Fear and Loathing in Las Vegas

Fear and Loathing in Las Vegas

(„Fear and Loathing in Las Vegas“ directed by Terry Gilliam, 1998)

Um die Wartezeit auf den deutschen Kinostart von Terry Gilliams The Imaginarium of Doctor Parnassus zu verkürzen dachte ich mir es sei eine gute Idee nochmals diesen psychedelischen Trip mit Johnny Depp und Benicio del Toro unter die Lupe zu nehmen. Genau wie damals konnte mich Fear and Loathing in Las Vegas auch diesmal überzeugen was aber mehr an der schauspielerischen Leistung der Protagonisten liegt als am Plot selbst. Zwar werden die Drogenexzesse, die Gilliam aus der gleichnamigen Buchvorlage von Hunter S. Thompson entnommen hat, durchaus sehenswert in Szene gesetzt aber ohne Depp würde vieles wohl nur bedingt funktionieren.

Nachdem wir spärliche Infos über Zeit (70er Jahre) und Ort (Nevada) erhalten haben, begegnen wir also zwei Chaoten die mitten in der Wüste mit einem roten Cadillac nach Las Vegas unterwegs sind. Nicht nur ihr auffälliges Auto ist vollgepackt mit sämtlichen, der Menschheit bekannten Drogen, sondern auch ihr Geisteszustand scheint sehr benebelt zu sein. Dies findet auch ein junger Tramper (Tobey Maguire) den die beiden unterwegs aufgelesen haben. Der Journalist Raoul Duke (Johnny Depp), sein Anwalt Dr. Gonzo (Benicio del Toro) und ihre von Drogen beeinflussten Wahnvorstellungen veranlassen den Jugendlichen aber bald zur Flucht. Die erste Szene gibt hier bereits den Ton an doch wie Duke im Film auch an dieser Stelle erwähnt: das Meskalin hatte noch nicht angefangen zu wirken.

Ihr Ziel ist im Endeffekt eine Wüstenrallye von der Duke für ein Magazin berichten soll, doch durch die Monologe aus dem Off erfährt man dass dieser sich auf einer ganz persönlichen Odyssee befindet, nämlich auf der Suche nach dem amerikanischen Traum.

„Wir sind jetzt alle auf einem Überlebens Trip. Von dem Tempo der 60er ist nichts mehr übrig, dass war das Manko an Timothy Learys Trip. Er zog durch Amerika und verkaufte Bewusstseinserweiterung, ohne auch nur einen Gedanken an die grimmigen Fleischerhaken Realitäten zu verschwenden die auf all die Menschen lauerten, die ihn ernst nahmen. All jene bemitleidenswerten Acid Freaks die dachten sie könnten für 3 dollar den Kick, Frieden und Verständnis kaufen. Aber ihre Niederlage und ihr Schaden sind auch die unseren. Was mit Leary zusammen den Bach runter ging war die zentrale Illusion eines ganzen Lebensstils den er mit kreierte, eine Generation von unheilbaren Krüppeln, gescheiterten Suchern die niemals den essenziellen, mystischen Trugschluss der Acid Kultur verstanden hatten, die verzweifelte Annahme das jemand oder zumindest irgendeine kraft sich um das licht am ende des Tunnels kümmert.“

Zu wenig geht mir Gilliam dabei aber auf den eigentlichen Gonzo-Journalismus ein, er stellt vielmehr den Drogenkonsum in den Mittelpunkt. Dass der Zuschauer quasi die Sicht der Rauschgiftkonsumenten übernimmt ist zwar ein tolles Element, oft wirkt das Geschehen aber zu komplex und mit Metaphern überladen.

Da ich die Vorlage nicht kenne, kann ich nicht beurteilen ob Gilliam das Drehbuch umgeschrieben oder ob tatsächlich der Begründer des Gonzo-Journalismus selbst so viele Details eingebaut hat. Andererseits hätte Gilliam selbst keinen Film im Gonzo-Stil drehen können wenn er näher auf die eigentlichen Themen eingegangen wäre. Die Verweise auf den Vietnamkrieg und auf die Hippie-Bewegung, der Duke und Gonzo in gewisser Hinsicht selbst angehören, sind kaum übersehbar. Unklar bleibt da schon eher was Johnny Depp auf seiner Suche nach den American Dream überhaupt erwartet. Was er hingegen vorfindet zeichnet der Regisseur wiederum sehr gekonnt in beinahe fast jeder Szene nach.

In ungefähr 2 Stunden Laufzeit ist man aber am Ende gleich schlau wie zu Beginn. Der subjektive und unkonventionelle Erzählstil vernichten sämtliche Fixpunkte, es scheint irgendwie keinen roten Faden zu geben als ob gerade dies Dukes Protestform darstellen soll. Wer sich näher mit dem Thema befasst erkennt darin mit Sicherheit die Kritik aber Gilliam läuft Gefahr dass sein Film nicht verstanden oder von vielen sogar missverstanden, nämlich als Ode an die Drogen selbst, verstanden wird.

So oder so, Terry Gilliam beweist hiermit erneut zu einem kleinen Kreis von Künstlern zu gehören, die trotz Hollywood (auch dieser Flick wurde in den Universal-Studios gedreht) dennoch intelligente und in gewisser Hinsicht rebellische Unterhaltung fabrizieren zu können. Neben Brazil und 12 Monkeys stellt auch Fear and Loathing in Las Vegas ein von der Norm abweichendes Werk dar das mehr als sehenswert ist. Einzig The Brothers Grimm fand ich damals fad, müsste ich aber bei Gelegenheit vielleicht nochmals sichten und außerdem habe ich noch Tideland vor mir.



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