Mademoiselle Populaire

Mademoiselle Populaire

(„Populaire“ directed by Regis Roinsard, 2012)

Mademoiselle PopulaireJeder Mensch hat irgendwo seine Stärken, ein Talent, das ihn von anderen unterscheidet. Manche mögen geborene Leistungssportler sein. Andere können vielleicht aus den alltäglichsten Zutaten die erlesensten Speisen zaubern. Und wieder andere sind in der Lage, witzige, charmante und clevere Artikel zu schreiben – oder meinen es zumindest. Auch Rose (Déborah François) hat eine solche besondere Fähigkeit: Sie kann tippen. Schön, das können viele, aber nicht so wie sie. Dabei ist es weniger ihre Technik an sich, die sie auszeichnet. Mit zehn Fingern tippen? Nein, hat sie nie gelernt. Sie vertraut mehr dem guten alten Zweifinger-Adlersuchsystem. Nur dass ihr Adler die Durchschlagskraft eines Jumbojets hat.

Das ist es auch, was ihrem neuen Chef Louis Richard (Romain Duris) sofort ins Auge gefallen. Oder zumindest direkt, nachdem er ihre Attraktivität bemerkt hat. Nur kann auch Letztere ihre lausigen Eigenschaften als Sekretärin nicht ausgleichen. Aber der ehrgeizige Louis hat einen anderen Plan für seine schöne Angestellte: Rose soll für ihn die Meisterschaften als schnellste Tippse gewinnen. Und so stellt er ihr nicht nur eine neue Schreibmaschine zur Verfügung, er bringt ihr auch mit Hilfe der Klavierspielerin Marie (Bérénice Bejo) das Tippen mit zehn Fingern bei und bietet ihr sogar ein Schlafquartier an. Schon bald stellen sich tatsächlich erste Erfolge ein, der Plan scheint aufzugehen. Nur einen Punkt hatte der smarte Chef nicht bedacht: Verborgen hinter Wettkämpfen, Disziplin und Eifer entwickeln sich Gefühle, die über eine bloße Mentor-Schüler-Beziehung hinausgehen.

Mademoiselle Populaire Szene 1

Schon wieder eine Liebeskomödie, muss das sein? Kaum ein Genre ist wohl derart stark überlaufen wie die humoristische Aufarbeitung einer sich anbahnenden Beziehung. Und um eines vorwegzunehmen: Natürlich ist auch bei Mademoiselle Populaire der weitere Verlauf der Geschichte vorbestimmt. Überraschungen? Nein, die gibt es nicht. Dass der französische Film dennoch zu den besseren Vertretern gehört und streckenweise sogar richtig sehenswert ist, liegt dann auch weniger an der Romanze als vielmehr an dem Drumherum. Drehbuchautor und Regisseur Regis Roinsard verlegte die im Grunde bekannte Handlung einfach ins Frankreich der späten 50er.

Das mag sicher auch aus der Notwendigkeit heraus geschehen sein – wer schreibt heute schließlich noch auf Schreibmaschinen? – sorgt aber en passant für einen richtig schönen Retro-Charme. Ob bei Kostümen, Inneneinrichtung, Autos oder den fiktiven Radiowerbungen, hier wurde deutlich darauf geachtet, ein authentisches 50er-Jahre-Gefühl zu kreieren. Selbst die schwungvolle Jazzmusik lässt gekonnt Erinnerungen an Liebeskomödien mit Doris Day und Rock Hudson wach werden – so gekonnt, dass man, wenn man es nicht besser wüsste, schnell der Meinung sein könnte, tatsächlich einen Film aus der Zeit vor sich zu haben. Dass der Filmhochschulabsolvent Roinsard hier seine Hausaufgaben gemacht hat, steht da völlig außer Frage.

Mademoiselle Populaire Szene 2

Fraglos überzeugend sind auch seine beiden Hauptdarsteller: Romain Duris (L’Auberge espagnole) und Déborah François füllen die ansonsten nicht sonderlich tiefsinnigen Figuren mit Leben, sodass man der anfangs naiven Rose auch wirklich die Daumen drückt, wenn sie mit anderen um die Wette tippt und dabei unfreiwillig zum Star aufsteigt. Eine Schreibmaschinenkraft als Popidol – warum nicht? Zumal Mademoiselle Populaire die Geschichte immer mit dem nötigen Augenzwinkern angeht, selbst dann, wenn er bei Roses späteren internationalen Auftritten tief in die Länderklischeekiste greift. Und so weiß die Geschichte um den für uns exotischen, mittlerweile völlig vergessenen Sport Wetttippen dann trotz aller Vorhersehbarkeit gut zu unterhalten.

Mademoiselle Populaire ist seit 15. August auf DVD und Blu-ray erhältlich



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Regis Roinsard macht in Mademoiselle Populaire vor, wie man eine im Grunde altbekannte Liebesgeschichte sehenswert umsetzt: Er packt sie in den Kontext eines für uns exotischen Sportes – Wetttippen auf einer Schreibmaschine – und ergänzt die Handlung mit detailverliebtem 50er-Jahre-Retro-Charme. Da auch die Hauptdarsteller überzeugen, gehört die französische Komödie sicher zu den besseren Vertretern der letzten Zeit.
7
von 10