Crazy Heart

Crazy Heart

(„Crazy Heart“ directed by Scott Cooper, 2009)

Auch wenn ich nie sonderlich viel Wert auf Academy Awards lege, hatte ich mich sehr gefreut als es Anfang dieses Jahres für den meist brillanten Jeff Bridges auch endlich für einen Oscar reichte. Im Regiedebüt von Scott Cooper beweist er ein für allemal sein schauspielerisches Talent in dem er einen abgewrackten Country-Sänger zum Besten gibt. Das Drehbuch basiert dabei auf den gleichnamigen Roman von Thomas Cobb welcher sich wiederum frei der Biographie des verstorbenen Songwriters Hank Thompson bediente.

Bad Blake (Jeff Bridges), der den Zenit seiner bisher erfolgreichen Musikkarriere schon längst überschritten hat, beschränkt sich nunmehr in irgendwelchen versifften Bars irgendwo in südamerikanischen Kleinorten für ein paar Dollar aufzutreten. Die wirklich großen Shows schmeißt mittlerweile sein ehemaliger Schüler und verhasste Konkurrent Tommy Sweet (Colin Farrell). Der Fokus wird nun aber weniger auf die Musikbranche und ihre Tücken gelegt, sondern primär behandelt Crazy Heart die Figur Bad Blake.
Bridges’ oft zitierte Paraderolle als The Dude kommt ihm auch hier zugute, spielt er in gewisser Hinsicht doch wieder den heruntergekommenen Loser, der es im Leben zu nichts gebracht hat. Nicht zuletzt seine vier Ex-Frauen und ein mittlerweile fast dreißigjähriger Sohn den er nicht mehr gesehen hat seit dieser Vier war, sprechen hierzu Bände. Dass der Mann seine Probleme und die Geister der Vergangenheit in Alkohol ertränkt verwundert deshalb nicht sonderlich. Erst als er auf die deutlich jüngere Reporterin Jean (Maggie Gyllenhaal) trifft und in ihr scheinbar die große Liebe findet, scheint er sich darauf zu besinnen was er in seinem Leben als Star eigentlich alles verpasst hat.

Ganz im Gegensatz zu Control oder Walk The Line ist Coopers Film keine Biographie sondern er nutzt Thompsons Leben „nur“ als Inspirationsquelle um seine eigene durchaus auch ergreifende Story zu erzählen. Er demontiert das Leben seines Hauptdarstellers ohne dabei die vorhergehenden glory days je gezeigt zu haben. Der Zuschauer erfährt lediglich aus Erinnerungsfetzen von Blakes Karriere als Songwriter. Wenn der Country-Sänger über sein Dasein sinniert wirkt das zuweilen weniger philosophisch sondern vielmehr wie das oft leere Gerade eines gänzlich abgestürzten Alkoholikers.
Nun, das mag nicht gerade meine Lieblingsmusik sein die den Streifen da durch die insgesamt 112 Minuten trägt, aber der Soundtrack von T Bone Burnett und Stephen Bruton gefällt außerordentlich gut, was auch wiederum die Academy dachte und Crazy Heart für den besten Song einen zweiten Oscar zusprach.

Neben den wunderschönen aber leider zu wenig vorkommenden Außenaufnahmen, die einem nochmals die amerikanischen Weiten in voller Pracht vor Augen halten, trumpft der Streifen in erster Linie mit einem grandiosen Bridges auf. Seine Körpersprache erlaubt es den Schauspieler meistens mit nur wenigen Worten auszukommen. Auch die etwas komplizierte Liebesbeziehung zwischen Bad Blake und Jean kommt meistens ohne viel Dialog aus. Die Szenen werden fast immer durch Bridges starke Präsenz dominiert, was die restlichen Akteure samt Herr Farrell – fairerweise sei aber erwähnt, dass er hier wirklich kaum zu sehen ist – komplett in den Schatten stellt.

Dass sich der Film bei mir letztendlich doch nur im oberen Mittelfeld positioniert, liegt zum einen daran, dass mir die abgebildete Kultur gänzlich fremd und deshalb unzugänglich ist, zum anderen aber sicherlich auch daran weil die erzählte Geschichte keineswegs so originell ist, wie das zu Beginn vielleicht klingen mag. Ungewohnt und somit Neu ist im Prinzip eigentlich nur das Country-Setting selbst.

Crazy Heart wurde ursprünglich nur als DVD-Release geplant doch nach dem beachtlichen Kinoerfolg und den unzähligen Filmpreisen ist der Film schon längst von Geheimtipp zu Topfilm avanciert. Man sollte ihn also auf keinen Fall auslassen, und sei es nur wegen Bridges Performance.



(Anzeige)