Dog Eat Dog
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(„Dog Eat Dog“ directed by Paul Schrader, 2016)

Dog Eat Dog
„Dog Eat Dog“ ist seit 20. Februar 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Im Alter noch mal ganz neu anfangen? Das ist für niemanden wirklich einfach. Vor allem, wenn deine bisherige Laufbahn eine kriminelle war. Mehr schlecht als recht halten sich dann auch die drei Ex-Sträflinge Troy (Nicolas Cage), Mad Dog (Willem Dafoe) und Diesel (Christopher Matthew Cook) über Wasser. Blödes Dilemma: Für eine wirklich ehrliche Arbeit sind sie nicht geschaffen. Wenn sie aber weiter Verbrechen begehen, riskieren sie, gegen ihre Bewährungsauflagen zu verstoßen. Ein letztes großes Ding wollen sie deshalb drehen und sich mit dem Zaster einen schönen Lebensabend machen. Und eigentlich hatte sich die Entführung des einjährigen Sohnes eines Mafia-Bosses auch recht einfach angehört. Bis diese schief geht. So richtig schief.

Wenn gestandene Gangster noch ein letztes Mal richtig absahnen wollen, dann weiß man als Zuschauer eigentlich schon vorher, dass das daneben gehen muss. Und wenn Paul Schrader einen Film dreht, leider auch. Das mag mal an sich einmischenden Produzenten gelegen haben, wie er bei Dying of the Light öffentlich bekannt gab. Oder im Fall von The Canyons daran, dass von Anfang an nichts gestimmt hat. Wenn sich der amerikanische Regieveteran dann noch mit Nicolas Cage zusammentut, der in den letzten Jahren höchstens zufällig mal einen guten Film gedreht hat (Joe – Die Rache ist sein), dann ist es fast schon unmöglich, die niedrigen Erwartungen noch zu unterbieten.

Alles kann, nichts muss
Glücklicherweise tut Dog Eat Dog das auch nicht. Das liegt jedoch weniger daran, dass der Beitrag der Fantasy Filmfest White Nights 2017 so gut ist. Vielmehr weiß man hier nicht so recht, was der Film überhaupt sein sollte. Mit einem ebenso grausigen wie sinnlosen Mord beginnt der Wahnsinnstrip der drei Verbrecher. Und er gleicht auch einem Trip: Da wird mal mit Splitscreens experimentiert, alles in Pink getaucht, nur um später doch auch mal klassischer Noir-Thriller sein zu wollen. Oder auch nicht. Mit vielen Neulingen soll Schrader hier hinter der Kamera zusammengearbeitet haben. Vielleicht aus Protest nach seinen letzten Erfahrungen. So oder so nahm sein Team den Freibrief dankend an, warf stilistisch und inhaltlich alles zusammen, was ihnen gerade einfiel, ohne sich um das Ergebnis Sorgen zu machen.

Das ist auf eine gewisse Weise auch faszinierend. Eben weil bei der Adaption von Edward Bunkers gleichnamigen Roman nichts zusammenpasst. Weil es keine klare Linie gibt. So wahnsinnig und unberechenbar die verkorksten Figuren in Dog Eat Dog sind, so wahnsinnig und unberechenbar ist auch der Film selbst. Handlungsfäden verlaufen im Nichts, Figuren wechseln mittendrin ihr Verhalten. Auch der Ton der Erzählung ist wenig konstant, will komisch und abgründig zugleich sein. Als Experiment mag man das noch gut finden. Nur: So richtig unterhaltsam ist das Ergebnis nicht. Unsympathische Menschen richten ein Chaos und Blutbad an. Und keinen interessiert es. Nicht einmal sie selbst. Genüssliches Overacting trifft auf Desinteresse, am Ende sind sie alle tot. Vielleicht auch nicht. Das ist angesichts der tendenziell nihilistischen Ausrichtung – aller grellen Übertreibungen zum Trotz – nicht ganz unpassend. Nur ist die Leere am Ende so dominant, dass alles in ihr verschwindet: Spannung, Spaß und Spiel.



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„Dog Eat Dog“ genießt es sichtlich, einfach alles mal auszuprobieren, stilistisch und erzählerisch alle möglichen Wege einzuschlagen. Das ist in Teilen faszinierend, als Gesamtwerk jedoch eher unbefriedigend, der zwischen schriller Übertreibung und abgründiger Leere schwankende Film endet, ohne je zu einem Film geworden zu sein.
5
von 10