Ohne Gnade

Ohne Gnade!

(„Ohne Gnade“ directed by Birgit Stein, 2013)

Ohen GnadeIrren ist menschlich. Was für den Zuschauer gilt, der es sich daheim vor dem Fernseher oder auch im Kinosessel gemütlich macht, trifft natürlich auch auf die Leute auf der anderen Seite der Mattscheibe bzw. Leinwand zu. Soll heißen: Auch Schauspieler greifen mal ins Klo bei der Wahl ihrer Filme. Ob das nun aus Geldnot, Langeweile oder aus mangelnder Lektüre des Drehbuchs geschieht, spielt dabei am Ende keine Rolle. Interessanter wird es, wenn gleich eine ganze Reihe von Talenten oder zumindest bekannten Namen sich in einen Film verirrt haben, der eigentlich unter ihrem Niveau ist. Bestes Beispiel dafür ist Movie 43, der so obszön viele tolle Schauspieler vereint und trotzdem gerade mal so Durchschnitt ist. Und das auch nur, wer Brachialhumor mag.

Ohne Gnade ist darauf die deutsche Antwort und zeigt, dass das alles noch viel schlimmer geht. Natürlich sind die Namen nicht ganz so groß wie bei dem Hollywoodverwandten. Dennoch: Helge Schneider, Thomas Heinze, Jürgen Prochnow, Tom Wlaschiha, Martin Armknecht, Gedeon Burkhard, Christoph M. Ohrt, Rolf Zacher, Ralf Richter – da sind schon viele dabei, die man aus dem Fernsehen, dem Kino oder auch der Bühne kennt. Und mehr noch als beim obigen Episodenfilm fragt man sich: Was zum Teufel haben die in dem Drehbuch gesehen?Ohen Gnade Szene 1

Doch nicht diese illustre Schar an Männern, drei Frauen geben hier den Ton an: die Schwestern Biene (Sylta Fee Wegmann) Püppi (Sina Tkotsch), sowie deren Mutter Hilde (Catrin Striebeck). Zusammen lebt das Damentrio in einem Schrebergarten und verzweifelt an der Männerwelt. Egoistisch, sexbesessen, untreu – so lauten nur einige der Vorwürfe, mit denen die drei das andere Geschlecht betiteln. Als sich Hildes neuester Verehrer, der schmierige Ronzo (Gedeon Burkhard), an die Tochter ranmacht, ist es ganz aus. Dumm nur, dass Ronzo gleichzeitig auch Hildes Chef war. Ohne Geld, ohne Perspektive, dafür mit einer ganzen Menge Wut im Bauch, beschließen die beiden Töchter, es den Männern heimzuzahlen, indem sie die in prekäre Situationen bringen und anschließend erpressen. Was zunächst gut und dann völlig in die Hose geht, als zwei der Opfer ihnen den russischen Schläger Baboo (Tom Wlaschiha) auf den Hals hetzen.

So viel zur thematischen Ausgangssituation, die zwar keine Ausgeburt von Kreativität darstellt, aber zumindest die Weichen für eine passable Komödie legt. Dass Ohne Gnade das nicht geworden ist, liegt daran, dass Birgit Stein – die hier als Regisseurin und Drehbuchautorin ihr Langfilmdebüt gibt – über die Vorgeschichte hinaus einfach nichts Witziges eingefallen ist. Einige Running Gags gehen in Ordnung, darunter eine Frau, die ständig ihren Arbeitgeber wechselt, nur um dort festzustellen, dass der neue ein ebenso großes Schwein wie der letzte ist. Ansonsten wird versucht, durch Sexszenen, in denen sich die Männer völlig zum Affen machen, für Komik zu sorgen.Ohen Gnade Szene 2

Doch die will sich nicht wirklich einstellen und man ertappt sich bald beim Gedanken, ob man die beteiligten Schauspieler nicht mit diesem Film erpressen könnte. Bis man dann doch wieder Mitleid mit ihnen hat, denn es sind nicht einmal deren Leistungen, denen man die Schuld an der Misere geben kann. Wer schon immer der Meinung war, dass Deutsche einfach keinen Humor haben, wird sich hier mehr als bestätigt fühlen. Alle anderen können Ohne Gnade ruhigen Gewissens ignorieren und stattdessen ein zweites Mal in Fack Ju Göhte gehen. Der ist zwar genauso anspruchslos, man bekommt aber immerhin gute Unterhaltung geboten. Und das ist mehr, als man hier behaupten kann.



(Anzeige)

Viele bekannte Gesichter, aber kaum witzige Einfälle: Ohne Gnade ist ein Beispiel dafür, dass sich deutsche Filmemacher abseits von Tragikomödien äußerst schwer mit der Komik tun. Das liegt jedoch weniger an den namhaften Schauspielern als an der Geschichte, die fast ausschließlich auf peinliche Situationen setzt, um die Zuschauer zum Lachen zu bringen.
3
von 10