Ayakashi Samurai Horror Tales
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Ayakashi: Samurai Horror Tales

(„Ayakashi“ directed by Tetsuo Imazawa, Hidehiko Kadota, Kenji Nakamura, 2006)

AyakashiWenn Menschen Übersinnliches erleben – oder es sich zumindest einbilden – ist das oft sehr lustig, wie Signor Rossi letzte Woche bewies. Dass das aber auch ganz anders laufen kann, wird jeder bestätigen können, der Teil 38 unseres fortlaufenden Animationsspecials gesehen hat.

Ring, Ju-On, Dark Water, Uzamaki – zur Jahrtausendwende gab es einige Jahre kein Entkommen von den japanischen Horrorfilmen, ständig kamen weitere gruslige Vertreter aus Fernost oder auch deren US-Remakes nach. Durchaus möglich, dass man beim Fernsehsender Fuji TV an diese großen Erfolge anknüpfen wollte, als die Verantwortlichen 2006 die Animeserie in ihre nächtliche Programmschiene noitaminA aufnahmen. Zielten die beiden ersten Beiträge dieses Blocks – Honey and Clever und Paradise Kiss – noch auf ein weibliches Publikum, sollten dieses Mal nämlich die Anhänger klassischer Geistergeschichten bedient werden.

Die erste, Yotsua Ghost Story (Yotsuya Kaidan), hat dann auch tatsächlich eine traditionelle Vorlage. Basierend auf einem Kabuki-Stück aus dem 18. Jahrhundert von Nanboku Tsuruya wird hier die Geschichte einer geschmähten Ehefrau erzählt, die ihren Mann und diverse andere für deren Verbrechen mit einem Fluch belegt. Goddess of the Dark Tower (Tenshu Monogatari) wiederum wurde von dem gleichnamigen Werk des Autors Kyôka Izumi inspiriert und handelt von einem Mann, der sich unwissentlich in eine menschenfressende Göttin verliebt. Und auch in Goblin Cat (Bake Neko), die einzige Neuentwicklung der Serie, warten übernatürliche Gefahren auf die Protagonisten. Hier ist es ein ganzer Haushalt, der von einer fremden Kraft bedroht wird, und nur ein namenloser Apotheker kann sie noch retten.

Drei voneinander unabhängige Geschichten, drei Regisseure, drei Drehbuchautoren – dass die Qualität da nicht ganz einheitlich ist, kommt nicht überraschend, zumal auf den ersten Blick die großen Namen fehlen. Weder Tetsuo Imazawa (Yotsua) noch Hidehiko Kadota (Tenshu) oder sein Kollege Kenji Nakamura (Bake Neko) dürften hierzulande vielen ein Begriff sein. Interessanter sind da schon die Beteiligten drum herum. Das Design von Yotsua stammt von dem legendären Illustrator Yoshitaka Amano, dessen Werke man unter anderem aus den früheren „Final Fantasy“-Spielen oder den Filmen Angel’s Egg und Vampire Hunter D kennt, das Drehbuch der Geschichte schrieb Chiaki J. Konaka (Serial Experiments Lain, Texhnolyze). Michiko Yokote wiederum, Autor von Bake Neko, war für das Drehbuch von Oh! My Goddess – Der Film und die derzeit hoch gelobte Serie Shirobako zuständig, was Freunde humoriger Anime aufhorchen lässt.

Zu sehen, ist von der Qualität zunächst aber wenig: Wer mit Ayakashi: Samurai Horror Tales beginnt, wird eventuell schon nach wenigen Minuten das Bedürfnis haben, den Fernseher wieder auszuschalten. Nicht nur, dass im Vorspann ein völlig unpassendes Hip-Hop-Lied gespielt wird, die holprigen Animationen des Traditionsstduios Toei Animation (Dragon Ball, Sailor Moon) waren schon zur Zeit der Ausstrahlung kaum akzeptabel, heute sind sie eine Zumutung. Seine Ansprüche an die Optik muss man hier also schon sehr deutlich zurückschrauben, wird dann jedoch mit drei atmosphärischen Kurzgeschichten belohnt, die jeweils drei bzw. vier Episoden lang sind. Neben den traditionell gestalteten Figuren, die nur wenig mit den üblichen Animeklischees gemein haben, unterstützt vor allem die akustische Unterhaltung das Gefühl, ins vergangene Japan zu reisen: Wenn nicht gerade à la Higurashi ein Zirpen zu hören ist, kommen klassische Instrumente aus dem Land der aufgehenden Sonne zum Einsatz.

Der Gruselfaktor ist während der drei Geschichten auf sehr unterschiedlichem Niveau. Goddess of the Dark Tower kann zwar mit diversen bizarren Kreaturen aufwarten und der ein oder anderen düsteren Situation, ist im Grunde jedoch eine herkömmliche Liebesgeschichte zwischen zwei Wesen, die nicht zueinander finden. Yotsua Ghost Story hat hier mehr zu bieten. Auch wenn der Faktor des Unbekannten hier fehlt – im Gegensatz zu den Protagonisten wissen wir, was gespielt wird – sind die Momente, in denen sich der Rachefluch manifestiert doch oft von verstörender Natur. Aber so richtig furchteinflößend wird es erst bei Gobelin Cat, in dem wir zusammen mit der Familie in dem Haus gefangen sind, ohne eine Ahnung zu haben, was da draußen vor der Tür herumstreicht. Und warum. Während so die Bestie immer näher kommt, die Schutztalismane versagen und die Gefangenen teils vor Angst wahnsinnig werden, steigt auch beim Zuschauer die Spannung – trotz gelegentlicher Comedy-Einlagen.

Die letzte Geschichte ist aber auch in visueller Hinsicht der krönende Abschluss. Im Stil alter japanischer Malerei gehalten, wirken die Bilder so, als wären sie auf Reispapier gemalt. Goblin Cat war folgerichtig auch die beliebteste der drei Legenden und hatte sogar eine eigene Spin-off-Serie namens Mononoke zur Folge, welches ein Jahr später auf noitaminA ausgestrahlt wurde und dank ihres einzigartigen Stils heute bekannter ist als Ayakashi selbst. Leider ist weder sie noch die Ursprungsserie je in Deutschland erschienen, weshalb horroraffine Animefans mal wieder den Import aus den USA oder Frankreich bemühen müssen.



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Hierzulande kaum bekannt, erzählt die TV-Serie drei klassische japanische Geistergeschichten, die entweder auf älteren Werken basieren oder sie zumindest imitieren. Technisch äußerst bescheiden überzeugt „Ayakashi: Samurai Horror Tales“ durch seine Atmosphäre, vor allem die letzte der drei inhaltlich unabhängigen Geschichten ist ein Muss für jeden horroraffinen Animefan.
7
von 10