The Element Of Crime
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The Element Of Crime

Kritik

Element Of CrimeWicked! Nach dem ich Lars von Triers Spielfilmdebut das zweite Mal gesehen habe, fällt mir kein besseres Wort ein, um dieses Werk zu beschreiben. Alles was beim ersten Mal blieb, als der Abspann und der Song Der letzte Tourist in Europa liefen, war ein unbehagliches Schweigen, ausgelöst durch die Resignation vor dem Gedanken, den Trier im Zuseher wecken möchte: Das Böse ist IN uns! Man braucht nur den richtigen Zeitpunkt und Ort und jeder Mensch wird zum Verbrecher. Vor allem Idealisten, die sich die Bürde auferlegt haben, die Welt zu begreifen und zu verändern. Denn manchmal ist das zu gefährlich, vor allem in der Welt, die Trier in seinen Filmen erschafft.

Der Plot ist ziemlich einfach und gleicht in der Inszenierung einer Hommage an die Detektivfilme der 30er und 40er Jahre. Der Kriminalbeamte Detective Fisher (Michael Elphick) kommt nach 13 Jahren Exil im fernen Kairo zurück nach Europa, um einen Serienmörder namens Harry Grey zu jagen. Dazu benutzt er die Methoden seines ehemaligen Lehrers Osborne (Esmond Knight), die in dessen Werk The Element Of Crime beschrieben werden. Fisher hat das Buch förmlich in sich aufgesogen und gesteht Osborne, dass es seine ganze Art zu Leben und zu Denken beeinflusst hat. Doch der anfangs noch optimistische Kriminologe läuft gegen eine Wand. Europa ist nicht mehr so, wie er es verlassen hat. Es gibt keine Tages- und Jahreszeiten mehr. Den ganzen Film über ist es Nacht und es regnet. Die Spur des psychopatischen Killers führen den Detective durch überschwemmte Landstriche, Abwasserkanäle, Ruinenstädte. Alles ist verfallen, schimmelt und rostet vor sich hin. So kaputt wie die Umgebung wirken auch die Menschen: wahnsinnig, senil, abergläubisch. Europa liegt im Sterbebett. Langsam aber sicher wird Detective Fisher von dieser Welt in den Abgrund gerissen, aber daran ist er auch selbst schuld, denn laut The Element Of Crime begibt sich der Polizist vollkommen in die Rolle des Täters, um diesen zu überführen. Doch besitzt er auch die nötige Selbstkontrolle, um diese Methode zu beherrschen? Starrköpfig missachtet er die Warnungen des tyrannischen Polizeichefs Kramer (Jerold Wells) und seiner Weggefährtin, der Prostituierten Kim (Me Me Lei). Immer weiter verirrt er sich, vollgepumpt mit Medikamenten, die Schlaflosigkeit und extreme Kopfschmerzen verursachen, in einem Labyrinth aus Realität, Traum und Fantasie …

Eigentlich ist Element Of Crime ein Experimentalfilm, in dem die Handlung zweitrangig ist. In Interviews wird klar deutlich, dass Lars von Trier gar nicht die Absicht verfolgte, einen „echten“ Spielfilm zu machen. Der damals noch junge Regisseur vergleicht seinen Erzählstil sogar mit Kinderfilmen, in denen aus dem Off eine Stimme kommt, die sagt: „Das ist ein Haus“. Doch Trier ergänzt, dass er eben nicht nur ein Haus zeigt, sondern ein besonderes Haus, was sich in seiner Liebe zum Detail in seinen Filmen ausdrückt.

In seiner Gänze ist dieser Film nicht in einer Rezension zu beschreiben. Fakt ist, dass er bei mir Staunen und Angst zu gleich ausgelöst hat, denn Trier beschreibt mit Element Of Crime auf eine mystische, bezaubernde Art und Weise seine Version einer Apokalypse, die in der Realität nur durch einen Atomkrieg oder einer Seuche verbunden mit Naturkatastrophen ausgelöst werden könnte. Wichtig zu erwähnen ist, dass das Bild ständig einen Orange- oder Gelbstich hat, da die Drehorte mit gelben Natriumlampen ausgeleuchtet wurden. Kameraführung und Schnitte sind exzellent ausgeführt und sehr abwechslungsreich. Trier hat mit diesem Film seine außergewöhnliche Kreativität unter Beweis gestellt und anderen Filmemachern das Tor zu neuen Welten eröffnet.

Element Of Crime ist der erste Teil der Europa-Trilogie (Epidemic, Europa) des Regisseurs, in dem seine verschrobene Sicht von Deutschland, als Charakteristikum für Europa und seine Geschichte zum Vorschein kommt. Die Story handelt zwar in Deutschland, wird aber von britischen Schauspielern aufgeführt und hat außer den Ortsnamen kein Merkmal aufzuweisen, das an Deutschland erinnert. Es gibt nicht einmal eine deutsche Synchronisation.

Die 104 Minuten Spielzeit sind meiner Meinung nach durchaus angemessen und waren nicht langweilig. Man sollte jedoch aufpassen, was passiert, denn am Ende ist man leicht verwirrt und kaum in der Lage sofort über alles zu reflektieren. Die schauspielerische Leistung der Darsteller ist hervorragend, vor allem wenn man bedenkt, unter welchen extremen Umständen gearbeitet wurde (Nässe, Kälte, Lars von Trier). Definitiv nicht jedem Menschen zu empfehlen, aber für den wahren Liebhaber des Mediums Film obligatorisch! Einfach ansehen, staunen und beim Abspann der Sängerin lauschen:

Ich bin der letzte Tourist in Europa,
und wie ein Ruheloser irre ich umher.
Ich will nach Wien, um Mozart zu treffen,
Ich will nach Rom, vor Raffael zu knien.

Ich möchte überall dorthin nach Europa,
Wo die Liebe Schiffbruch erlitt.
Ans Grab von Julia und Romeo in Verona
Zu einem kleinen stillen Gebet.

Credits

OT: „Forbrydelsens element“
AT: „Spuren eines Verbrechens“
Land: Dänemark
Jahr: 1984
Regie: Lars von Trier
Drehbuch: Lars von Trier, Niels Vørsel
Musik: Bo Holten
Kamera: Tom Elling
Besetzung: Michael Elphick, Esmond Knight, Me Me Lai, Jerold Wells

Trailer

Filmfeste

Cannes 1984
International Film Festival Rotterdam 1992
Fantasy Filmfest 1992

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