völlig verwaist. Insofern dürfte es für Fans dieser fernöstlichen Filmkunst immerhin ein kleiner Trost sein, dass dieser Tage mit Die Herberge zum Drachentor und Ein Hauch von Zen zwei absolute Klassiker des Genres digitalisiert zurück in die deutschen Kinos kommen – unter den internationalen Titeln Dragon Inn und A Touch of Zen.

Ein Klassiker, trotz simpler Geschichte
Die Herberge zum Drachentor mag dabei der schwächere Film sein, dafür ist er mit einer Laufzeit von unter zwei Stunden der bekömmlichere. Und auch der einflussreichere. Bis heute nehmen immer mal wieder Werke auf das taiwanesische Urgestein Bezug, 2011 gab es mit Flying Swords of Dragon Gate sogar mal wieder eine Neuauflage. Die Geschichte ist also bekannt, war aber schon anno 1967 nicht allzu komplex. Es gibt auf der einen Seite die bösen Männer des Eunuchen, der die zwei Kinder ermorden will. Auf der anderen Seite warten die guten, die das verhindern wollen. Sehr viel mehr erfahren wir nicht über die Charaktere, sehr viel mehr gibt es aber auch nicht zu sagen.

Die Handlung selbst ist auch eher simpel gestrickt. Der Film beginnt gleich in der Herberge, wird diese auch kaum mehr verlassen. Es ist nicht einmal so, dass die Auseinandersetzungen der beiden Seiten wirklich variantenreich wären: Regelmäßig versuchen die Schergen die Helden zu töten, ebenso regelmäßig scheitern sie daran. Mit einer geradezu übermenschlichen Reaktionszeit meistern die Beschützer jede Gefahr, mal durch reine Körperlichkeit, mal durch Geist und Witz. Langweilig eigentlich.

Bedrohliche Stimmung … bis es knallt
Und doch ist Die Herberge zum Drachentor eben nicht langweilig. Gerade auch weil das Setting so begrenzt ist, sich beide Seiten auf so engem Raum gegenüberstehen, wird dadurch eine beklemmende Stimmung aufgebaut. Und Spannung. Dass es nicht lange bei dem bedrohlichen Knistern bleibt, wenn sich Freund und Feind Wein und Nudelsuppe teilen, ist klar. Aber wann daraus mehr wird, wann die psychologischen Duelle zu handfesten werden, das ist kaum abzusehen. Der Eastern ist Kammerspiel und Martial Arts in einem.

Die Kampfszenen selbst sind natürlich ein Relikt ihrer Zeit sowie des geringen Budgets. Ihnen fehlt die starke Körperlichkeit späterer Hongkong-Kracher, aber auch die filigrane Artistik etwa von Tiger & Dragon. Ausgeglichen wird dies, so zumindest der Plan, durch übertriebene Mimik der Beteiligten und diverse komische Soundeffekte. Im starken Kontrast hierzu ist der Soundtrack, der mal klassisch fernöstliche Klänge verwendet, dann wiederum eine Musik, wie man sie eher in einem Science-Fiction-Film vermuten würde. Trotz seines Klassikerstatus: Nicht alle werden heute mit Die Herberge zum Drachentor noch glücklich werden, dafür ist einiges dann doch zu over the top – da werden Pfeile mitten in der Luft gefangen. Hinzu kommt, dass man den einzelnen Schwerthieben oft nicht abnimmt, dass sie wirklich jemanden treffen, was auch damit zusammenhängt, dass fast völlig auf Kunstblut verzichtet wurde. Dafür gibt es drumherum mehr als genug zu sehen, gerade die kargen Landschaften und die düstere Herberge verbreiten beste Westernstimmung. Beides noch mal auf der großen Leinwand sehen zu dürfen, ist daher schon ein kleines Geschenk, zu dem man als Fan nicht Nein sagen wollte.



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Die Geschichte um einen Hinterhalt in einer abgelegenen Herberge ist ebenso bekannt wie simpel. Dennoch schafft es „Die Herberge zum Drachentor“, auch durch das begrenzte Setting, erstaunlich viel Spannung zu erzeugen. Während die Kampfszenen teils ein bisschen zu over the top sind, gefallen die Außen- wie Innenaufnahmen auch heute noch.
6
von 10