Das Zeichen 4
© 1987 Granada Television Limited

Das Zeichen 4

(„The Sign of Four“ directed by Peter Hammond, 1987)

Sherlock Holmes Die Filme
„Das Zeichen 4“ ist als Teil der Box „Sherlock Holmes – Die Filme“ seit 2. April auf DVD und Blu-ray erhältlich

Es ist eine eigenartige Geschichte, welche die junge Mary Morstan (Jenny Seagrove) da erzählt: Jedes Jahr erhält sie von einem Unbekannten eine wertvolle Perle, wohl als Wiedergutmachung für das Verschwinden ihres Vaters. Und nun soll sie auch die Hintergründe erfahren, so behauptet es zumindest das anonyme Schreiben. Misstrauisch, was wohl dahinter stecken mag, wendet sie sich an den berühmten Detektiv Sherlock Holmes (Jeremy Brett) und beauftragt ihn, bei dem Treffen mit dem Absender anwesend zu sein. Der lässt sich auch nicht zweimal bitten und macht sich zusammen mit seinem Freund und Helfer Dr. Watson (Edward Hardwicke) auf den Weg.

Es ist eine Diskussion, die bis heute unter den Anhängern des Meisterdetektivs hart umkämpft wird: Wer war der beste Darsteller von Sherlock Holmes? Einfach ist das nicht, dafür liehen inzwischen einfach schon zu viele der berühmten Romanfigur ihr Gesicht. Und selbst wer die Schauspieler der populären Spielfilme ignoriert – von Basil Rathbone (Der Hund von Baskerville) bis zu Robert Downey Jr. (Sherlock Holmes) – und sich nur auf Serien konzentriert, steht vor der Qual der Wahl; mehr als ein Dutzend Versuche gab es hier, dem umfangreichen Werk von Arthur Conan Doyle gerecht zu werden.

Ein Problem bei der Entscheidungsfindung ist, dass die Adaptionen nicht nur sehr zahlreich sind, sondern auch unterschiedlicher kaum sein könnten. Die Kultfassung Sherlock interpretiert das klassische Material sehr modern, Elementary versetzt die Geschichte in die USA, in der Animeserie Sherlock Hound spielt ein Hund den Detektiv, in Japan ist derzeit eine Puppentheaterfassung im Fernsehen zu sehen. Im Vergleich dazu waren Die Abenteuer des Sherlock Holmes mit Jeremy Brett deutlich konventioneller. Tatsächlich dürfte es kaum eine Version geben, die sich derart eng an das literarische Original hielt wie die von 1984 bis 1994 englische Fernsehserie – was für Puristen ein Segen ist, manchmal aber auch ein Fluch.

Das Zeichen 4, der 1987 gedrehte erste Langfilm der Serie, fällt unter letztere Kategorie. Basierend auf dem zweiten Holmes-Roman aus dem Jahr 1890 erzählt der Film eine Geschichte, die deutlich von der damaligen Zeit geprägt ist. Wenn Ende des 19. Jahrhunderts die englische Bevölkerung von Indien und fremden Völkern las, war dies noch mit einer heute kaum mehr reproduzierbaren Exotik verbunden. Der Clou bei der Auflösung, damals noch unerhört, verpufft bei einem heutigen Publikum wirkungslos. Lässt man diese Aspekte aber aus, bleibt ein nicht allzu aufregender Fall übrig.

Dabei ist die erste Hälfte von Das Zeichen 4 noch durchaus stimmungsvoll, die mysteriöse Geschichte um die wertvollen Juwelen stimuliert nicht nur bei Holmes selbst die Neugierde, auch als Zuschauer will man unbedingt wissen, was dahinter steckt. Doch mit der Zeit bleibt dank des ereignislosen Verlaufs nur wenig von dieser übrig, der späte Versuch durch eine Verfolgungsjagd noch einmal die Spannung zu steigern, scheitert an dem gemächlichen Tempo – da ist man über 25 Jahre später einfach schon sehr viel mehr gewohnt. Und auch dass das TV-Budget vergleichsweise gering war, man deshalb keine exotischen Orte à la Tod auf dem Nil bieten konnte, verhindert einen größeren Eindruck.

Dafür ist an den Schauspielern nichts auszusetzen. Jeremy Brett gibt wie schon in der Serie gekonnt den unterkühlten Logiker, witzig sind auch die von Ronald Lacey verkörperten Sholto-Zwillinge, welche schön den grotesken Charakter der Romanfiguren einfingen. Und mit Peter Hammond saß zudem ein ausgewiesener Krimispezialist auf dem Regiestuhl, der viele frühe Folgen von Mit Schirm, Charme und Melone zu verantworten hatte. Aber das gesammelte Talent kann die inhaltlichen Schwächen nicht ausgleichen. Deutlich besser sieht es daher bei den noch folgenden vier Brett-Filmen aus, die zusammen mit Das Zeichen 4 kürzlich in einer sehr schön aufgemachten Sammelbox erschienen sind.



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Der erste Holmes-Langfilm mit Jeremy Brett hält sich eng an die Vorlage. Das wird Puristen freuen und ist auch sehr ansprechend gespielt. Dafür funktioniert die Geschichte im Jahr 2015 kaum noch, und auch das Tempo ist für heutige Sehgewohnheiten zu gering.
6
von 10