Chloe

Chloe

(„Chloe“ directed by Atom Egoyan, 2009)

Erhofft hatte ich mir eine kleine Überraschung, bekommen habe ich dann allerdings nur einen mittelmäßigen Film in dem Liam Neeson ganz klar im Schatten von seiner Kollegin Julianne Moore verharren muss. Der charismatische Uniprofessor David Stewart (Neeson), mittleren Alters, liebt es zu flirten. Wenn ihm eine attraktive, junge Frau über den Weg läuft kommt er nicht umher ein paar Worte mit ihr zu wechseln, auf eine Affäre hat er sich bisher allerdings noch nie eingelassen, denn seine Liebe gehört ausschließlich seiner Frau Catherine (Moore), auch wenn diese wohl anderer Meinung ist.

Als David, der mal wieder weit weg von zu Hause eine Vorlesung halten muss, an seinem Geburtstag absichtlich den Rückflug verpasst und somit die sorgfältig geplante Überraschungsparty seiner Frau unbewusst sabotiert, weckt er Catherines Misstrauen nur noch mehr. Als sie am nächsten Morgen auch noch auf dem Smartphone ihres Mannes eine Nachricht einer Studentin samt kompromittierendenFoto entdeckt, beschließt die Ärztin eine Prostituiere auf ihren Gatten anzusetzen um so den ultimativen Beweis seiner Untreue zu erhalten.

Die bildhübsche, allerdings seelisch etwas leer wirkende Chloe (Amanda Seyfried), soll den Dozenten verführen und dann bei Catherine Bericht erstatten. Die durchaus etwas geheimnisvoll wirkende Blondine lauert David in einem Café auf, wo sie es nicht sonderlich schwer hat mit ihm ins Gespräch zu kommen. Was dann passiert zeigt uns Atom Egoyan allerdings nicht bildlich sondern lässt es später Chloe nacherzählen. Als Catherine von ihr hört was sie hören wollte, wirkt sie zunächst betrübt, dann allerdings irgendwie unerwartet erregt und schließlich kommen sich die beiden Frauen sogar näher.

Bis dahin verstreichen ungefähr zwei Drittel der Laufzeit und Chloe wirkt bis hierher recht langatmig. Der absehbare Wechsel des Erzählrhythmus kam für meinen Geschmack etwas zu spät und setzt damit ein wenn David seine Frau (und nicht umgekehrt) bei dessen Affäre mit Chloe ertappt. Atom Egoyan ist dabei bemüht die Motive von Catherine, die wirklich tragische Figur des Streifens, auszuleuchten und offenbart letzten Endes dann auch, dass Chloe nichts weiteres als ein besitzergreifendes Biest ist. Die Story ist durchaus ansprechend auch wenn dabei lediglich wieder mal aufgezeigt werden soll, dass materieller Besitz nicht Alles ist und man eine zwischenmenschliche Beziehung eben pflegen muss,

Visuell wartet der Film hingegen mit einer Makellosigkeit auf was ein bisschen an den letzthin gesehen A Single Man erinnerte. Das moderne Designerhaus in dem die Stewarts mit ihrem einzigen Sohn (Max Thieriot) leben, steht durch die Ereignisse die sich darin abspielen als Sinnbild für die langsam aber sicher bröckelnde Perfektion. In den etwas mehr als eineinhalb Stunden Spielzeit wird diese Maske Schritt für Schritt abgetragen und der Kern freigelegt der zur Folge hat, dass die zwei Hauptfiguren in ihrer Verletzlichkeit und Fehlerhaftigkeit sehr menschlich rüberkommen und sich der Zuschauer mit ihnen gut identifizieren kann.

Am Ende wird es wie so oft die wahre Liebe sein die triumphiert, allerdings vermeidet es Egoyan ein (zu) schmalziges Happyend zu präsentieren, was sehr erfreulich ist,  denn schließlich soll man aus dem Kino etwas – und wenn es nur Zweifel sind – mitnehmen und nicht sobald der Abspann einsetzt das Ganze abhaken und das Gehirn zurücksetzen.

Trotz allem gelingt es Chloe aber nicht wirklich zu berühren, was meiner Meinung nach an der recht sterilen Umgebung liegt, das Publikum durch die Figuren zwar anspricht, dabei aber trotzdem immer auf Sicherheitsabstand bleibt. Die angesprochene Dekonstruktion des vermeintlich tadellosen Umfelds der Stewarts setzt zu spät ein und schafft es in der verbleibenden Laufzeit dann einfach nicht mehr wirkliche Akzente zu setzen. Dass hier anscheinend Apple ordentlich sponserte erscheint logisch, zumal wie schon erwähnt die Ästhetik des Films sehr auf Design getrimmt ist, die Dauerwerbung nervt aber spätestens dann, wenn zum xten Mal das Apfellogo irgendwo im Szenenbild platziert wurde.

Neeson spielt in meinen Augen unter Form, verschuldet wohl auch daran, dass die beiden weiblichen Darsteller die meiste Leinwandpräsenz abkriegen, was jetzt übrigens nicht negativ gemeint ist. Neben Moore gefällt ebenso Seyfried, auch wenn mit Abstriche. Teilweise wirkt sie dann doch nur so wie das gutaussehende Püppchen aus Hollywood. Wäre da nicht Julianne Moores grandioses Schauspiel, so sähe ich wenig bis gar keine zwingenden Argumente die ein Kinoticket rechtfertigen. Ein durchschnittliches Drama mit spärlich gesäten Thrillerelementen das man sich bei Möglichkeit aber natürlich ansehen darf, denn trotz anfänglichen Längen wird es bei Chloe eigentlich nie wirklich langweilig.



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Die tolle Ästhetik und im Prinzip interessante Story werden von Langatmigkeit und Vorhersehbarkeit deutlich getrübt.
6
von 10