The Survivalist
© Pierrot le Fou

(„The Survivalist“ directed by Stephen Fingleton, 2015)

The Survivalist
„The Survivalist“ ist seit 1. Juli auf DVD und Blu-ray erhältlich

Viel ist von der Menschheit nicht geblieben. Und diejenigen, die noch da sind, müssen angesichts der knappen Nahrungsvorräte ums blanke Überleben kämpfen. So wie der Mann (Martin McCann), der sich tief im Wald eine kleine Existenz aufgebaut hat und von seinem angebauten Gemüse lebt. Doch wo Essen, da auch Neider. Immer wieder muss er sich gegen Plünderer wehren, die notfalls mit Gewalt alles an sich reißen wollen. Entsprechend misstrauisch ist er auch, als eines Tages Kathryn (Olwen Fouere) und ihre Tochter Milja (Mia Goth) vor seiner Hütte auftauchen und um Nahrung und einen Platz zum Schlafen bitten. Nur widerwillig lässt er sich darauf ein. Und auch wenn aus der einen Nacht mehrere Tage werden, die kleine Gemeinschaft ist weiterhin von Paranoia geprägt.

Filmemacher scheinen von einer grundsätzlich pessimistischen Natur zu sein. Den Eindruck konnte man zumindest in den letzten Jahren gewinnen: Die riesige Jugenddystopie-Welle, Rachethriller, Kriegsdramen – wann auch immer Menschen auf der Leinwand zusammenkommen, scheinen Probleme unausweichlich. Auch The Survivalist glaubt nicht unbedingt an das Gute in uns, geht davon aus, dass wir unweigerlich auf die Katastrophe zulaufen. Welche Form diese genau annimmt, das verschweigt uns Stephen Fingleton jedoch. In einem knappen Vorspann lässt der nordirische Regisseur und Drehbuchautor in einem Graphen Bevölkerungszahl und Ölproduktion steil ansteigen, um sie ebenso stark zusammenbrechen zu lassen. Mehr erzählt er nicht, mehr gibt es vielleicht auch gar nicht zu erzählen.

17 Minuten dauert es dann auch, bis hier überhaupt das erste Wort gesprochen wird. 17 Minuten, in denen wir den namenlosen Protagonisten sein Gemüse anbauen, Invasoren beseitigen und auch onanieren sehen. So zurückhaltend Fingleton in verbaler Hinsicht ist, in seinen Bildern mutete er einem schon so einiges zu. Bemerkenswert ist dabei, dass hier anders als bei vielen Endzeitfilmen keine ausgedörrten Wüsten die Kulisse bilden, sondern ähnlich zum kürzlich erschienenen Genrekollegen Z for Zachariah ein saftig-grüner Wald – was angesichts des Nahrungsmangels fast schon ironisch ist. Und noch etwas haben die beiden Filme gemeinsam: Sie konzentrieren sich in erster Linie auf die Menschen und den gemeinsamen Umgang.

Auch wenn es prinzipiell keine Grenzen mehr gibt in Fingletons Zukunft, hat das auf einem sehr begrenzten Raum gedrehte The Survivalist immer etwas von einem Kammerspiel, gepaart mit dem typischen Horrorszenario einer abgelegenen Waldhütte. Die Bedrohung lauert da draußen in der undurchsichtigen Natur, immer läuft das Trio Gefahr entdeckt zu werden, jede Begegnung könnte gleichzeitig die letzte sein. Spannender aber noch als die Furcht vor einem möglichen Eindringling ist die Furcht vor den tatsächlich anwesenden Menschen. Kein Schritt, der nicht mit einem argwöhnischen Blick über die Schulter einhergeht. Und das aus gutem Grund. Jede uneigennützige Freundlichkeit, die einmal da gewesen sein mochte bei den Menschen, sie ist mit dem sicheren Leben verlorengegangen. Der Kampf ums Überleben geht hier fast immer auf Kosten der anderen, selbst dann, wenn es gar nicht notwendig ist.

Allein deshalb schon ist der Beitrag von den Fantasy Filmfest Nights 2016 spannend. Bei dem sich ständig verschiebenden Machtgefüge sowie den kleinen und größeren Intrigen, die sich innerhalb der Hütte entspinnen, bleibt lange offen, wie diese Konstellation am Ende ausgeht. Wer von den dreien nun das Nachsehen haben wird. Ein paar mehr Informationen wären sicherlich schön gewesen, umgekehrt hätte man auf die letztendlich überflüssige Vorgeschichte rund um den Bruder des Namenlosen verzichten können. Dafür entschädigen die frostige Atmosphäre und gerade auch Fingletons Darstellung, der mit viel Intensität das in die Ecke gedrängte, von einer existenziellen Angst erfüllte menschliche Tier gibt. Eine Angst, die so ansteckend ist, dass man anschließend die eigene Wohnung kaum mehr verlassen möchte.



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Das Ende der Welt ist da, das der Menschlichkeit damit auch. Anstatt näher auf die Apokalypse einzugehen, konzentriert sich „The Survivalist“ lieber auf drei Überlebende, die mal gemeinsam, mal gegeneinander um ihre Existenz kämpfen. Das ist insgesamt minimalistisch, aber doch sehr spannend, profitiert von der eisig-paranoiden Atmosphäre und einem intensiv spielenden Hauptdarsteller.
8
von 10