Ixcanul
© Kairos Film

Ixcanul – Träume am Fuße des Vulkans

(„Ixcanul“ directed by Jayro Bustamante, 2015)

Ixcanul
„Ixcanul“ läuft ab 31. März im Kino

Sehr viel Freude gibt es nicht im Leben der 17-jährigen María (María Mercedes Coroy). Zusammen mit ihren Eltern (Maria TelonManuel Antún) lebt sie in bescheidenen Verhältnissen auf einer Kaffeeplantage am Fuße eines aktiven Vulkans und soll den Plantagen-Vorarbeiter Ignacio (Justo Lorenzo) heiraten, um die Zukunft der Familie zu sichern. Dabei würde sie lieber einfach nur weg, woanders neu anfangen. In den USA zum Beispiel. Und so lässt sie sich dann auch mit dem Kaffeepflücker Pepe (Marvin Coroy) ein, der ihr versprochen hat, sie dorthin mitzunehmen. Stattdessen macht er sich aber allein aus dem Staub. Schlimmer noch: Maria ist schwanger, womit auch die Ehe mit Ignacio gefährdet ist.

Man kann es witzig finden oder auch wahnsinnig zynisch, wie Pepe María von seinem Reiseziel erzählt: Er will in die USA, weil er dort besser behandelt würde als die Schwarzen. Die USA, das ist das Land der Häuser und der Gärten, des immer funktionierenden Stroms. In der abgelegenen Hochlandschaft in Guatemala, da gibt es nur den Vulkan. Der ist es dann auch, der hier das Leben bestimmt, nach dem die Luft riecht und den es zu überwinden gilt auf dem Weg in die Freiheit. Ein Symbol für die alten Bräuche und Aberglauben, in denen die indigene Bevölkerung gefangen ist.

Frauen zählen dabei nicht viel, María wird nicht einmal gefragt, ob sie Ignacio heiraten möchte. Allein deshalb wirken die Leute dort wird ein kurioses Relikt, das auch aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht in der Lage ist, mit der Welt da draußen in einen Austausch zu treten. Ixcanul ist aber keine Kritik an rückständigen und frauenfeindlichen Wertesystemen, ist keine südamerikanische Ausgabe von Mustang. Denn die zivilisierte Welt mag hier zwar über Strom und Geld verfügen, schreckt aber nicht davor zurück, andere rücksichtslos, teilweise auf perfide Art andere auszunutzen.

Regisseur und Drehbuchautor Jayro Bustamante, der für seinen Debütfilm in seine alte Heimat zurückgekehrt ist, kennt die unglücklichen Verhältnisse der Mayas nicht aus eigener Erfahrung, aber aus vielen Erzählungen und persönlichen Gesprächen. Und so verwundert es dann auch nicht, dass Ixcanul so authentisch geworden ist, obwohl – oder gerade weil? – er ausschließlich mit Laiendarstellern aus der Gegend zusammengearbeitet hat. Beeindruckend ist dabei neben María Mercedes Croy, die sich als María irgendwo zwischen naiven Träumereien und kindischem Trotz bewegt, vor allem Maria Telon als Mutter. Die ist selbst noch in der Vergangenheit verhaftet, auch wenn ihr längst Zweifel an deren Richtigkeit gekommen sind und deshalb am meisten zwischen Tradition und Moderne schwankt.

Das ist als Thema natürlich weder neu, noch spezifisch für Guatemala. Eigentlich ist es sogar eine sehr universelle Geschichte, die Bustamante da in seiner Heimat gefunden und mitgebracht hat. Nur wird sie hier eben mit einem exotischen Setting verbunden, Ixcanul ist wie ein Tor zu einer abgelegenen, vergessenen Welt. Deshalb ist es erfreulich, dass die französisch-guatemaltekische Koproduktion nach seiner Aufführung auf der Berlinale, wo sie den Silbernen Bären abstauben konnte, nun auch einen regulären Kinostart erfährt. Der Zuschauer wird dem Film vielleicht nicht so viel Neues entnehmen können, wie man es sich angesichts seiner ungewöhnlichen Herkunft erhoffen könnte, sehenswert ist diese Kombination aus einem allgemeingültigen Inhalt und dem fremden Drumherum aber zweifelsfrei.



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„Ixcanul“ erzählt eine klassische, allgemeingültige Geschichte einer jungen Frau, die gegen Tradition und Brauchtümer kämpft, mit einem ungewohnten Setting und ist nicht zuletzt aufgrund der glaubwürdigen Darsteller ein sehenswerter Blick auf eine fremde Welt.
8
von 10