Unglaublichen
© Pixar/Disney

(„The Incredibles“ directed by Brad Bird, 2004)

UnglaublichenFrüher waren sie einmal überall gewesen, konnten fliegen, Eis herbeizaubern oder auch einfach nur alles kurz und klein schlagen. Dann jedoch fielen die Superhelden in der Öffentlichkeit in Ungnade, mussten sich neue Identitäten suchen und ohne ihre Kräfte neu anfangen. Bob ist einer dieser Ex-Helden, lebt nun mit seiner Frau Helen und den drei Kindern – ebenfalls mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet – in einem kleinen Familienhaus. Der Alltag ist geregelt, aber auch langweilig, insgeheim träumt Bob noch immer von den glorreichen alten Tagen. Und so ist er dann auch gleich Feuer und Flamme, als eine mysteriöse Geheimorganisation an ihn herantritt und ihn um Hilfe bittet.

Bei aller unbestreitbaren Qualität von Findet Nemo, der fünfte Film der Pixar zeigte kaum zu übersehende Tendenzen zur Routine. Umso überraschender, was beim nachfolgenden Werk kam, das gleich mit diversen Traditionen des Animationsstudios brach: 1. Regie und Drehbuch stammten aus einer Hand, anstatt dass ein Konsortium die Kreativkontrolle übernahm. 2. Der Verantwortliche war keiner der Alteingesessenen, der sich bei Pixar hochgearbeitet hat, sondern der Neuling Brad Bird. 3. Die Protagonisten waren allesamt Menschen.

Warum bei den vorangegangenen Filmen größtenteils Tiere, Fabelwesen und Spielzeuge das Sagen hatten, darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht war den Autoren keine packende Menschengeschichte eingefallen. Bestimmt spielten auch die technischen Einschränkungen eine Rolle, schließlich sind Menschen ungleich schwieriger zu modellieren – siehe den Qualitätsunterschied in Toy Story, in denen Andy deutlich weniger überzeugend aussieht als seine Spielsachen. Oder man wollte einfach Figuren, die sich anschließend leichter zum Merchandising verwenden lassen. Und da haben knuddelige Tiere und Cowboys nun einmal einen klaren Vorteil.

Was auch immer der Grund war, das menschliche Debüt war gelungen, stand den bisherigen Filmen von Pixar in nichts nach. Der Humor ist nach wie vor familientauglich, wenngleich Erwachsene dieses Mal ein bisschen mehr davon haben. Zumindest solche, die mit typischen Spionage- und Superheldengeschichten der 60er aufgewachsen sind. Tatsächlich ist Die Unglaublichen in vielerlei Hinsicht Hommage an eben jene Filme und Serien, gleichzeitig eine Parodie darauf im Stil von Cool McCool. Mysteriöse Geheimorganisationen, abgelegene Kommandozentralen, die diversen Gadgets, ja sogar die Musik lassen einen vergessen, dass der Film im Jahr 2004 entstanden ist und nicht etwa 40 Jahre zuvor.

Witzig sind aber nicht nur die Anspielungen und Übertreibungen – wunderbar sind hier der Gegenspieler und die geniale Modeschöpferin Edna –, sondern auch der Kontrast zwischen aufregenden Superheldendasein und drögem Alltag. Wer sich schon immer einmal gefragt hat, was solche Figuren abseits ihrer Abenteuer erleben, der bekommt hier eine Antwort. Und die fällt überraschend bekannt aus: Eheprobleme, Arbeitsfrust, Identitätskrisen, Die Unglaublichen verpackt erstaunlich erwachsene Themen in seine Cartoongrafik, in denen man sich als Zuschauer leicht wiederfinden kann. Erst zum Ende hin ließ der Einfallsreichtum nach, die originelle Mischung wird dann zu einem temporeichen, aber doch vergleichbar gewöhnlichen Actionblockbuster.

Immerhin aber einem, der sich auch mehr als zehn Jahre später noch gut anschauen lässt. Die stilisierten Designs der Figuren kommen den technischen Beschränkungen von damals entgegen, denn wirklich realistisch sollen die Leute hier ja gar nicht aussehen. Die Hintergründe sind ebenfalls etwas simpler, was hier aber kaum störend auffällt, da man ohnehin meistens mit den Geschehnissen im Vordergrund beschäftigt ist – Ruhemomente gibt es kaum. Für Bird, der zuvor mit Der Gigant aus dem All einen kolossalen Flop gelandet hatte und im Original die Rolle der Edna spricht, bedeutete sein Pixar-Debüt der ersehnte Durchbruch, Die Unglaublichen ist immer wieder auf Bestenlisten zu finden. Umso erstaunlicher, dass es lange so aussah, als wäre der erste Auftritt von Bob und Helden gleichzeitig der letzte gewesen. Inzwischen ist es aber offiziell, dass wir uns auf ein Wiedersehen freuen dürfen. Ein bisschen dauern wird es aber noch: Die Unglaublichen 2 soll 2018 in die Kinos kommen.



(Anzeige)

„Die Unglaublichen“ bricht gleich mit mehreren Pixar-Traditionen, ohne den anderen Werken nachzustehen. Auch wenn der Fokus zum Ende hin etwas zu sehr auf Action gelegt wurde, ist der Film eine insgesamt sehr Mischung aus Parodie und Hommage an die 60er Jahre Superhelden- und Spionageabenteuer.
8
von 10