Human Die Menschheit
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Human – Die Menschheit

(„Human“ directed by Yann Arthus-Bertrand, 2015)

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„Human – Die Menschheit“ läuft ab 20. Oktober im Kino

Was haben eine Massenhochzeit, ein Fußballspiel des BVB Dortmund und ein Ausflug ins Schwimmbad gemeinsam? Nichts natürlich. Und dann doch wieder alles. Das zumindest ist der Eindruck, den man beim Anschauen von Human – Die Menschheit gewinnt. Mangelnde Ambitionen kann man dem französischen Regisseur Yann Arthus-Bertrand dann auch kaum vorwerfen, ebenso wenig mangelnden Einsatz. Über 2000 Menschen befragte er im Vorfeld, aus über 60 Ländern und ebenso vielen Sprachen zusammengewürfelt. Fragen zu sich, zu dem Leben, aber auch über Liebe und Tod, Trauer und Dankbarkeit.

Einen roten Faden wird man in diesem Knäuel an Themen natürlich nicht finden. Zwar ordnet Arthus-Bertrand die Antworten in Themenkomplexen an, wie etwa dem des Todes, ansonsten vermeidet er es aber, hier für Zusammenhänge zu sorgen. Oder auch Kontexte. Nur hin und wieder mal können wir anhand des Gesagten darauf schließen, woher der Mensch kommt und in welchen Verhältnissen er lebt. Ansonsten bleiben die Interviewpartner aber im Dunkeln, wortwörtlich: Vor einem schwarzen Hintergrund wurde jedes Gespräch aufgenommen, lediglich das Gesicht der Leute ist zu sehen.

Dass die Menschen auf diese Weise verbunden werden sollen, ist klar, ebenso dadurch, dass noch während der eine spricht, das Bild schon zu dem nächsten wechselt. Trotz dieser nur wenig subtilen Vorgehensweise, das Ergebnis gibt dem Franzosen recht: Es ist faszinierend, wie natürlich eine Runde in die nächste übergeht, unterbrochen nur von wunderschönen Naturaufnahmen etwa von Wüsten oder Feldern. So faszinierend, dass man Human die stolze Laufzeit von knapp zweieinhalb Stunden nur selten anmerkt. Und das obwohl das Gezeigte formal nicht wirklich abwechslungsreich ist, von den Zwischensequenzen einmal abgesehen.

Gimmicks und schicke Bilder allein würden dafür aber nicht ausreichen, wenn der Dokumentarfilm nicht auch den passenden Inhalt hätte. Und den hat Human glücklicherweise, mehr als genug. Vieles an dem, was die Menschen hier mitzuteilen haben, ist den dunkleren Aspekten des Lebens entnommen, handeln von Mord, Krieg, Verlusten oder Armut. Dazwischen schummeln sich aber auch Momente des Glücks und der Hoffnung, gerade auch, wenn die Befragten den widrigen Umständen getrotzt und dem Schicksal ein menschenwürdiges, vielleicht gar glückliches Leben abschwatzen konnten.

Bemerkenswert ist dabei, wie offen sich die Leute hier zu ihrem Leben äußern, selbst die privatesten Dinge preisgeben und dabei so manche Träne vergießen. An manchen Stellen fühlt man sich als Zuschauer dann auch schon fast wie ein Voyeur, meint mehr zu sehen, als einem überhaupt zusteht. Aber dieses leicht Unangenehme gehört nun mal dazu, sorgt für Verbindungen und ein Zugehörigkeitsgefühl, welches einem im Alltag längst abhandengekommen ist. Eine Zugehörigkeit, die das Schöne wie das Hässliche umfasst, das Stolze wie das Peinliche. Eine Zugehörigkeit, die einen über vieles nachdenken lässt, mal profund, dann wieder völlig banal. Und auch eine, die einen am nächsten Tag noch das Umfeld wieder ganz anders anzuschauen lehrt, mit mehr Neugierde und Anteilnahme. Die einen daran erinnert, dass die gesichtslosen Gesichter, die an einem in U-Bahn, an Kreuzungen oder in Geschäften vorbeihuschen, am Ende doch auch einiges zu erzählen hätten. Wenn man nur stehen bliebe und sie fragte.



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Unzählige Menschen hat „Human“ befragt, zu Themen wie Liebe, Leben und Tod. Heraus kommt ein formal zwar nicht abwechslungsreicher, inhaltlich aber fesselnder und nachdenklich stimmender Dokumentarfilm darüber, was den Menschen eigentlich ausmacht.