Frankenstein Junior
© 20th Century Fox

Frankenstein Junior

(„Young Frankenstein“ directed by Mel Brooks, 1974)

Frankenstein JuniorWenn es nach Frederick Frankenstein (Gene Wilder) ginge, er wäre lieber nicht mit seinem Opa Viktor verwandt. Welcher Wissenschaftler gibt schon gerne zu, der Enkel von einem Verrückten zu sein, der Tote zum Leben erwecken wollte? Ein bisschen neugierig ist er aber schon, als er erfährt, das Anwesen seines berühmt-berüchtigten Vorfahren geerbt zu haben. Und so lässt er es sich auch nicht nehmen, nach Transsilvanien zu fahren, wo er den buckligen Diener Igor (Marty Feldman) sowie die reizende Laborassistentin Inga (Teri Garr) kennenlernt. Wider besseren Wissens entwickelt der Neuankömmling selbst eine Faszination für die Forschungen seines Großvaters und beschließt, diese fortzuführen.

Es sei vielleicht nicht sein lustigster Film gewesen, wohl aber sein bester, sagte Mel Brooks einmal anlässlich des 40. Geburtstages von Frankenstein Junior. Und das ist eine Meinung, die man durchaus teilen darf. Nicht weil die Komödie so viel einfallsreicher wäre als die anderen, welche der Regisseur und Drehbuchautor in seiner langen Karriere auf die Leinwand gebracht hat. Sie ist aber deutlich konsequenter und ausgeglichener, in sich stimmig und kommt ohne größere Längen aus. Letztere hatten zuvor sowohl Brooks’ Debüt The Producers – Frühling für Hitler wie auch seinen Kassenschlager Blazing Saddles – Der wilde wilde Westen geplagt, was auch damit zusammenhing, dass bei beiden der Humor in viele Richtungen ausschlug und dabei mitunter stark schwanken konnte.

Anspruchsvoller ist Frankenstein Junior da nicht. Wenn überhaupt hatten da sogar die anderen Filme die Nase vorn. So fehlen hier völlig die satirischen Elemente, stattdessen baut man auf recht alberne Witze, die manchmal ins Absurde gehen, vereinzelt auch etwas derber ausfallen können. Vor allem aber lebt die Komödie von ihrer engen Verbindung zu Mary Shelleys „Frankenstein“, das hier treffsicher aufs Korn genommen wird. Brooks und Wilder, die zusammen das Drehbuch schrieben und hierfür eine Oscarnominierung abstauben konnten, halten sich erstaunlich eng an das Grundprinzip des Horrorklassikers, machen sich aber zwischendrin immer wieder über Einzelheiten lustig und bevölkern die Geschichte mit allerlei skurrilen Figuren. Nein, normal ist hier niemand, jeder hat seine Spleens und Eigenheiten, manch einer auch erstaunlich variable Gebrechen.

Das Schöne dabei ist: Trotz der bekannten Vorlage gibt es in Frankenstein Junior keinen Mangel an Überraschungen, einige der Ideen sind so abwegig, dass man sich fragt, wie jemand auf diese kommen konnte. Und dennoch ist der Film keine reine Verulkung, sondern zugleich liebevolle Hommage an das Original bzw. dessen diversen Verfilmungen. Das fängt damit an, dass der komplette Film in Schwarz-Weiß gedreht wurde, geht über die der damaligen Zeit nachempfundenen Musik und reicht bis zu der Einrichtung des Labors, welche tatsächlich aus der berühmtesten „Frankenstein“-Adaption von 1931 stammt. Dieses Auge (und Ohr) fürs Detail macht den Film auch über den Humor hinaus zu einem Vergnügen, bei dem alles aus einem Guss ist, Vorlage und Fälschung selten wie nie in einer Parodie zu einer Einheit verschmelzen.

Abgerundet wird der Spaß durch die erstklassige Besetzung. Wilder, der zum dritten Mal mit Brooks drehte, überzeugt als zunehmend dem Wahn seines Großvaters verfallenden Genies, Peter Boyle als sprachloses Monster, das zugleich mehr als nur ein Monster ist, die auch schon in Blazing Saddles zu Ehren gekommene Madeline Kahn mimt das wunderbare fass-mich-nicht-an-Vamp Elizabeth. Und dann wäre da noch Marty Feldman, der als kauziger Igor die zumindest für einen Komiker wohl dankbarste Rolle in dem Kuriositätenkabinett abbekommen hat, oft nicht mehr als sein ausdrucksstarkes Gesicht braucht, um die Zuschauer zum Lachen zu bringen. Eine gewisse Vorliebe für das Unsinnige muss man in Brooks’ Horrorkomödie natürlich schon mitbringen, letzten Endes ist Frankenstein Junior schließlich ein absolut harmloser Spaß, der aber aufgrund seiner zeitlosen Vorlage besser als viele andere Werke des Amerikaners gealtert ist, selbst über 40 Jahre später noch einwandfrei funktioniert.



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„Frankenstein Junior“ ist der vielleicht rundeste Film von Mel Brooks, funktioniert zeitgleich als Parodie wie auch Hommage an den Horrorklassiker und überzeugt durch seine erstklassige Besetzung und die Liebe zum Detail. Der Humor ist recht albern, aber dafür zeitlos, auch über 40 Jahre später darf man über die absurden Einfälle der Komödie lachen.
8
von 10