Mel Brooks Special
Mel Brooks als Präsident Skroob in "Spaceballs" (© 20th Century Fox)

Mel Brooks [Special]

Mel Brooks
Foto: Angela George

Der Befehl von Präsident Skroob war eindeutig: Seine Schergen sollen die Wüste durchkämmen und so die geflohene Prinzessin Vespa ausfindig machen. Vielleicht etwas zu eindeutig, denn im nächsten Moment sehen wir, wie die Wüste tatsächlich durchkämmt wird – mit einem überdimensionalen Kamm. Albern? Ja, das war diese Szene zweifelsfrei, so wie der dazugehörige Film Spaceballs auch, in dem Mel Brooks 1987 Star Wars und andere Science-Fiction-Klassiker durch den Kakao zog. Aber es war eben diese Mischung aus Klamauk und Zitaten, das genüssliche und teils völlig absurde Spiel mit bekannten Vor­bildern der Film- und Literaturgeschichte, welche dem Amerikaner seine größten Erfolge beschert, ihn zu einem festen Bestandteil der Komikgeschichte gemacht hat. Heute ist das vielfach ausgezeichnete Multitalent 90 Jahre alt geworden, hat im Laufe seiner jahrzehntelangen Karriere Millionen von Menschen zum Lachen gebracht. Und tut es zum Teil noch heute.

Das eigene Leben von Mel Brooks gab hingegen gerade in den Anfangsjahren nur wenig Grund zum Lachen. Am 28. Juni 1926 unter dem Namen Melvin Kaminsky als Sohn jüdischer Einwanderer in Brooklyn geboren, verlor der spätere Filmemacher schon mit zwei Jahren seinen Vater. Später wurde der kleingewachsene, kränkliche Junge zu einem beliebten Opfer seiner Mitschüler, die ihn herumschubsten und verspotteten. Wut war dann auch ein ständiger Begleiter von Kaminsky, Wut auf die Welt, Wut auf sein Schicksal, Wut auf Gott. Und eben diese Wut verstand er humorvoll zu nutzen: „Ich bin sicher, dass viel von meiner Komik auf Wut und Feindseligkeit zurückzuführen ist. Während ich in Williamsburg aufgewachsen bin, habe ich gelernt, meine Wut in Komik zu packen, um mir selbst Probleme zu ersparen – wie ein Schlag ins Gesicht.“

Schon mit 14 verstand er seine künstlerische Ader auch finanziell gewinnbringend einzusetzen und verdiente als Schlagzeuger sein erstes Geld. Der Musik blieb er auch nach dem Zweiten Weltkrieg treu, als er begann, unter seinem Künstlernamen Mel Brooks zu arbeiten – in Anlehnung an den Mädchennamen seiner Mutter „Brookman“. Parallel erweiterte er sein Repertoire jedoch kontinuierlich, trat als Komiker auf Bühnen auf, schrieb Witze fürs Fernsehen und versuchte sich auch selbst als Schauspieler. Große Erfolge feierte er dabei vor allem zusammen mit seinem Schreiberkollegen Carl Reiner bei „The 2000 Year Old Man“, in der Brooks den ältesten Mann der Welt spielte und sich in fingierten Interviews spontan zu einer Vielzahl von Themen äußern musste. In New York genossen die beiden schnell Kultstatus, die erste gemeinsame Schallplatte „2000 Years with Carl Reiner and Mel Brooks“ verkaufte sich 1961 über eine Million Mal. Der Animationskurzfilm The Critic, welche von der Figur des alten Mannes inspiriert wurde und auf einer Idee von Brooks basiert, durfte 1964 sogar einen Oscar mit nach Hause nehmen.

Im Rest der Welt bekam man davon eher wenig mit, bis aus dem rein amerikanischen Phänomen ein weltweites wurde, dauerte es noch eine ganze Weile. Und selbst dann war der Erfolg von ständigen Höhen und Tiefen geprägt. Beispiel Fernsehen: Brooks’ erste TV-Entwicklung, die herrliche Agentenpersiflage Mini-Max, brachte es auf fünf Staffeln, zwei Spielfilme und Jahrzehnte später noch auf diverse Neuauflagen. Die anderen Serien waren jedoch schon vor ihrem jeweiligen Ende vergessen: Die Robin-Hood-Parodie Robi Robi Robin Hood wurde 1975 nach nur 13 Episoden abgesetzt, die ­Hotelsatire The Nutt House 1989 sogar nach fünf. Und auch die Zeichentrickserie Spaceballs: The Animated Series wollte 2008 keiner sehen, sie schaffte es wie die beiden anderen nicht einmal nach Deutschland. Selbst Fans von Brooks dürften nur wenige seiner diversen Fernsehversuche überhaupt kennen.

