No Mans Land

No Man’s Land

(„No Man’s Land“ directed by Danis Tanović, 2001)

Es ist mit Sicherheit nicht leicht einen Kriegsfilm mit humoristischen Elementen zu drehen. Danis Tanović schaffte mit No Man’s Land allerdings diese schwierige Gradwanderung fast im Alleingang (Regie, Buch und Musik) und heimste dafür sogar den Oscar für den besten fremdsprachigen Film ein, zu Recht wie ich finde.

Angesiedelt im Bosnienkrieg der frühen Neunziger dreht sich der Flick hauptsächlich um zwei feindliche Soldaten die sich zwischen den zwei Fronten wiederfinden. In diesem „Niemandsland“ trifft der unerfahrene, serbische Rekrut Nino (Rene Bitorajac) und der bosnische Widerstandskämpfer Ciki (Branko Đurić) aufeinander. Durch diverse mehr oder weniger zufällige Ereignisse befinden sich beide in einem verlassenen Schützengraben mitsamt Cikis Kamerad Cera (Filip Šovagović) der fälschlicherweise für tot gehalten wurde und deshalb von den Serben als Minenfalle missbraucht wurde: unter Cera befindet sich eine moderne Tretmine die durch eine Gewichtsverlagerung des Soldaten hochgehen würde.

Es entwickelt sich also eine verzwickte Situation für beide Seiten, bei der man als Zuschauer oftmals schmunzeln muss und auch darf. Über die insgesamt ca. 100 Minuten Laufzeit ist es einmal der Bosnier Ciki der Nino mit seinem Gewehr in Schach hält, mal gelingt es letzteren die Oberhand zu gewinnen. Schlussendlich kann sich aber niemand als „Sieger“ herauskristallisieren, dafür sorgen nicht zuletzt die drei eingreifenden französischen Blauhelmsoldaten unter dem Kommando von Sergeant Marchand (Georges Siatidis).

Tanović spielt hier sehr geschickt mit seinen Charakteren. Nicht nur die Handelsweise sondern auch die ästhetische Merkmale seiner Figuren sollen die Parteien klar definieren. Dem für Freiheit kämpfenden Bosniaken Ciki verpasst er beispielsweise ein Rolling Stones-Shirt und rote Converse Chucks. Nino ist im Gegensatz dazu der perfekt ausgerüstete und disziplinierte Mustersoldat der allerdings keine Erfahrung auf dem Feld vorweisen kann. Die UN-Truppen porträtiert er als einen Haufen fauler und nichtsnutziger Playboys, deren Oberbefehlshaber mehr damit beschäftig ist lästigen Reporten (Katrin Cartlidge) aus dem Weg zu gehen als Hilfsleistungen zu erbringen. Auch wenn der idealistische Blauhelm-Sergeant Marchand hier eine Ausnahme darstellt, wird er am Ende einsehen müssen dass seine Bemühungen umsonst waren.

Der Drehbuchautor und Regisseur kritisiert aber nicht nur die Schaulust der restlichen Welt und die Passivität der UNPROFOR („Neutrality does not exist in the face of murder. Doing nothing to stop it is, in fact, choosing. It is not being neutral“) sondern stellt den gesamten jugoslawischen Konflikt in Frage. Es wird nicht plump und stur das streben eines Großserbien verurteilt sondern hier wird auf der Mikroebene gearbeitet. Spätestens wenn Ciki oder Nino sich wie Kinder streiten wer denn nun den Krieg begonnen hätte wird die Intention des Schreibers klar.

Die große Stärke ist wie eingangs erwähnt die ausgezeichnete Balance zwischen Tragik und Komödie. Bei einem dermaßen ernsten und realen Thema läuft man leicht Gefahr ins Fettnäpfchen zu treten, Tanović schafft es allerdings mit Bravour und ergreift weder Partei noch lässt er sich auf politische Debatten ein. Ganz im Gegenteil tritt in „No Man’s Land“ das Polemische in den Hintergrund und überlässt es seinem Publikum sich Gedanken zu machen. Dass Nino und Ciki z.B. ein und dieselbe Sonja aus Banja Luka kennen, weist mehr als deutlich daraufhin dass uns Tanović lediglich die Absurdität eines Kriegs zwischen Brüdern klarmachen möchte.

Ein Film den man unbedingt gesehen habe sollte, denn der Inhalt lässt sich nicht nur auf den Bosnienkrieg begrenzen sondern ist nach wie vor aktuell, wenn auch nicht universell.



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