Assassination Classroom Staffel 1
© Yusei Matsui/SHUEISHA,ASSASSINATION CLASSROOM Committee

Assassination Classroom – Staffel 1

(„Ansatsu Kyōshitsu“ directed by Seiji Kishi, 2015)

Assassination Classroom Vol 1
„Assassination Classroom – Staffel 1“ ist auf vier Volumes verteilt auf DVD und Blu-ray erhältlich

Englisch sollte jeder japanische Schüler lernen, auch Mathematik ist immer mal wieder wichtig. Weiterhin wäre es ratsam, sich ein bisschen in der Kunst des Tötens zu üben, sei es mit Waffen, Gift oder Wasser. Zugegeben, das ist ein etwas ungewöhnlicher Lehrplan. Aber das gilt ja auch für die Situation in der notorischen Verliererklasse 3 E der Kunugigaoka Junior High School, seitdem Koro-sensei da vorne am Lehrerpult steht. Der ist nicht nur ein Alien und hat kürzlich 70 Prozent des Mondes in die Luft gesprengt, sondern droht das nun auch mit der Erde zu tun. Ein Jahr gibt er der Menschheit, ihr Ende zu verhindern. Ein Jahr, das er damit verbringen will, ein bisschen als Lehrer zu arbeiten. Ein Jahr, in dem er versucht, seinen Schützlingen noch etwas für den weiteren, aller Wahrscheinlichkeit nach recht kurzen Lebensweg mitzugeben. Selbstbewusstsein zum Beispiel.

Da soll doch noch einer behaupten, in einer Schule würde man nichts fürs Leben lernen! Denn in den 22 Folgen der ersten Staffel gibt uns Assassination Classroom gleich eine ganze Reihe von wertvollen Erkenntnissen mit auf den Weg: 1. Ein Giftanschlag sollte immer auf das Opfer maßgebraut werden. 2. Die Ehranrede Sensei verliert ihre Wirkung, wenn man sie mit Bitch kombiniert. 3. Erortikhefte sind dazu prädestiniert, die Welt zu retten. Die Umsetzung des gleichnamigen Mangas von Yūsei Matsui straft nicht nur diejenigen Lüge, die Schule in erster Linie als Zeitverschwendung ansehen, sondern auch Anime-Kritiker, die der Meinung sind, das Medium würde immer wieder dieselben Geschichten erzählen. Zumindest dürften Letztere Schwierigkeiten haben, andere gelbe Tentakelmonster mit riesigen Smiley-Köpfen und übermenschlichen Fähigkeiten zu finden, welche sich die Zeit bis zur Apokalypse als unterbezahlter Teilzeitlehrer vertreiben.

Witzig sind dabei vor allem die durchaus von Koro geförderten, immer absurder werdenden Anschläge der Schüler auf sein Leben, kombiniert mit der ständigen Suche nach möglichen Schwachpunkten. Mehr als zwanzig der Letzteren kommen im Laufe der vier Volumes zusammen, darunter die besagte Empfänglichkeit für die Darstellung nackter Frauenhaut. Einige davon sind banal, andere dafür kurios. Insgesamt überzeugt die Serie durch ihre Fähigkeit, immer mal wieder Szenarien zu entwickeln oder Figuren einzuführen, die man in der Form nicht gesehen hat und durch die der übliche Schulalltag ein klein wenig besonders wird. Und mörderisch natürlich auch. Immer mehr Menschen schließen sich der Alienjagd an. Kein Wunder, geht es hier nicht nur um das Überleben, sondern auch die Frage, wer das Preisgeld von 10 Milliarden Yen einstreichen darf, die als Belohnung für den Mörder bestimmt sind. Es ist dann auch dieser Kontrast zwischen täglichen Anschlägen und drögem Schulalltag, die der pflichtbewusste Koro mit einem Lächeln entgegennimmt, die hier für Spaß sorgen.

Im Vergleich zum fast zeitgleich entwickelten Realfilm hat die Anime-Adaption trotz des identischen ausgesprochen originellen Szenarios gleich in mehrerer Hinsicht die Nase vorn. Da wäre zum einen die Optik. Nein, es ist kein Wunderwerk, was das junge Studio Lerche (Re:Hamatora, Danganronpa) hier abgeliefert hat, macht aber auch keine nennenswerten Fehler. Krankte der Kollege daran, dass die grotesken Einfälle sich mit der Mischung aus Realaufnahmen und CGI mehr schlecht als recht umsetzen ließen, ist das hier doch deutlich homogener.

Aber auch inhaltlich ist die von Seiji Kishi (Devil Survivor 2, Angel Beats) inszenierte Version überlegen. Das liegt vor allem an dem deutlich erweiterten zeitlichen Rahmen: In sieben Stunden lässt sich nun einmal mehr erzählen als nur in zwei. Es sind besonders die Schüler, die davon profitieren und während der 22 Folgen an Kontur gewinnen. Und das ist wichtig, denn bei allem Klamauk hat Assassination Classroom durchaus gesellschaftskritische Tendenzen. Wie gehen wir mit Schülern um? Was können, was müssen wir von ihnen erwarten? Konzentrieren wir uns auf die Elite oder versuchen wir jeden irgendwie mitzuschleppen? Streckenweise ist es sogar ziemlich bitter, wie zynisch hier mit jungen Menschen umgegangen wird. Doch gerade wenn wir beginnen darüber nachzudenken, wird der Ernst wieder durch lustvollen Unsinn unterbrochen, steht der nächste bescheuerte Anschlag auf dem Programm, kommt eine weitere skurrile Figur ins Spiel. Auch wenn es manchmal mit der Handlung nicht recht vorangeht und sich Wiederholungen einschleichen, es ist in der Summe schon ein recht unterhaltsamer Anime. Bleibt zu hoffen, dass Staffel 2 bald ebenfalls hierzulande erscheint und das Schuljahr zu einem guten Ende bringt. Wie auch immer das dann aussehen mag.



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Das Szenario ist originell, verknüpft Schulalltag mit immer absurder werdenden Anschlägen. In erster Linie ist „Assassination Classroom“ auf reine Unterhaltung aus, baut in den kuriosen Unsinn aber auch immer mal wieder gesellschaftskritische Tendenzen ein, die dem Klamauk zumindest gelegentlich Tiefgang verleihen.
7
von 10