Possessed

(„Pos Eso“ directed by Samuel Ortí Martí, 2014)

PossessedEr ist ein erfolgreicher Stierkämpfer, sie eine bekannte Flamenco-Tänzerin – zusammen sind Gregorio und Trini  ein absolutes Traumpaar und ein Liebling der Boulevardpresse. Nur ihr Sohn Damian stört ein wenig das traute Glück mit seinem seltsamen Verhalten. Was die beiden nicht ahnen: Hinter seinen Ausfällen stecken weder Pubertät noch psychische Störung, sondern ein Dämon. Und der kennt nach dem plötzlichen und nicht ganz zufälligen Tod von Gregorio kein Halten mehr. Ausgerechnet Vater Lenin soll den Sprössling von seinem unerwünschten Eindringling befreien. Dummerweise steckt der Geistliche aber gerade mitten in einer Glaubenskrise, was nicht die beste Voraussetzung für einen Exorzisten ist.

Animationsfilme und Horrorthematik war schon immer eine eher seltene Kombination, kommt dann noch das Medium Knetmasse hinzu, muss man schon lange suchen, um ein Beispiel zu finden.  Allein deshalb schon war der spanischen Produktion Possessed ein bestimmtes Mindestmaß an Aufmerksamkeit gewiss, als sie beim Fantasy Filmfest 2015 neben Extraordinary Tales die Animationssparte des berühmt-berüchtigten Genrefestivals vertreten durfte. Im Vergleich zur Edgar-Allan-Poe-Hommage war Possessed jedoch nur zweite Wahl, so gern man dies auch anders gehabt hätte, so reizvoll die Vorstellung eines dämonischen Wallace and Gromit-Verschnitts auch war.

Was die pure technische Perfektion anging, heißt es hier natürlich Abstriche machen, an die Claymation-Meisterwerke der englischen Kollegen kommt man hier zu keinem Zeitpunkt heran. Solide ist die Optik zweifelsfrei, die Animationen sind gelungen, das Design der Figuren ist oft witzig. Es fehlt jedoch an einer vergleichbaren Liebe zum Detail, welche die Aardman Studios auszeichnet, viele Schauplätze sind dann doch ein wenig einfach geraten.

Das größere Problem betrifft jedoch den Inhalt, dem nach einem herrlichen Start die Ideen ausgehen. Das Szenario enthält eine Reihe vielversprechender Ansätze, die jedoch kaum verfolgt werden oder zur Hälfte des Films schon ein Ende finden. Danach verlässt sich Regisseur und Drehbuchautor Samuel Ortí Martí ein bisschen zu sehr auf sein visuelles Alleinstellungsmerkmal und das Insiderwissens seines Publikums. Man muss noch nicht mal die naheliegende Referenz Der Exorzist bemühen, in den rund 80 Minuten tummeln sich allerhand Anspielungen auf mehr oder wenige bekannte Vertreter des Horrorgenres. Für das Fantasy Filmfest ist das natürlich ideal, schließlich darf man hier davon ausgehen, dass das Publikum die kleinen Verbeugungen versteht.

Aber selbst dann bietet Possessed nicht genug, um einen ganzen Film zu füllen. Als Kurzfilm hätte das großartig sein können, auf die volle Distanz sind der derbe Humor – die Bilder nackter Brüste dürfen ebenso wenig fehlen wie abgehackte Körperteile – und die Referenzen dann aber doch ein bisschen wenig. Manchmal fühlt man sich gar an unselige Horrorparodien wie Scary Movie oder Supernatural Activity erinnert. Wenn überhaupt, dann ist der spanische Film deshalb auch vor allem für Sammler interessant. Die werden sich aber noch gedulden müssen, ein regulärer DVD- oder gar Kinostart ist hierzulande bislang nicht angekündigt.



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Eine Claymation-Horrorkomödie über einen besessenen Jungen, das hört sich interessanter an, als es ist. Optisch ist „Possessed“ zwar solide, dafür mangelt es gerade in der zweiten Hälfte an Ideen, die spanische Produktion ruht sich zu sehr auf ihren Knetmasselorbeeren und Anspielungen auf Genreklassiker aus.
6
von 10