Störche Abenteuer im Anflug
© Warner Bros.

Störche – Abenteuer im Anflug

(„Storks“ directed by Nicholas Stoller and Doug Sweetland, 2016)

„Störche – Abenteuer im Anflug“ läuft ab 27. Oktober im Kino

Babys werden von Störchen gebracht? Vielleicht früher einmal. Inzwischen haben die Vögel jedoch umgesattelt und verdienen ihr Geld lieber als Online-Versandhaus. Das schont die Nerven und ist in der heutigen Zeit einfach profitabler. Meistens zumindest. Außer Tulip ist gerade da. 18 Jahre ist es bald her, dass das Mädchen nicht zugestellt werden konnte. Und da keiner der Störche so recht wusste, wohin mit ihr, ist sie noch immer Teil von Cornerstore – sehr zum Leidwesen von Boss Hunter. Junior, einer der derzeitigen Top-Mitarbeiter bekommt daher die undankbare Aufgabe, den Menschen loszuwerden, dann winkt auch eine Beförderung. Aber es kommt anders: Aus Versehen setzt Tulip die alte Babymaschine in Gang und die beiden müssen versuchen, den Säugling so schnell es geht zu den Eltern zu bringen, bevor jemand etwas davon mitbekommt.

Man muss nicht immer so ganz verstehen, was in den Köpfen der Studiobosse so vor sich geht. Während sich die großen Mitbewerber darum prügeln, immer größere Stücke aus dem enorm einträglichen Animationsfilmkuchen zu bekommen, machte Warner Bros. lange Zeit … nichts. Obwohl sie zwar gerade auf Basis ihrer DC Comics eine Direct-to-Video-Produktion nach der anderen herausschießen, war nach dem Blockbuster The LEGO Movie im Kinobereich erstmal Sense. Das soll sich die nächsten Jahre ändern, den Anfang macht die immerhin schon 1980 gegründete Warner Bros. Animation Sparte mit Störche – Abenteuer im Anflug. Und die Vorzeichen waren nicht schlecht. Nicholas Stoller (Die Muppets, Bad Neighbors) schrieb das Drehbuch, teilte sich den Regiestuhl mit Doug Sweetland, der bei diversen Pixar-Klassikern wie Toy Story und Findet Nemo als Animator gearbeitet hat.

Beide Einflüsse sind in dem Film dann auch deutlich zu spüren. Stoller zeigt hier sein bekanntes Gespür für familientaugliche, manchmal etwas rührselige Stoffe in Kombination mit abgründigem, selbstironischen Humor. Und Sweetland hatte mit Sicherheit seinen Anteil daran, dass Störche – Abenteuer im Anflug an vielen Stellen sehr gut aussieht, es weder bei Animationen, Hintergründen oder Designs ernsthaft etwas auszusetzen gibt. Sicher, die Menschen könnten aus jedem beliebigen anderen Animationsfilm stammen. Dafür verstand man aber, dass – die Kollegen von Illumination (Pets, Minions) lassen grüßen – witzig gestaltete Figuren bei einem für Kinder gedachten Werk schon einmal die halbe Miete sind, wichtiger als die sie begleitende Geschichte. Und von denen gibt es einige hier.

Zu verraten, was es mit den Wölfen und den Pinguinen auf sich hat, die beide im Laufe des Films eine Rolle spielen, würde bedeuten Störche – Abenteuer im Anflug seiner größten Höhepunkte zu berauben. Tatsächlich wird es, wann auch immer sie auftauchen, so absurd, dass die Szenen zu den komischsten gehören, die man dieses Jahr im Animationsbereich überhaupt sehen durfte. So komisch, dass sich der Film allein deshalb schon gelohnt hat. Das soll nicht bedeuten, dass Stoller nicht auch andere gute Ideen gehabt hätte. Sehr sympathisch sind seine kleinen Seitenhiebe gegen eine Geschäftswelt, die Profit und Wachstum über alles andere stellt, so wie seine späteren Einsätze für alternative Familienmodelle und Diversity.

Beides ist natürlich nur für erwachsene Zuschauer erkennbar, so wie generell einige Passagen über den Umgang mit Kindern eher die Eltern im Kinosaal ansprechen sollen – auch hier schimmert Bad Neighbors immer mal wieder durch. Zwischenzeitlich hat jedoch das kindliche Vergnügen Vorrang. Und das bedeutet in erster Linie temporeiches Slapstick, ständig passiert hier ein Unfall, geht etwas schief oder gleich ganz kaputt. Das ist natürlich legitim, am Ende soll Störche – Abenteuer im Anflug in erster Linie Geld bringen, was am besten über Kinder funktioniert, die Papa, Mama, am besten noch die Geschwister mitschleppen. Aber eben auch etwas langweilig. Die originelle Grundidee und die überbordende Kreativität anderer Stellen wird hier zurechtgestutzt, um Szenen unterzubringen, die bewährt und funktional sind, aber eben auch nicht mehr. Vor allem die langen Passagen, wenn Junior und Tulip allein unterwegs sind, sich zusammenraufen müssen und feststellen, wie gern sie sich haben, hat man in ähnlicher Form dann doch einfach schon zu oft gesehen, als dass man sich ernsthaft dafür interessieren würde. Aber auch wenn Stoller an solchen Stellen zu sehr auf Nummer sicher geht, es ist ein netter Film, den er uns da auf die Leinwand gebracht hat und der einen hoffen lässt, dass Warner Bros. in Zukunft doch wieder etwas mehr mitmischt im Animationsgeschäft.



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„Störche“ ist ein insgesamt netter Animationsfilm mit teils wahnsinnig witzigen und originellen Einfällen, aber auch Passagen, die zu sehr auf Nummer sicher gehen. Aber trotz der gelegentlichen Durchhänger ist die Geschichte um einen alternativen Storchdienst sympathisch und visuell mehr als gefällig.
6
von 10