Anomaly – Jede Minute zählt

Anomaly – Jede Minute zählt

(„The Anomaly“ directed by Noel Clarke, 2014)

Anomaly – Jede Minute zähltStell dir vor: Du wachst auf, weißt aber nicht, wo du bist, wann du bist, wer du bist. Sicher, das kann schon mal vorkommen, wenn man am Abend zu tief ins Glas geschaut hat. Nur ist Ryan Reeve (Noel Clarke) nicht betrunken. Und beim Erwachen in einem fahrenden Van zu sein, zusammen mit einem entführten Jungen, auch das ist eher ungewöhnlich. Aber bevor der ehemalige Soldat auch nur ansatzweise begriffen hat, wie ihm geschieht, ist der Spuk auch schon wieder vorbei – nur um woanders weiterzugehen. Immer wieder findet sich Ryan urplötzlich in seltsamen Situationen wieder und hat nur wenige Minuten Zeit herauszufinden, was hier geschieht und was er mit der Entführung des kleinen Alex (Art Parkinson) eigentlich zu tun hat. Und der einzige, der ihm weiterhelfen könnte – Harkin (Ian Somerhalder) – hat offensichtlich so gar kein Interesse daran.

Ein Protagonist mit Gedächtnislücken, das ist im Thrillergenre zwar ein reichlich ausgelutschtes Plotelement, aber noch immer effektiv. Und das gilt auch für Anomaly – Jede Minute zählt: Nach und nach dürfen wir die (Vor-)Geschichte ergründen und das Chaos aus Puzzleteilen zu einem Bild zusammensetzen. Dieses ist sicher nicht das schönste – die Auflösung ist ziemlicher Blödsinn, der komplette Film an den Haaren herbeigezogen –, der Weg dorthin dafür aber rasant erzählt. Der Kniff, dass Ryan immer nur knapp zehn Minuten bleiben, bis sein Bewusstsein wieder abschaltet, sorgt für eine Menge Zeitdruck und auch Spannung: Anfangs bleibt man allein schon deshalb dabei, um zu sehen, welche absurde Situation wohl als nächstes gezeigt wird.Anomaly – Jede Minute zählt Szene 1

Ebenfalls nett sind die von Martial Arts beeinflussten Kämpfe, bei denen wahlweise mit Zeitraffer oder Zeitlupe gearbeitet wird, dazu gibt es fett dröhnende Musik. Die Eleganz der fernöstlichen Kollegen erreicht der englische Verwandte zwar an keiner Stelle, stylisch in Szene gesetzt sind die Auseinandersetzungen aber schon. Da zudem fast jede Begegnung mit anderen Protagonisten in einer Prügelei oder Schießerei endet – von dem überflüssigen Love Interest Dana (Alexis Knapp) einmal abgesehen – ist zumindest für Actionfans einiges dabei.

Der Rest von Anomaly ist weniger bemerkenswert, dafür kupfert die dritte Regiearbeit von Noel Clarke dann doch zu sehr bei der Konkurrenz ab. Und das nicht einmal übermäßig gut. Schon bei der ersten Verfolgungsjagd zeigt sich, dass Konventionen nicht wirklich überfragt werden. Für Genreanhänger mag das kein Problem sein, ein bisschen ärgern darf man sich aber schon, wenn die Bösen in dem einen Moment noch dicht auf den Fersen sind, aber in den entscheidenden Augenblicken nirgends zu sehen sind.Anomaly – Jede Minute zählt Szene 2

Ebenfalls schade: Schauspielveteran Brian Cox wird hier für eine Minirolle verschwendet und bekommt gar nicht erst die Gelegenheit, seine Klasse zu zeigen. Wirklich viel zu tun haben aber auch die anderen Darsteller nicht, dafür geben Figuren und Dialoge einfach nicht genug her. Aber das war wohl auch nicht gedacht, der Science-Fiction-Thriller hat abgesehen von einigen pseudophilosophischen Szenen gar nicht den Anspruch, mehr als schick inszenierte Action zu bieten. Mehr als Dutzendware sollte deshalb auch niemand erwarten.

Anomaly – Jede Minute zählt ist seit 30. Oktober auf DVD und Blu-ray erhältlich



(Anzeige)

Hohe Ansprüche darf man bei Anomaly nicht mitbringen, dafür ist die Geschichte zu dämlich, Figuren und Dialoge zu langweilig, vieles von der Konkurrenz ohne Sinn und Verstand abgekupfert. Dafür ist der Sci-Fi-Thriller rasant in Szene gesetzt und die zahlreichen Kämpfe recht stylisch.
5
von 10