Im Filmbereich sah das ganz anders aus. Frühling für Hitler (1968), Blazing Saddles – Der wilde Westen (1974) und Frankenstein Junior (1974) gelten heute als Komödienklassiker und waren sowohl an den Kinokassen wie auch bei Kritikern erfolgreich, vor allem in den 1970ern war Brooks’ Name Gold wert. Für die Broadway- und Nazisatire Frühling für Hitler, mit der Brooks 1968 als fast 40-Jähriger sein Regiedebüt gab, durfte er sogar einen Oscar für das beste Originaldrehbuch mit nach Hause nehmen. Während er so mehrere Jahre lang einen Erfolg an den anderen reihte, verblasste sein Stern in den 80ern zunehmend. Das lag natürlich auch an seinem geringen Output. Mit Die verrückte Geschichte der Welt (1981) und Spaceballs (1987) kamen gerade einmal zwei Regiearbeiten von ihm ins Kino. Stattdessen betätigte er sich zunehmend als reiner Darsteller (Muppet Movie, Sein oder Nichtsein) produzierte auch die für ihn völlig untypischen Dramen Der Elefantenmensch (1980) und Frances (1982). Apropos untypisch: Sein Versuch, sich auch unabhängig von Parodien einen Namen zu machen, scheiterte 1991 mit seiner erstaunlich warmherzigen, von Kritikern jedoch geschmähten Tragikomödie Das Leben stinkt. Zweimal versuchte er darauf hin noch, sein altes Erfolgsrezept in die 90er zu übertragen, aber weder Robin Hood (1993) noch Dracula (1995) konnten an alte Erfolge anknüpfen.

Die fand er dafür an anderer Stelle: Einige Jahrzehnte nach der Premiere bescherte ihm Frühling für Hitler nach dem Oscar noch einen weiteren wichtigen Preis. Oder genauer: gleich zwölf davon. Brooks’ Musicaladaption, welche 2001 unter dem englischen Originaltitel „The Producers“ ihr Broadway-Debüt feierte, wurde mit zwölf Tony Awards ausgezeichnet, dem wichtigsten amerikanischen Theater- und Musicalpreis. Das übertraf nicht nur einen seit 37 Jahren gültigen Rekord – „Hello, ­Dolly!“ gewann 1964 zehn –, sondern ließ Brooks auch zum damals erst siebten Mitglied im exklusiven EGOT-Club werden: Leute, die mit Emmy (TV), Grammy (Musik), Oscar (Film) und Tony (Theater) die vier wichtigsten Preise der Unterhaltungsindustrie gewonnen haben.

Privat sah es bei allen beruflichen Fehlschlägen ohnehin rosig bei ihm aus. Mehr als 40 Jahre war er mit der Hollywoodlegende Anne Bancroft verheiratet, die auch schon in seinen Filmen Silent Movie und Sein oder Nichtsein aufgetreten war, bis zu ihrem Tod 2005 waren die beiden zusammen. Und der aus dieser Ehe hervorgegangene Sohn Max dürfte den Papa ebenfalls mehrfach stolz gemacht haben, denn der hat sich selbst als Autor und Schauspieler einen Namen gemacht, lieferte 2013 die Buchvorlage für den Filmkassenschlager World War Z, der weltweit 500 Millionen einspielte. Aber auch Brooks sen. hat im Filmgeschäft noch ein Wörtchen mitzureden, im wahrsten Sinne: In den letzten Jahren war der Altmeister ein gefragter Synchronsprecher in Animationsfilmen, bislang durfte man seine markante Stimme in Robots, Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman, Fußball und zuletzt Hotel Transsilvanien 2 hören, für 2017 ist Blazing Samurai angekündigt, der von Brooks‘ eigenem Klassiker Blazing Saddles inspiriert sein soll.

Werke von und mit Mel Brooks



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