Club der roten Baender Staffel 1
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Club der roten Bänder – Staffel 1

(„Club der roten Bänder – Staffel 1“, 2015)

Club der roten Baender Staffel 1
„Club der roten Bänder – Staffel 1“ ist seit 29. Januar auf DVD und Blu-ray erhältlich

Leo (Tim Oliver Schultz) hat die Erfahrung schon hinter sich, bei Jonas (Damian Hardung) steht sie unmittelbar bevor: die Amputation eines Beines aufgrund einer Krebserkrankung. Dass die beiden Jugendlichen schnell auf einer Wellenlänge sind, ist daher klar. Nur brauchen sie noch vier weitere Mitglieder, um ihre Krankenhausgang zu gründen. Und die finden sie in Hugo (Nick Julius Schuck), der seit einem Unfall im Koma liegt, der magersüchtigen Emma (Luise Befort), dem arroganten Alex (Timur Bartels), der aufgrund eines Schwächeanfalls eingewiesen wurde, und Toni (Ivo Kortlang), einem leicht autistischen Jungen, der sich beide Beine gebrochen hat.

Krankenhausserien gab es in der Geschichte des Fernsehens nicht zu knapp, ob nun aus den USA (General Hospital, Scrubs, Dr. House) oder auch bei uns (Die Schwarzwaldklink, Doctor’s Diary). Die Versuchung war daher groß, Club der roten Bänder allein schon des breitgetretenen Themas wegen zu ignorieren. Doch wäre genau das ein Fehler gewesen, denn die deutsche Produktion ist nur sehr bedingt mit ihren Kolleginnen zu vergleichen. Ausnahmsweise wird hier einmal die Welt nicht durch die Augen der Halbgötter in weiß gesehen, auch die Krankenschwestern haben nicht wirklich etwas zu melden. Stattdessen stehen die Patienten im Mittelpunkt, vor allem eben jene sechs Jugendlichen, die zusammen den titelgebenden Club gründen.

Damit dies aber auch funktioniert, durften die Figuren nicht gleich wieder aus dem Krankenhaus verschwinden, eine schwere Krankheit musste her. Geschont wird der Zuschauer also nicht, eine Serie damit zu beginnen, dass einem Jungen das Bein abgenommen wird, das ist schon ein ziemlicher Schlag in die Magengrube. Und es bleibt nicht bei diesem einen Schlag: Die Adaption der katalanischen Serie Polseres vermelles, die auf Erlebnissen des Theater- und Drehbuchautors Albert Espinosa basiert, will kein Kuschelfernsehen sein. Auf jeden Fortschritt folgt ein Rückfall, es kommt fortwährend zu Problemen und Komplikationen, bei jeder Folge heißt es aufs Neue bangen, ob am Ende der 45 Minuten alle Beteiligten wirklich noch da sind.

Todkranke Kinder ist natürlich harter Tobak, einer der hier auch immer wieder bewusst eingesetzt wird. Und doch ist Club der roten Bänder kein reines Betroffenheitsdrama, das sich am Leid der anderen weidet. Vielmehr geht es eben darum, das Glück im Unglück zu finden, handelt von Freundschaft. Und vom Erwachsenwerden. Am Ende dürfen die sechs nämlich genau das sein, was sie sind: junge Menschen. „Ich versteh den ganzen Gefühlskram nicht“, sagt Toni in der zweiten Hälfte, wenn zu den ganz existenziellen Problemen auch noch diverse amouröse treten. Und er ist nicht der einzige, der so fühlt. Er ist nur der einzige, der aufgrund seines mentalen Zustands offen mit der Situation umgeht. Der Rest kämpft, schreit und schmollt, weiß oft dabei nicht mal so recht warum.

Das ist meist schön authentisch, zeichnet glaubhaft die verwirrende Welt eines Jugendlichen, der auch in einer ungewöhnlichen Lebenssituation mit gewöhnlichen Teenagernöten zu kämpfen hat. Streckenweise torpediert sich die Serie dabei jedoch selbst. Durch die Figur des komatösen Hugos, der mittels Toni kommuniziert und in einer Art Zwischenwelt gefangen ist, bekommt Club der roten Bänder eine eher fantastische Note, die auch nie erklärt wird. Das zweite Problem ist der begrenzten Laufzeit geschuldet: Um innerhalb von zehn Episoden alles erzählen zu können, wurde an manchen Stellen doch sehr aufs Gaspedal getreten. In dem einen Moment sind sich die Figuren noch spinnefeind, im nächsten fällt man sich in die Arme. So ganz mag man das sprunghafte Verhalten nicht abnehmen, man wird häufiger aus dem fiktiven Traum gerissen, als es einem lieb ist.

Etwas gröber wird es auch bei den nur wenig subtilen Versuchen, den Zuschauer emotional zu manipulieren. Aber eben auch sehr effektiv, es ist bei allem Ärger über die dramatischen Elemente schwer, sich deren Wirkung zu entziehen. Schwer, nicht mit den jungen Menschen zu fühlen in ihren Momenten der Trauer und des Glücks, gleich ob man nun ihr Alter teilt oder aufgrund eigener Erinnerungen dorthin gelangt. Wohl auch deshalb war Club der roten Bänder ein überraschender Quotenerfolg, der spielerische Zugang zu einem schweren Thema, das jeden irgendwo angeht. Die Serie lässt einen fühlen und leben, kommt einem auch dann nah, wenn man es eigentlich gar nicht will. Eine zweite Staffel des Coming-of-Age-Dramas ist dann auch bereits in Planung, es darf also auch in Zukunft etwas geschluchzt und bei gelegentlichem Galgenhumor auch ein bisschen gelacht werden.



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Eine Serie über todkranke Kinder, das ist schwerer Stoff, der durchaus auch manipulativ eingesetzt wird. Und doch ist „Club der roten Bänder“ kein reines Betroffenheitsdrama, sondern erzählt weitegehend authentisch davon, was es heißt sich als Jugendlicher in schwierigen Situationen zurechtfinden zu müssen.
7
von 10