Die Verfluchten

Die Verfluchten

(„House of Usher“ directed by Roger Corman, 1960)

Die VerfluchtenEr liebt sie, sie liebt ihn – wenn Gefühle der einzige Maßstab wären, es gäbe keinen Grund, gegen die Vermählung von Philip Winthrop (Mark Damon) und Madeline Usher (Myrna Fahey) zu sein. Tatsächlich sind die beiden auch längst verlobt, seitdem sie sich in Boston kennengelernt hatten. Doch richtig glücklich scheint niemand zu sein, als Philip im Herrenhaus der Ushers ankommt. Vor allem Madelines Bruder Roderick (Vincent Price) würde den jungen Mann gern gleich wieder vor die Tür setzen. Nicht aus Antipathie, nein, ein Fluch ist es, der dem Hausherren Sorgen bereitet. Ein Fluch, der auf der Familie liegt und jedem Unglück bringen soll, der ihr zu nahe kommt.

Zum 165. Mal jährte sich diesen Oktober bereits der Tod von Edgar Allan Poe, doch noch immer ist das Urgestein der Horrorliteratur eine ständige Inspirationsquelle für Filmschaffende auf der ganzen Welt – sei es bei direkten Adaptionen seiner zahlreichen Kurzgeschichten oder als Figur in The Raven. Eines der am häufigsten verfilmten Werke ist das 1839 erschienene „Der Untergang des Hauses Usher“, das seit 1928 immerhin knapp 20 Mal umgesetzt wurde. Die Verfluchten von 1960 gehört dabei sicher zu den bekannteren Versionen und liegt nun erstmals hochauflösend vor. Was ein Segen ist, gleichzeitig irgendwo aber auch ein Fluch.Die Verfluchten Szene 1

Ohne Zweifel kommen die Bilder nun noch besser zur Geltung. Und zu sehen gibt es hier einiges: die verschwenderisch opulente Einrichtung des Herrenhauses, die farbenprächtigen Kostüme und vor allem die sehr ausdrucksstarken Porträts der Usher-Ahnengalerie. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, wie künstlich Die Verfluchten wirkt. Beispielsweise nimmt man es einer perfekt zurechtgemachten Myrna Fahey nicht ab, dass sie eine sterbenskranke Frau spielen soll. Insgesamt hat der Film damit zu kämpfen, dass er gerne mal ein bisschen zu dick aufträgt. Vincent Price beispielsweise wird hier mit seinen zur Schau gestellten Manierismen zur Verkörperung des Overactings, die Musik erschlägt einen förmlich in ihrer Dramatik.

Auch dadurch wird Die Verfluchten nie so spannend, wie man es sich wünschen würde: Anstatt à la Bis das Blut gefriert immer tiefer in dem unheilvollen Haus zu versinken, wird man hier durch die Inszenierung viel zu oft aus der Illusion gerissen. Hier wird mit großer Geste über den Fluch des Hauses gesprochen, gezeigt wird nur wenig. Für einen konstanten Gruselfaktor reicht es so nicht, gerade die erste Hälfte ist doch ziemlich ereignislos. Etwas unglücklich sind auch die zahlreichen inhaltlichen Änderungen: Statt des distanzierten Ich-Erzählers übernimmt hier ein Verlobter die Rolle des analytischen Außenstehers. Der Wechsel der Perspektive ist dabei weniger das Problem, führt jedoch zu einem Glaubwürdigkeitsdefizit: Dass Madeline in Boston eine lebensfrohe Frau gewesen sein soll und jetzt ein Häufchen Elend, so richtig erschließen will sich das nicht, ebenso dass sie sich verlobt haben soll, die Ankunft Philips jedoch für alle überraschend ist.Die Verfluchten Szene 2

Doch auch wenn der in die Jahre gekommene Gruselklassiker aus heutiger Sicht nicht mehr so richtig überzeugen kann, ist er nicht nur aus historischen Gründen interessant. Das verwinkelte Haus mit seinen düsteren Gewölben ist noch immer ein fantastischer Anblick. Und wenn zum Ende hin endlich auch die Handlung mal in die Gänge kommt, zeigt sich, warum der Film seinerzeit so erfolgreich war. Bis es aber so weit ist, gibt es bei Die Verfluchten nicht sehr viel Anlass mitzufiebern.



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Optisch ist der opulente Gruselklassiker noch immer sehr stark, punktet vor allem mit dem Haus und dessen Einrichtung. Inhaltlich ist er jedoch weniger hervorstechend, gerade in der ersten Hälfte will beim sehr künstlich wirkenden Horrorfilm keine rechte Spannung aufkommen.
6
von 10