Die Hebamme

Die Hebamme

(„Die Hebamme“ directed by Hannu Salonen, 2014)

Die Hebamme1799, Gleichberechtigung und Selbstverwirklichung der Frau lassen da noch zwei, drei Jahrhunderte auf sich wagen. Entsprechend gering sind die Auswahlmöglichkeiten bei der beruflichen Karriere. Doch für die 19-jährige Gesa (Josefine Preuß) spielt das keine Rolle, denn sie weiß genau, was sie werden will. Schon von Kind an war sie von der Kunst der Geburtshilfe fasziniert, möchte wie ihre Mutter eine Hebamme werden. Als diese stirbt, macht sich Gesa auf den beschwerlichen Weg nach Marburg, um dort bei Elgin Gottschalk (Lisa Maria Potthoff) in die Lehre zu gehen.

Doch die schickt das Mädchen weg, es soll lieber eine Ausbildung im „Gebärhaus“ absolvieren. Was diese auch tut, ein wenig widerwillig. Vor allem die Methoden von Professor Kilian (Axel Milberg) stoßen ihr übel auf. Der ist weniger am Wohl der Frauen interessiert, mehr an der Lehre. Und so müssen die Anschauungsobjekte unter teils widrigsten Bedingungen hausen und unwürdige Untersuchungen über sich ergehen lassen. Immer wieder gerät sie daher mit dem Medicus aneinander, Halt findet sie hingegen bei Dr. Clemens Heuser (Andreas Pietschmann), der ihr schöne Augen macht, und der Mitschülerin Lotte (Alicia von Rittberg). Als diese eines Tages jedoch von einem Unbekannten angegriffen wird, ist klar: Ein Massenmörder treibt in Marburg sein Unwesen.Die Hebamme Szene 1

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen war Josefine Preuß diese Woche als Hauptdarstellerin in einem TV-Historienfilm zu sehen. Und wie schon bei Die Pilgerin lieferte ein Roman die Vorlage, hier ist es das gleichnamige Werk von Kerstin Cantz. An der Stelle hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. War die Geschichte um eine beschwerliche Pilgerfahrt zwar übertrieben, aber doch in sich stimmig, weiß man bei Die Hebamme bis zum Schluss nicht, was der Film eigentlich sein will. Familiendrama? Ein Beitrag über die Selbstbestimmung der Frau? Romanze? Krimi? Vielleicht sogar Thriller? All das wurde hier hineingepackt, ohne Rücksicht auf Verluste.

Das wäre für sich genommen vielleicht noch nicht mal schlimm, schließlich sind Genremischungen keine Seltenheit. Wenn wenigstens die einzelnen Bestandteile stimmen würden. Aber das tun sie nicht. Den Kriminalfall als solchen zu bezeichnen, wäre schon geschmeichelt, denn die Auflösung ist so offensichtlich, dass man sich fragt, warum keiner der Anwesenden vorher darauf gekommen ist. Und auch bei den Figuren vermisst man jegliche Komplexität. Gesa entspricht bis ins kleinste Detail dem Klischee der moralisch tadellosen, unbeugsamen und unerschrockenen Heldin. Wenn Preuß mit verschränkten Armen und Schmollmund dem Medicus die Leviten liest, mag das dem unbedingten Willen zur eindeutigen Identifizierbarkeit geschuldet sein, spannend ist es nicht.Die Hebamme Szene 2

Und das gilt dann auch für die Inszenierung des finnischen Regisseurs Hannu Salonen. Dass er versucht, durch Musik, Farben und Kamerafahrten etwas Abwechslung ins Geschehen zu bringen, ist sicher löblich. Bei den Mordszenen auf einmal alles in Gelb zu halten und im Hintergrund Rockmusik abzuspielen, wirkt jedoch weniger dynamisch, vielmehr unfreiwillig komisch. Da helfen dann auch die für sich genommen soliden schauspielerischen Leistungen und teilweisen hübschen Aufnahmen der historischen Universitätsstadt nicht mehr.

Die Hebamme ist seit 27. März auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Ein bisschen Licht, zu viele Schatten: Weder bei der Handlung, den Figuren noch der Inszenierung kann Die Hebamme sonderlich überzeugen, dafür wurden hier zu wahllos Klischees zusammengeworfen. Nur die soliden Schauspieler und die teils hübschen Aufnahmen verhindern Schlimmeres.
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von 10